Prolog

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Es war eine warme Sommernacht. In der ganzen Hauptstadt war es still. Nur im Kaiserpalast nicht. Aus einem der vielen Gemächern ertönten Schreie. Schreie des Schmerzes und der Erschöpfung. Verzweifelt hielt der Kaiser die Hand seiner Frau. Er konnte nur schweren Herzens ertragen, wie sehr seine Kaiserin litt. In den Fluren lief ein Junge umher, der nicht wusste, was geschehen würde. Viele versuchten, das Leben der Kaiserin zu retten, doch alle Mühen waren vergebens. Jedes Leben hat einen Preis. Kaiserin Madonna starb in einem Bett voller Blut und mit schrecklichen Qualen. In ihrer letzten Sekunde und mit ihrem letzten Atemzug gab sie ihrer neugeborenen Tochter den Namen Octavia Madonna (die Achte Frau). Die Kaiserin wusste das sie sterben würde, denn so wurde es ihr prophezeit.

"Eines Tages wird ein Mädchen geboren werden. Am Rücken wird sie das Zeichen der Acht haben. Ihre Mutter wird mit ihrem Leben dafür bezahlen, damit die Götter ihr jedes Mal, wenn sie stirbt, die Tore versperren. Aus der Asche soll sie auferstehen und bis ans Ende auf der Erde wandeln, bis das Gute gegen das Böse kämpft. Wenn das Böse gewinnt, wird die Welt untergehen. Erst nach dem dieser Kampf entschieden wurde, wird sie sterben dürfen. Sie wird die Kräfte aller Götter und Göttinnen der 8 Götterwelten haben. Man wird sie Göttertochter nennen. Ihre Nachkommenschaft wird bis ans Ende der Welt bestehen."

Nun war der Kaiser allein. Er hatte nur einen sechs Jahre alten Sohn (Julius) und eine Tochter (Octavia).

Die beiden wuchsen so normal auf, wie es möglich war. Naja. Julius war Thronerbe und Octavia seine Nachfolgerin. Beide hatten nur die besten Lehrer. Obwohl Octavia ein Mädchen ist, wurde auch sie wegen der Prophezeiung im Schwertkampf unterrichtet. Mit Leichtigkeit konnte sie mit drei Jahren auch schon die erfahrensten Schwertkämpfer entwaffnen, doch ihr Rücken war makellos. Sie hatten eine schöne Kindheit. Julius war immer Octavias Beschützer und ihr Vater liebte die beiden von ganzem Herzen.

Bis sich alles eines Tages (wortwörtlich) mit einem Schlag änderte...

Es war Mittag. Octavia und Julius hatten gerade fertig gegessen. Im kleinen Altan spielten sie mit dem zehn Jahre älteren Lucius. Er war für die beiden wie ein älterer Bruder. Eigentlich aber war er ein Mitglied der Prätorianergarde. Er war groß und muskulös. Er trainierte oft mit Julius und Octavia. Ihr Vater hatte oftmals keine Zeit, um sich mit seinen Kindern zu beschäftigen. Immer dann war Lucius da. Octavia würde ihn sogar als ihren besten und einzigen Freund beschreiben. Der Kaiser wurde nach dem Tod seiner Frau paranoid und schottete seine Kinder immer wieder von der Außenwelt ab. Deshalb hatten sie nur wenig Freunde und wenige Menschen wussten, wie sie aussahen. Durch Octavias rabenschwarzen, gewellten Haare konnte man eine Verwandtschaft mit der Kaiserin zwar nicht vollkommen ausschließen, doch ohne die prächtigen Kleider sahen sie genau so aus, wie Gossenkinder. Rom war zu ihren Zeiten wohlhabend. Das Volk litt nur selten Not und man sagte, dass wenn aus der Schatzkammer ein Goldstück herausgenommen wird, kommen auf magische Weise zwei dazu. Vom Altan aus konnte man sogar bis über die Stadtmauern Roms blicken. Er war einer der höchsten Punkte im gesamten Palast. Kein Wunder, dass Lucius sie als erster entdeckte. Er nahm die Prinzessin und der Kronprinz an den Armen und rannte zu ihrem Vater. Sie waren verwirrt und hatten Angst. Ihr Vater saß in seinem Arbeitszimmer. Er sah geschockt aus, als er die drei hineinstürmen sah. Atemlos und schnaubend stammelte Lucius:

"Eure Gnaden, die Hunnen stehen vor der Stadtmauer. Es sind tausende von ihnen. Sie werden uns alle niedermetzeln. Ihr müsst euch und eure Kinder in Sicherheit bringen. Sofort! Sie werden jeden Moment eintreffen."

Der Kaiser nahm sein Schwert, küsste seine Kinder auf die Stirn und gab Lucius den Befehl, mit den Kindern zu flüchten. Lucius zögerte kurz, nahm Octavia dann aber hoch und flüchtete mit Julius an der Hand in die Katakomben. Diese führen durch den Palast, unter der Stadt hindurch zu einer geheimen Bucht. In dieser Bucht war ein kleiner Steg mit einem Fischerboot. Von manchen Stellen aus konnte man in einige Räume des Palasts blicken. So auch in das Arbeitszimmer, wo der Kaiser mit dem Schwert in der Hand am Boden in einer Blutlache lag. Ein Hunne hatte seinen Kopf in der Hand und lachte. Das Blut tropfte von dem Schwert, welches er in der anderen Hand hielt. Am liebsten hätte Octavia bei diesem Anblick geschrien und geweint, doch Lucius hielt ihr die Hand vor den Mund. Wenn man sie finden würde, würde man sie foltern und töten, also rannten sie schleunigst fort zur Bucht. Für Notfälle befanden sich in dem winzigen Fischerboot einfache Kleidung und Waffen. Octavia weinte bitterlich, denn sie hatte, nicht wie ihr Bruder, noch nie zuvor einen Elternteil verloren. Liebevoll versuchte er seine kleine Schwester zu trösten, so wie man es auch bei ihm machte, als seine Mutter starb. Lucius setzte die Geschwister in das Boot, band es los, griff nach den Rudern und begann zu rudern. Er ruderte vier Tage und vier Nächte lang, ohne auch nur eine Pause zu machen. Sein Ziel war die Felseninsel Capri. Mit den steilen Küsten und schroffen Felswänden konnte man sie nur schwer einnehmen. Der einzige Weg auf die Insel führte durch eine geheime Grotte. Es gab also nur diese eine Möglichkeit, um auf die Insel zu gelangen. Gut, dass fast niemand diese Bucht kennt. Es lebten nur wenige Menschen auf Capri. Die meisten von ihnen sind Fischer und deshalb gibt es außer Obst nur Fisch zu essen, aber davon hatten sie reichlich. Inzwischen hatten die wenigen Bewohner das Boot in der Grotte bemerkt. Neugierig musterten sie den jungen Mann und die kleinen Kinder, die er dabeihatte. Lucius war so intelligent, dass er das Prätorianerwappen und das, der Cäsaren von allem entfernte. Die Einheimischen hatten die drei gut empfangen und freuten sich über den Bevölkerungszuwachs. Obwohl die Insel so von der Welt abgeschottet war, sprach sich die Nachricht vom Tod des Kaisers herum, wie ein Lauffeuer. Mittlerweile hatte sich Akilla, der König der Hunnen, zum Kaiser des Imperium Romanum erklären lassen. Da man nichts vom Verbleib des Kronprinzen und der Kronprinzessin gehört hatte, nahm man an, dass beide umgekommen sind. Nur wenige waren vom Gegenteil überzeugt. Lucius, Octavia und Julius verbrachten von nun an einige Jahre auf Capri. Lucius übte mit ihnen das Kämpfen und half den Fischern, während alte, wiese Männer die Kinder unterrichten. Jede Mahlzeit bestand aus Fisch und Obst. Anfangs dachten sie noch oft an Rückkehr und an ihren Vater, doch diese Gedanken verflogen schnell wie im Wind. Bis zu jenem Tag, an dem ein Gerücht ihr ganzes Leben für immer beeinflussen würde.

OctaviaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt