27. Preis der Rache

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Nachdenklich lehnte sich Eragon in seinem Stuhl zurück und starrte auf die spiegelnde Oberfläche von der Tars Gesicht soeben verschwunden war. Mit dieser Entwicklung der Dinge hatte er nicht gerechnet. Aber hätte es nicht vielleicht müssen? Er kannte Bloedgram bereits seit dem großen Krieg. Er betrachtete ihn als Freund! Daher beschämt es den Anführer der Reiter, dass er bisher nichts von dem Unglück gewusst hatte, dass den Wolfkatzenelf heimgesucht hatte.
- "Nun sei nicht zu streng mit dir Kleiner."- tadelte Saphira sanft. - "Ich kenne blaues-Fell-Ohren-spitz- Bloedgram ebenso lange wie du und auch ich bin überrascht von dieser heftigen Reaktion." -
Eragon war seiner Seelenschwester dankbar für diese Worte doch trotzdem fühlte er sich müde. Er begann mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand einen Nasenrücken zu massieren.
- "Manchmal glaube ich, dass die Natur der Elfen auch etwas ungesundes an sich hat." - murmelte Eragon. - "Arya hat mir erklärt warum sie stets darauf achten ihre Gefühle so unter Kontrolle zu haben aber ich denke dass darin auch eine große Gefahr liegt. Wenn ihre Gefühle sich nämlich einmal von ihren Fesseln befreien, dann sind sie so übermächtig, dass sie jede Vernunft verdrängen." -
Saphira brummte von draußen zustimmend als sich die Tür zu Arbeitszimmer öffnete. Arya betrat das Zimmer und Eragon wurde warm ums Herz als sie ihn anlächelte. Er hasste es ihr in dieser Situation schlechte Nachrichten bringen zu müssen aber es war notwendig. Es wäre unverantwortlich gewesen der Elfe nicht die Situation zu schildern und um ihren Rat zu bitten.
"Gibt es schlechte Nachrichten?"
Eragon lächelte müde. Jetzt war es sowieso zu spät zu leugnen. Arya verstand es ihn ebenso gut zu lesen wie er sie. Er rückte seinen Stuhl etwas vom Schreibtisch zurück und zog seine Gefährtin auf seinen Schoß. Die Wärme ihres schlanken Körpers spendete ihm Trost und Kraft.
Ohne Umschweife begann er zu berichten was er soeben von Tar erfahren hatte. Arya hatte die Arme um seinen Hals gelegt und hörte konzentriert zu.
Als der Anführer der Reiter mit seinem Bericht fertig war schwiegen die beiden Gefährten und jeder ging seinen Gedanken nach.
"Das ist in der Tat beunruhigend." murmelte Arya schließlich." Ich wusste das Bloedgram eine langjährige Gefährtin hatte aber ich habe den Grund für ihre Trennung nicht gekannt. Seine Fähigkeiten als Krieger und Magier waren mir bekannt aber wir standen uns nicht so nah als dass ich so private Dinge über ihn gewusst hätte."
"Er hat mit Tar in der alten Sprache gesprochen." fügte Eragon hinzu. "Er hatte Rache geschworen. Wir beide wissen wie bindend diese Art von Eid ist."
"Wirst du das Wort der Wörter beim Rat anfordern?"
"Auf jeden Fall." räumte Eragon ein. "Was der Zirkel der Heiler getan hat ist ein unverzeihliches Verbrechen aber es muss durch die Gesetze geahndet werden. Nur so kann Gerechtigkeit entstehen. Rache bringt so gut wie nie Gerechtigkeit mit sich. Im Grunde ist sie eine Zeitverschwendung. Es ist der verzweifelte Versuch etwas zu ändern das nicht mehr zu ändern ist. Für den Augenblick betäubt es den Schmerz nach Rache zu streben aber selbst wenn sie vollzogen ist stirbt der Schmerz nicht. Man stellt nur fest, dass man weitere Teile seines Lebens unwiederbringlich verloren hat wenn man sich der Rache hingibt."
"Wahre Worte." entgegnete Arya. "Von wem stammen sie?"
Eragon lachte leise.
"Sie stammen von mir und wie die Summe bitteren Erfahrungen die ich gemacht habe. Als ich meiner Heimat damals mit Saphira und Brom verlassen habe wollte ich Rache an den Kreaturen die meinen Onkel getötet hatten. Den Mann der für mich wie ein Vater gewesen ist. Wir setzten ihnen nach und gerieten in eine Falle. Um ein Haar wären wir dem König in die Hände gefallen und Brom bezahlte für meine Rettung mit dem Leben. Heute weiß ich dass er mein Vater war. Ich habe also zwei Väter an die Rache verloren! Ich bin heute auch davon überzeugt, dass Brom sich deshalb nicht getraut hat mir zu sagen, dass ich sein Sohn bin weil ich so voller Zorn war. Wenn ich an die Tage damals zurück denke muss ich einräumen, dass mein Vater es damals mit mir nicht leicht hatte. Wut war so sehr ein Teil von mir geworden, dass ich es gar nicht mehr bemerkt habe. Ein falsches Wort konnte dazu führen dass ich dieser Wut freien Lauf ließ. Ich bin sicher Brom hat befürchtet, dass ich mich in Anbetracht einer so schockierenden Enthüllung auf Saphiras Rücken setzen und ihn einfach stehen lassen würde. Unerfahren wie ich damals war wäre ich wohl recht bald den König in die Hände gefallen. Ich hätte also durchaus die Gelegenheit haben können von Vater zu Sohn mit Brom zu sprechen und ihn all die Dinge fragen können die mich bis heute noch beschäftigen. Zum Beispiel über meine Mutter. Ich wüsste gern mehr über sie. Gerade ihre Geschichte und die meines Vaters zeigt aber, dass es viel besser ist das zu überwinden was uns zu Rache treibt. Brom schlich sich damals in Morzans Festung ein um die schwarze Hand zu töten. Stattdessen verliebte er sich in sie und ihre Liebe brachte auch in meiner so gefürchteten Mutter wieder Gutes zum Vorschein. Wie hätte sich die Welt wohl weiter entwickelt, wenn mein Vater damals anders gehandelt hätte? Wenn er Selena getötet hätte? Ich wäre nie geboren worden und wer weiß welches Schicksal Murtagh erwartet hätte. Vielleicht hätte man ihn irgendwann vor die Dracheneier geführt, Dorn wäre geschlüpft und der König hätte eine neue mächtige Waffe gegen die Varden ins Feld schicken können die dann keinen Drachenreiter an ihrer Seite gehabt hätten. Auch Murtagh war mal erfüllt von Zorn und Rachsucht. Auf die Welt die ihn ungerecht behandelte und auf mich, der scheinbar vom Glück begünstigte Bruder. Nasuada hat ihm geholfen diese Gefühle zu überwinden und letztlich hat das die magischen Ketten gesprengt die in an Galbatorix banden. Ich kenne wahrlich genug Beispiele zeigen, dass Rache ein sinnloses Unterfangen ist das einen selbst nur zerstört."
Als Eragon wieder den Blick seiner Gefährtin suchte musste er feststellen das diese ihn an lächelte.
"Du bist weise gewordenen Liebster."
Eragon lachte beschämt aber auch Saphira ließ ihn von draußen wissen, dass sie Aryas Meinung war. Einen Augenblick genoss der Anführer der Reiter die Zuneigung seiner beiden Herzensdamen, dann ergriff er wieder das Wort:
"Nun ich werde auf jeden Fall das Wort der Wörter vom Rat anfordern. Am besten mache ich das noch bevor wir morgen nach Carvahall aufbrechen."
"Du willst an unserer Abreise festhalten?"
Eragon glaubte so etwas wie einen Inneren Konflikt auf Aryas Gesichtszügen ablesen zu können. Er konnte das nachempfinden. Die beiden vermissten die kleine Marlena und freuten sich auf den Besuch bei den Verwandten im Palanca Tal. Auf der anderen Seite gab es nun dieser Krise mit Bloedgram.
Nach kurzem Überlegen kam Eragon jedoch zu folgendem Schluß.
"Ja, ich denke wir sollten an unseren Reisepläne festhalten. Zum einen haben wir eine Verantwortung gegenüber den Verstoßenen aus dem Norden. Sie sind ins Unbekannte aufgebrochen und wir dürfen sie nicht im Stich lassen. Ich werde Tar bitten noch einmal mit Bloedgram zu reden bevor die Krieger der Drachen Richtung Giel'ead aufbrechen. Dann hat unser Freund Zeit sich zu beruhigen. Sollte sich Bloedgrams Zorn gelegt haben können wir seine Schwüre mit dem Wort der Wörter auflösen. Schwierig wird es nur, wenn Bloegrams Zorn nicht versiegt sein sollte. Die Schwüre, die Murtagh damals an Galbatorix gebunden haben waren erzwungen. Er wollte sie im Grunde nicht befolgen und wurde vom Feind sofort zum Verbündeten als er wieder frei entscheiden konnte. Nicht jeder Eid den Mann leistet ist aber erzwungen."
"Ich verstehe was du meinst." sagte Arya."Wenn Bloedgram seiner Rache vollziehen will braucht es keine Schwur in der alten Sprache und wir werden mehr brauchen als das Wort der Wörter um ihn aufzuhalten. So mächtig das Wort auch sein mag, es kann nicht die Art ändern wie ein Mensch denkt und wonach es ihm verlangt."

Eragon FF - Band 7- Ende, Epilog Band 7 und doe OS- Sammlung von TraeumerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt