~10~

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Eine Weile saßen wir still am Tisch und niemand von uns beiden sagte etwas. Es war eine unangenehme Stille und am liebsten wäre ich aus dieser Situation entflohen, doch dies hätte alles nur noch schlimmer gemacht. Schließlich fasste ich meinen Mut zusammen und machte den Anfang.

„Es war nicht so gemeint Lena. Ich wollte dich nicht angreifen. Ich hab mich halt etwas verbrannt und hab meine Wut wohl an dir ausgelassen, aber es sollte nicht so rüberkommen. Es tut mir leid." Nun hoffte ich auf irgendeine positive Reaktion ihrerseits. Lena öffnete leicht ihren Mund, als würde sie gleich etwas sagen wollen. Genau in diesem Moment schlug mein Herz vor Aufregung schneller. Es war kaum auszuhalten.

„Ich... ich dachte ich hab was falsch gemacht. Vielleicht waren meine Worte vorhin falsch, dass ich mich so sehr auf meine Mutter freue, aber Max taucht mir hier zu oft auf. Und du... du, ich... du kannst nichts dafür." Nachdem das letzte Wort ausgesprochen war, liefen ihr leise und langsam ein paar Tränen über die Wange. Sie so zu sehen zerriss mir innerlich mein Herz. Ohne auch nur zu zögern stand ich auf, lief halb um den Tisch zu Lena und nahm sie in den Arm.

Sie erwiderte meine Umarmung, doch lange hielt sie nicht. Lena stand auf. Ein großes Fragezeichnen in meinem Kopf. „Setz dich," sagte sie leise mit zittriger Stimme. Ohne zu fragen setzte ich mich, kurz darauf setzte sie sich auf meinen Schoß und klammerte sich an mich. „Ich kann nicht mehr," brachte sie mit zittriger Stimme raus. Genau diese Worte zerrissen mich innerlich. Mir wurde schlagartig bewusst, dass es das Beste ist, wenn sie erstmal zu ihrer Mutter geht, weit weg von Max.

„Ich bin für dich da Lena. Egal was ist, ich bin immer da wenn du mich brauchst. Es ist gut, wenn du zu deiner Mutter gehst, weit weg von Max. Komm dann erstmal wieder auf andere Gedanken. Du kannst mich auch immer anrufen, egal wie spät es auch sein mag." Mit einem Finger malte ich immer wieder kleine Kreise auf ihren Oberarm und ihrem Rücken um sie irgendwie beruhigen zu können.

Doch in mir war nun auch alles durcheinander. Es war so verwirrend, ich wollte sie hier haben, für sie da sein, doch es war doch das richtige sie zu ihrer Mutter zu schicken. Hier würde sie nie auf andere Gedanken kommen, wenn Max ständig auftaucht. Und da hatte ich es plötzlich. Max. Wegen ihm breitete sich in mir dieses mulmige Gefühl aus. Sicher würde er heute wieder kommen und nach Lena fragen. Da hoffte ich, dass wenn er schon kommen muss, dass er auftaucht, wenn Lena schon weg ist.

„Danke Forsti. Oh man ich heule dich schon wieder voll. Muss auf Dauer bestimmt erbärmlich für dich sein." Lena hob ihren Kopf, der vorher auf meiner Schulter lag, an und lächelte mich leicht an. Es war ein ehrliches Lächeln, kein erzwungenes, was mich umso mehr freute. „Dass Max ständig hier auftaucht ist erbärmlich, aber doch nicht dass du weinst. Denk bitte nicht sowas. Jetzt komm, wie frühstücken etwas, dann machst du dich fertig und am Mittag wirst du doch auch schon abgeholt."

Doch auch mit mir stimmte etwas nicht. Ich wusste nicht was es war und schon gar nicht wodurch es kam. War es wirklich nur dieses mulmige Gefühl in mir oder war es was anderes? Ich konnte es nicht identifizieren.

Was soll's dachte ich mir, nahm Lena noch einmal fest in den Arm bevor sie mich wieder aufstehen ließ, sodass ich mich auf meinen Platz setzen konnte.
„Leni, nur damit du's weißt, ähm... du bist hier immer herzlich willkommen. Also falls du von deiner Mutter wieder kommst und du nichts anderes findet darfst du auch gerne hier bleiben." Warum fiel mir das so schwer über die Lippen zu bringen?

„Danke Forsti. Kann ich Dir was sagen?" Sie hörte sich so ernst an, es mich beim zweiten mal drüber nachdenken etwas beunruhigte. „Aber sicher doch Lena." „Du, ich hab Angst wenn Max wieder kommt." Aber sie wäre doch dann nicht hier, wenn er auftauchen sollte. Fragend schaute ich sie an. „Nicht um mich sondern um dich. Ich weiß nicht wozu er alles in der Lage sein kann. Ich kann doch meinen besten Freund nicht verlieren." Verstehe, doch irgendwie fand ich's auch süß. Süß, dass sie Angst um mich hat.

„Ich pass auf mich auf, versprochen. Er wird mir schon nichts tun." Bei diesen Worten war ich mir selbst nicht mehr so sicher. Ich hab's nicht mal geschafft ihm die Tür zu versperren. Während Lena sich ihr Brötchen machte, starrte ich nur auf meinen Teller und war mit meinen Gedanken nicht wirklich hier. Man könnte meinen ich wäre nur körperlich anwesend.

Da war einmal Max in meinem Kopf und plötzlich wieder Lena. Wie könnte ich Lena nur vor Max beschützen? Ihm einfach nicht mehr die Tür öffnen? Würde er dann nicht die ganze Zeit vor der Tür bleiben um auf uns zu warten? Dann könnten wir nie die Wohnung verlassen. Das war nun aber wirklich etwas zu weit gedacht. Dies würde er sicher nicht machen. Warum akzeptiert er die Trennung nicht einfach? Es war schwer, aber er war doch selbst Schuld und würde Lena doch sicher selbst nicht verzeihen, wenn sie ihm Fremdgehen würde.

„Erde an Mark? Ich hab dich was gefragt..." Lena holte mich plötzlich aus meinen Gedanken und griff nach meiner Hand. Gleichzeitig spürte ich ein angenehmes Gefühl im Herzen. „Sorry, war gerade nicht anwesend," gab ich leise von mir. „Das hab ich gemerkt und gesehen. Magst du mich nicht etwas an deinen Gedanken teilhaben lassen? Ich weiß, über deine Gefühle zu reden ist nicht so deins, aber magst du's nicht mal versuchen?" Sie kannte mich gut, doch nun war sie nicht mehr so traurig wie eben, da wäre es nicht sinnvoll mit ihr über Max zu reden, weshalb ich schnell den Kopf schüttelte.

„Dich bedrückt doch was. Nur weil ich mich eben von Max getrennt habe heißt das nicht, dass ich nicht für dich..." „Alles gut Lena. Mach dir da bitte keine Sorgen, ich weiß es doch selbst nicht." Womöglich waren das nicht die richtigen Worte, doch vielleicht würde sie nun nicht mehr nachfragen. „Du kannst auch immer zu mir kommen. Es heißt in einer Freundschaft nicht umsonst geben und nehmen." Sie zwinkerte mir zu, ließ meine Hand los und aß genüsslich ihr Brötchen.

More than friendship? (Lenark)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt