29. Muttergefühle

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Gemeinsam mit seiner Gefährtin und seiner Tochter legte Eragon die letzten Meter bis zur Eingangstür des Herrenhauses zurück. Er begrüßte seine Schwägerin herzlich und setzte dann die zappelde Marlena ab die sofort die Treppe hinauf stürmte um Brom und Garrow wissen zu lassen, dass sie mit zum Schwimmen gehen durften. Im ersten Stock hörte man freudiges Jubelgeschrei ausbrechen, gefolgt vom eiligen trappeln kleiner Füße sowie dem dreifachen Knallen von Türen.
- "Ein Glück, dass dein Cousin für seine Familie ein stabiles Nest gebaut hat." - kicherte Saphira in die Gedanken ihres Reiters während sie sich mit ihrem grünen Nistpartner ein bequemes Plätzchen auf einer Weide in der Nähe der gräflichen Behausung suchte.
Stumm stimmte Eragon seiner treuen Begleiterin zu und beobachtete wohlwollend wie Arya und Katrina sich nun begrüßten. Die beiden tauschten jeweils zwei Küsse auf die Wangen aus und begannen sofort sich über ihren Nachwuchs zu unterhalten.
Eragon hatte bereits festgestellt, dass seine Gefährtin ein Verhältnis zu Rorans Frau pflegte wie sonst nur zu wenigen anderen. In Gegenwart der Gräfin wirkte sie gelöster und gestattete sich weit öfter als bei anderen Unterhaltungen ein Lächeln. Ein Umstand der Eragon sehr gefiel.
Normalerweise nahm Arya in einer Unterhaltung stets eine Position ein die mit einer gewissen Distanz und Autorität verbunden war. Eine Tatsache die nichts mit Arroganz zu tun hatte. Die Elfe war schließlich von Adel, Drachenreiterin und, gerade wenn es um den Umgang mit Menschen ging, meist die ältere in einem Gespräch.
Eragon fragte sich oft was wohl dazu geführt hatte, dass seine Gefährtin die Gräfin des Palancar-Tals offenbar mit etwas anderen Augen sah. Lag es daran, dass nach den elfische Sitten Katrina das weibliche Oberhaupt der Familie war zu der Arya auch gehörte? Wurde dieser Umstand vielleicht noch dadurch betont, dass es Katrina gewesen war die Arya in die Familie aufgenommen hatte? Eragon konnte es nicht genau sagen aber ihm gefiel das herzliche Verhältnis der beiden Frauen.
"Die Russelbande wird wohl etwas Zeit brauchen um ihr Marschgepäck zu schnüren." vermutete Katrina nun auch an ihren Schwager gewandt. "Was haltet ihr von einem Tee bevor ihr aufbrecht?"
Gern stimmten die beiden Drachenreiter zu und folgten der Gräfin ins Wohnzimmer des Anwesens. Dort erwartete sie bereits Roran mit dem fertig gedeckten Kaffeetisch. Die beiden Brüder im Herzen begrüßten sich herzlich, anschließend nahmen alle Platz und Katrina verteilten das dampfende Gebräu auf die Tassen ihrer Gäste.
"Bevor wir ganz zum geselligen Teil übergehen habe ich noch etwas für euch." warf Roran ernst ein als alle Gäste versorgt waren. "Der Reiter Tar hat sich bei uns über den Spiegel gemeldet und sich erkundigt ob ihr bereits eingetroffen seid Bruder. Das war gestern Abend. Als er hörte dass wir euch für heute erwarten hat er uns einen versiegelte Brief für euch geschickt. Hier ist er."
Eragon nahm den versiegelten Umschlag den Roran ihm reichte mit einem dankbaren Nicken entgegen und trat zum Fenster während er den Brief öffnete.
Vom Kaffeetisch her hörte er Katrina fragen:
"Ich gebe zu, dass ich die Urgals nicht so gut kenne aber Tar schien ziemlich aufgeregt zu sein. Ist etwas vorgefallen? Warum hat er nicht direkt euch über den Spiegel kontaktiert?"
"Deine zweite Frage ist ganz leicht zu beantworten Katrina." erwiederte Arya aus dem Hintergrund als Eragon ein gefaltetes Blatt Papier aus dem Umschlag zog. "Er wird sich ausgerechnet haben, dass wenn heute mit unserem Eintreffen gerechnet wurde wir uns gestern in den Grenzgebieten Du Weldenvardens aufgehalten haben. Mein Volk hat unserer Heimat mit vielen magischen Schutzwällen umgeben und gerade in den Grenzgebieten kann das einen magischen Spiegel stören oder zumindest dafür sorgen, dass es beispielsweise einer dritten Person möglich ist das Gespräch zu belauschen. Das kann auch zufällig geschehen wenn sich die falschen magischen Beschwörungen mischen. Ich nehme an, dass er das einfach nicht riskieren wollte und deshalb eine Nachricht direkt an euch geschickt hat."
"Gibt es denn beunruhigenden Neuigkeiten?" bohrte Roran nun nach.
Eragon hörte wie Arya tief durchatmete und die beiden Adligen auf den neusten Stand brachte was die Verstoßenen betraf. Es versetzte ihm einen kleinen Stich, dass Arya sich offenbar eine Mitschuld an der gegenwärtigen Situation gab. Ihr sehr stark ausgeprägtes Verantwortungsbewußtsein zwang sie wohl förmlich dazu.
Während Arya Roran und Katrina aufklärte studierte Eragon nun den Brief. Was er lesen musste führte dazu, dass sich in seinem Magen ein eiskalter Stein bildete. Er las das Schreiben einmal und noch ein zweites Mal durch. Leider besserte sich der Inhalt auch beim dritten Mal nicht und der Anführer der Reiter starrte für eine Weile gedankenverloren aus dem Fenster.
Aus dem Hintergrund hörte er Katrinas Stimme.
"Ich denke, dass du mit dir und deinem Volk hier zu streng ins Gericht gehst Arya. Sicher ist es schrecklich was da passiert ist aber es ist die Tat Weniger. Du bist immer schnell bei der Hand wenn es darum geht für eine Verfehlung deines Volkes die Verantwortung zu übernehmen. Das ehrt dich aber du solltest auch ihre großen Leistungen nicht vergessen."
"Ganz meine Meinung." Eragon setzte sich wieder an den Tisch und nickte seiner Schwägerin dankbar zu. Auch Arya schien die Worte der jungen Gräfin gut getan zu haben. Mit neuer Kraft in der Stimme erkundigte sie sich nach dem Inhalt des Briefes.
Eragon seufzte.
"Tar hat versucht mit Bloedgram zu sprechen und ihm auch gesagt, dass wir, das heißt der Orden der Drachenreiter, eine solche Racheaktion ablehnen. Die beiden sind ziemlich heftig aneinandergeraten und Tar hat sich schließlich zurückgezogen und die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen. Am nächsten Tag hat er dann noch einmal versucht mit Bloedgram zu sprechen aber er hat ihn nicht gefunden. Nachforschungen haben ergeben, dass unser alter Freund die Ostmark in Richtung Alagaesia verlassen hat. Er hat genug Proviant um sicher das altbekannte Gebiet zu erreichen. Versuche ihn mit der Traumsicht zu finden sind fehlgeschlagen. Bloedgram hat sich offenbar wirksam dagegen geschützt."
Düsteres Schweigen war die Folge von Eragons Worten. Schließlich war es Arya die sich wieder vernehmen ließ.
"Er ist entschlossen seiner Rache zu vollziehen." sagte sie mit fester Überzeugung in der Stimme." Ich hatte gehofft, dass er seinen Schwur inzwischen bedauert. Das seine Worte das Ergebnis eines mächtigen Impulses gewesen wäre und er inzwischen bedauert ihn geleistet zu haben. Dem ist offensichtlich nicht so."
Eragon nickte.
"Im Grunde bestätigen sich damit unsere schlimmsten Befürchtungen. Selbst wenn wir ihn von dem magischen Eid befreien wird er trotzdem weiter Rache suchen. Er will diese Rache. Er wird nicht dazu gezwungen."
"Wir müssen ihn aufspüren bevor er Schaden anrichtet."legte Arya fest.
Auf diesem Standpunkt konnte sich Eragon nur anschließen. Allerdings musste er einräumen, dass er nicht recht wusste was nun zu tun war. Konnte "aufhalten" in diesem Fall nur bedeuten einen langjährigen Weggefährten und Mitstreiter zu töten? Der Gedanke war dem Anführer der Reiter unerträglich. Bloedgram hatte sich hundertfach um den Orden verdient gemacht.
"Ist eigentlich sicher, dass Bloedgram ein Kind unter den Verstoßenen hat?" wollte Roran plötzlich wissen.
Eragon schüttelte den Kopf.
"Der Zirkel der Heiler hat uns ein großes Chaos hinterlassen. Die Unterlagen in denen sie über ihr Handeln Buch geführt haben wurden uns zwar übergeben aber sie sind völlig durcheinander. Bevor wir abgereist sind habe ich die Elfen, die versuchen Ordnung in dieses Chaos zu bringen angewiesen und uns sofort zu informieren wenn Bloedgrams Name auftaucht. Bisher haben wir noch nichts gehört."
"Wenn es ein Kind gibt, sollt ihr mit der Mutter sprechen." warf Katrina ein." Dieser Elfe Tialva."
"Das habe ich Eragon auch schon vorgeschlagen aber er steht dem reserviert gegenüber." sagte Arya.
"Weil ich befürchte, dass wir das Problem dadurch nur verdoppeln." verteidigte sich der Anführer der Reiter. "Was wenn sie auf dieselbe Art und Weise reagiert wie ihr ehemaliger Gefährte?"
"Ich bin nicht sicher ob ich euch da einen Rat geben darf." murmelte Katrina und rührte in ihrem Tee. "Vielleicht verstehe ich dein Volk nicht gut genug Arya aber wenn Tialva so ist wie eine menschliche Mutter, dann glaube ich nicht das Rache für sie das wichtigste sein wird."
"Wie kommst du auf diesen Gedanken?" fragte Arya interessiert.
"Wegen dem Kind. Sie ist die Mutter."
"Und Bloedgram ist der Vater." hielt Eragon dagegen aber seine Schwägerin schüttelte nur den Kopf.
"Du bist ein guter Vater Eragon und ich glaube dir, dass Du deine Tochter sehr liebst aber kein Mann kann eine solche Beziehung zu seinem Nachwuchs haben wie wir Frauen. Wir tragen die Kinder fast neun Monate unter dem Herzen. Wir spüren wie sie anfangen sich zu bewegen und wirklich zu leben. Dadurch entsteht eine einzigartige Bindung. Eine Bindung die Bloedgram trotz seiner Vaterschaft nicht hat. Er sieht nur was ihm genommen wurde und will dafür Rache. Für Tialva wird es weniger darum gehen was ihr angetan wurde sondern mehr um ihr Kind. Sie wird nichts tun um ihm zu schaden. Was hat denn das Kleine von der Rache die sein Vater da nehmen will? Nichts! Im Gegenteil. Wenn er zum Mörder wird und man ihn dafür bestraft kann er sich nicht um sein Kind kümmern."
"In der Tat." murmelte Eragon." Ein Standpunkt den man ihm nahe bringen sollte."
"Und genau dafür braucht ihr Tialvas Unterstützung." beharrte Katrina.
"Ich glaube Du hast recht Katrina Sivit-cona" Arya verwendete ganz bewusst diese respektvolle Anrede."Uns kann er vorwerfen, dass wir gar nicht wissen was er gerade fühlt und ihn daher einfach nicht verstehen aber die Mutter seines Kindes hatte dasselbe wenn nicht sogar noch mehr verloren. Sie ist möglicherweise die einzige auf die er hören wird."

Eragon FF - Band 7- Ende, Epilog Band 7 und doe OS- Sammlung von TraeumerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt