Als Eragon seinen Bericht über die Situation mit Bloedgram beendet hatte massierte Elfenkönig Maranus sich müde und niedergeschlagen mit zwei Fingern den Nasenrücken. Einen Augenblick lang kehrte Stille ein bevor der Monarch zu sprechen begann:
"Diese Angelegenheit hat den Frieden im Volk erheblich gestört. In vielen Familien herrscht Aufruhr."
"Ich bedaure das zu hören Hoheit." erwiderte Eragon. Der Anführer der Reiter kam nicht umhin sich für diese Probleme verantwortlich zu fühlen. Schließlich hatten sie ihre Ermittlungen diese unbequeme Wahrheit ans Licht gebracht.
Offenbar hatten sich die Schuldgefühle von Saphiras Reiter in seinem Tonfall niedergeschlagen den König Maranus blickte sofort auf und sagte:
"Einer Entschuldigung von eurer Seite bedarf es nicht Schattentöter und ich wollte auch keine solche einfordern. Dieser Krise haben wir Elfen selbst verschuldet. Sie entstand durch ein völlig fehlgeleitetes Streben nach Perfektion. Wie fehlerhaft dieser Ansicht ist wurde bereits durch die Tatsache belegt, dass ein Halbling zum Reiter erwählt wurde. Die Aufregung im Volk ist nur deshalb so groß weil das Verhalten des Zirkels der Heiler im totalen Widerspruch steht zu der Wertschätzung die wir normalerweise Kindern entgegenbringen. Deshalb hinterfragen auch Elfen die gar nicht direkt betroffen sind in wie weit unsere Moralvorstellungen wirkliche Substanz haben und wo sie so ausgehöhlt sind, dass sie nur noch sind wie die Fassade eines Gebäudes das bereits eingestürzt ist. Letztlich sehe ich in diesem Selbstzweifeln aber auch eine Gelegenheit für unser Volk. Manchmal ist es unumgänglich, dass eine Kultur ihrer eigenen Wertvorstellungen kritisch hinterfragt und sich selbst neu erfindet. Für uns Elfen ist es wohl an der Zeit eben dies zu tun. Ich werde mein möglichstes tun um die hier frei werdenden Energien in positiver Bahnen zu lenken."
"Wenn Ihr mir die Bemerkung gestattet König Maranus, so denke ich das nun einmal mehr erwiesen ist, dass ich gut gewählt habe als ich euch zu meinem Nachfolger ernannte." warf Arya respektvoll ein. "Eure Worte zeichnen euch als weisen Herrscher aus. Meine Eltern wären sicher stolz euch als Nachfolger zu haben."
"Ich danke euch für eure Worte Argetlam Arya. Euer Vertrauen bedeutet mir sehr viel."
Mit einem wohlwollenden Lächeln verneigte sich der König kurz vor Arya, dann wandte er sich mit ernster Miene wieder Eragon zu.
"Nun müssen wir uns aber der gegenwärtigen Krise zu wenden. Tialva-Älfa-kona, so sehr ich den Wunsch eures Gefährten nach Rache verstehen kann, darf ich ein solches Verhalten dennoch nicht dulden. Es gibt Gesetze die für die Bestrafung der Schuldigen sorgen werden. Außerdem hätte es eine verheerende Wirkung auf die Moral des Volkes wenn eines seiner angesehensten Mitglieder das Blut eines anderen Elfen vergießen würde. Eine solche Tat liegt in unserem Volk bereits Jahrhunderte zurück!"
"Ich gebe euch völlig recht Hoheit." bestätigte Tialva. "Die beiden Drachenreiter haben mich längst davon überzeugt, dass es nicht im Interesse meine Sohnes wäre wenn sein Vater seine Rache vollzieht. Ich befürchte nur, dass Bloedgram sich bereits in unseren heimischen Wäldern aufhält und möglicherweise an Informationen gekommen ist die ihm erlauben seine Pläne in die Tat umzusetzen. Deshalb hat euch Arget Un Eragon kontaktiert. Soweit ihm bekannt ist wurde ein einzelnes Mitglied unseres Volkes mit der Durchsicht der Dokumente des Zirkels beauftragt. Nur von ihm kann mein ehemaliger Gefährte also Informationen gewonnen haben."
"Deshalb würden wir den betreffenden Elfen gerne befragen." ergänzte Eragon. "Wir brauchen Klarheit wie viel Bloedgram weiß. Nur dann könne seine Möglichkeiten einschätzen und hoffen dass es uns gelingt das Schlimmste zu verhindern."
"Ich verstehe euer Anliegen."nickte der König und winkte den Wächter des Spiegels zu sich heran. Kurz wechselte einige Worte im Flüsterton mit dem Elfen, dann verneigte sich dieser und verschwand aus dem Bild.
"Ich habe den Wächter beauftragt den betreffenden Elfen zu uns zu bringen, damit ihr direkt mit ihm sprechen könnt. Er hält sich zurzeit im Palast auf und ich habe bereits einige Gespräche mit ihm geführt. Im Augenblick ist es seine Aufgabe die Informationen die wir haben zu ordnen und soweit möglich festzustellen welche Familien betroffen sind. Meine Gefährtin und ich haben bereits mit einigen Angehörigen verstoßener Kinder Gespräche geführt um heftige Reaktionen wie die von Bloedgram zu verhindern. Bisher ist uns das auch gelungen. Wir bieten Eltern und sonstigen Angehörigen an sich einer Abordnung anzuschließen die sich in die Menschenstadt Giel'ead begeben wird. Dort soll eine erste vorsichtige Annäherung ermöglicht werden. Es herrscht auf unserer Seite natürlich große Unsicherheit. Lange Zeit haben wir geglaubt, dass es Missbildungen bei unserem Volk überhaupt nicht mehr gibt. Es werden mit Sicherheit noch einige Probleme auftreten aber ich habe Vertrauen in die natürliche Bindung zwischen Eltern und ihren Nachkommen. Ich bin überzeugt dass sich auf diesem solidem Fundament etwas aufbauen lässt."
"Ich darf euch versichern König Maranus, dass der Orden der Drachenreiter euer Bestreben nach Kräften unterstützen wird." versprach Eragon." Gibt es vielleicht etwas dass wir unmittelbar tun können um den Entwicklungen in eurem Volk eine positive Richtung zu geben?"
"Da gebe es vielleicht wirklich etwas." erwiderte der König der Elfen und eine leichte Spur von Unsicherheit schlich sich in seine Stimme. "Ich hoffe nur, dass ihr meine Bitte nicht als vermessen betrachten werdet."
"Ihr seid dem Orden seit langer Zeit ein zuverlässiger Freund und Verbündeter König Maranus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr etwas vermessendes vorbringen würdet."
Durch Eragons Worte gestärkt fuhr der König fort:
"Bei unserem Volk Schattentöter ist für dieses Jahr noch eine Reiterprüfung geplant. Meine Gefährtin war der Meinung, und ich halte das im Grunde für eine gute Idee, dass wir die Prüfung in Giel'ead abhalten sollten wenn die Verstoßenen zum ersten Mal auf ihre Familien treffen. Der Pakt mit den Drachen steht bei unserem Volk noch immer in hohem Ansehen. Eine Prüfung bewusst mit den Verstoßenen und ihren Angehörigen abzuhalten würde ein Zeichen setzen, dass der Orden meine Politik der Aussöhnung unterstützt. Gleichzeitig wäre es aber auch ein Zeichen dafür, dass der Orden sich nicht von uns abwendet aufgrund der Selbstverleugnung der wir uns schuldig gemacht haben. Gerade diese Sorge ist sehr stark vertreten im Volk. Es ist allgemein bekannt, das Voratan unserer Hauptstadt besucht hat. Ebenso ist aber auch bekannt wie verstimmt der Wilde über das Verhalten des Zirkels war. Ich würde gerne ein Zeichen setzen, dass Elfen, Drachen und die Drachenreiter immer noch in Freundschaft verbunden sind."
Eragon wechselte einen kurzen Blick mit Arya und diese nickte fast unmerklich zustimmend.
"Ich denke dass das eine gute Idee ist Hoheit." erwiderte Saphiras Reiter schließlich." Ich muss natürlich noch die Zustimmung des Ältestenrats einholen aber ich zweifle nicht daran, dass wir eurer Bitte entsprechen können."
"Das freut mich zu hören. Ich danke euch"
Noch während der König sprach erklang ein leises Klopfen von Maranus Seite des Spiegels her. Der König forderte den unbekannten zum eintreten auf und ein männlicher Elf mit langen silberblonden Haaren und einer eleganten Robe trat ins Blickfeld. Neben Eragon sog Tialva scharf Luft in ihre Lungen.
"Finaeas." flüsterte sie.
Den unbekannten Elfen war ihre leise Stimme offenbar nicht entgangen. Er wandte sich dem Spiegel zu und verneigte sich mit einem traurigen Lächeln vor Tialva.
"Es ist zu lange her." sagte er schlicht.
"Ihr kennt euch scheinbar?" erkundigte sich Eragon.
Tialva nickte.
"Zu der Zeit als meine Eltern mich zur Welt brachten wurde unser Volk mit einem weiteren Kind gesegnet. Das war Finaeas. Wir wuchsen in derselben Stadt auf und somit war uns etwas vergönnt, auf das viele Kinder unseres Volkes verzichten müssen. Ein Spielgefährte im eigenen Alter. Wir sind stets Freunde geblieben auch als die unbeschwerten Tage unserer Jugend hinter uns lagen."
"Es hat mich sehr getroffen als ich in den Unterlagen des Zirkels auf deinen Namen gestoßen bin Tialva." fügte der Elf Finaeas hinzu. "Ich weiß wie sehr es sich getroffen hat, dass du scheinbar dein Kind verloren hast. Ich wollte dich eigentlich sofort davon in Kenntnis setzen aber ich wollte dem König nicht vorgreifen. Sagt mir, wie geht es eigentlich Bloedgram. Er hat mir schließlich einmal das Leben gerettet und ich habe ihm das Geschenk des Vertrauens gemacht. Ich könnte mir vorstellen, dass seine Gefühle im Augenblick überschäumen."
"Da hast du durchaus recht alter Freund. Die Lage ist folgende....."
Während Tialva damit begann ihren Jugendfreund über die Situation zu informieren musterte Eragon den Elfen im Spiegel etwas genauer. Es erschien ihm als ein merkwürdiger Zufall, dass Finaeas von sich aus den Wolfkatzenelf erwähnt hatte. Es war nicht was der Freund Tialvas gesagt hatte sondern etwas in seiner Stimme hatte den Anführer der Reiter stutzig gemacht.
"....deshalb müssen wir dich Fragen ob es nicht vielleicht möglich ist, dass Bloedgram von dir Informationen erhalten hat wo er den Heiler finden könnte der uns Unrecht getan hat."
Als Tialva geendet hatte konzentrierte sich Eragon wieder auf Finaeas Abbild im Spiegel. Sorgfältig lauschte er den Worten des Elfen:
"Möglich ist so ziemlich alles liebe Freundin aber es wäre mir sicherlich nicht entgangen wenn jemand ohne mein Wissen die Papiere des Zirkels durchgesehen hätte. Ich habe sie mit umfassenden Zauber belegt um unbefugten Zugriff zu vermeiden."
"Bist du sicher? Du weißt wie geschickt Bloedgram in der Magie ist." bohrte Tialva.
"Ich bin mir sicher, dass meine Schutzzauber auch ihn aufgehalten hätten. Natürlich weiß ich wie geschickt er in der Magie ist. Seine Kunstfertigkeit hat mir schließlich einmal das Leben gerettet und mich dazu veranlasst ihm ein Geschenk des Vertrauens zu machen."
Eragon entging nicht, dass der Elf nun zum zweiten Mal betonte, dass er in Bloedgrams Schuld stand.
Während Tialva und die Jugendfreund das Gespräch fortsetzen stieß Eragons vorsichtig Aryas Geist an. Sofort gewährte die Elfe ihm Zugang in ihre Gedanken. Inzwischen waren sie so vertraut miteinander, dass sie sich auf dieser Ebene nicht mehr mit Worten verständigen mussten. Eragon übermittelte einfach einige Erinnerungen und den Verdacht den er an sie knüpfte. Auch eine stumme Frage fügte er hinzu. Diese Art der Unterhaltung hatte den Vorteil, dass sie schneller vonstattenging als es ein mit Worten geführter Dialog jemals könnte. Eragon erkannte, dass auch Arya bereits einen ähnlichen Verdacht hegte und sie bestätigte was er bereits vermutete.
"Entschuldigt bitte wenn auch nicht einmal das Wort an euch nicht Finaeas-Elda aber ihr erwähnte mehrfach ein Geschenk des Vertrauens von eurer Seite an Bloedgram. Soweit ich weiß kann es sich bei diesem Geschenk um verschiedene Arten des Vertrauensbeweises handeln. Eine wäre beispielsweise, das man sich in einem Schwur in der alten Sprache gegenüber dem anderen zum Gehorsams verpflichtet und sei es nur in einer Angelegenheit die der betreffende Elf frei wählen kann. Handelt es sich bei eurem Geschenk um einen solchen Vertrauensbeweis?"
Die Augen von Finaeas schien förmlich auszuleuchten während Eragon sprach. Der Elf warf dem Anführer der Drachenreiter einen intensiven Blick zu als er antwortete:
"Das habt ihr richtig erkannt Schattentöter. Um einen solchen Beweis handelte es sich. Man legt das eigene Leben vertrauensvoll in die Hände eines anderen in dem tiefen Glauben, dass der Freund dem man diese Gabe zuteil werden lässt niemals etwas unehrenhaftes einfordern würde."
"Ihr müsst Bloedgram wirklich sehr vertraut haben als sie ihn dieses Geschenk gemacht habt."erwiderte Eragon verstehend. Auch die übrigen Gesprächsteilnehmer schienen zu begreifen worauf der Anführer der Reiter hinaus wollte.
Tialva trat etwas näher an den Spiegel heran.
"Wenn jemand mit dem Geschick meines ehemaligen Gefährten ein solches Geschenk missbräuchlich einsetzen würde, dann würde er doch sicherlich so genau in seinen Anweisungen sein, dass demjenigen der in seiner Schuld steht nur wenig Möglichkeit bliebe anderen gegenüber die Wahrheit zu enthüllen, oder alter Freund?"
"Nur sehr wenig Freiraum."bestätigte Finaeas und Eragon erkannte einen feuchten Glanz in seinen Augen.
Kurz überlegte der Anführer der Reiter ob er das Wort der Wörter hier zum Einsatz bringen sollte. Er war inzwischen überzeugt, dass Finaeas durch einen Schwur gebunden war und deshalb nicht die volle Wahrheit enthüllen konnte. Bisher hatte er schließlich nur darauf hingewiesen, dass er es unmöglich gemacht hatte die Papiere des Zirkels ohne seine Zustimmung einzusehen. Er hatte zu keinem Zeitpunkt klar bestätigt das Bloedgram die betreffenden Informationen nicht von ihm erhalten hatte.
- "Das Wort der Wörter wäre zu gefährlich Kleiner."- mischte sich Saphiras von draußen ein. - "Es auszusprechen während man über einen magischen Spiegel kommuniziert wäre unverantwortlich. Außerdem solltest du nicht vergessen was dir dein Vater mal über Magie beigebracht hat. Die Entfernung spielt was den Kraftaufwand betrifft eine Rolle. Finaeas befindet sich zurzeit in Elesméra. Schon unter günstigen Umständen verbraucht das Wort der Wörter viel Kraft über eine so weite Entfernung...."-
Eragon signalisierte Saphira dass er verstanden hatte. Seine treue Begleiterin hatte natürlich recht. Die Anstrengung Finaeas über diese Entfernung von seinem Schwur zu entbinden würde ihn mit Sicherheit töten. Außerdem war es vielleicht gar nicht notwendig. Zumindest nicht im Augenblick.
"Finaeas-Elda, ich denke ich verstehe eure Situation." sagte Eragon bedächtig. "Tialva-Älfa kona bezeichnete ihren ehemaligen Gefährten als einen gewandten Jäger. Die Jagd nach jedem Jäger beginnt mit der Beute. Könnt ihr uns sagen wo sich der Heiler im Augenblick auffällt, der dafür verantwortlich ist das eure Freundin Tialva ihr Kind nicht selbst aufziehen konnte?"
Auf der glänzenden Oberfläche des Spiegels wirkte Finaeas unglaublich erleichtert.
"Ja Schattentöter, das kann ich euch sagen."
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Eragon FF - Band 7- Ende, Epilog Band 7 und doe OS- Sammlung von Traeumer
FanfictionHier folgt das Ende von Traeumers Eragon Bänden 6 - 7, so wie die Os Sammlung, welche einfach nur Wunderbar ist. Ich hoffe ihr habt auch hiermit Spaß.