36. Der Preis der Rache Teil 2

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Eine eisige Kälte breitete sich in Eragons gesamten Körper aus. Was konnte geschehen sein? Einige Augenblicke war er wie gelähmt, dann reagiert er.
Mit einem schnellen Gedanken bat er Saphira ihrem aufgeregten Nistpartner zu folgen. Zweifellos würde er sie zu seiner Reiterin führen.
Sogleich hob die blaue Drachendame ab und schon wenige Augenblicke später signalisierte sie ihrem Reiter sich Richtung Norden zu bewegen.
Fast erschrocken fuhr Eragon herum als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Er blickte sich um und sah Tialva ins Gesicht.
"Ich habe euch gefragt was los ist Schattentöter."
Nur am Rande seines Bewusstseins nahm Eragon war, dass die Elfe ihn offenbar schon einige Male angesprochen hatte. Die Antwort die er ihr hastig gab kam ihm vor als ob ein anderer seine Lippen für ihn bewegen würde. Viel zu sehr war Eragon darauf bedacht nicht den Kontakt zu Saphira zu verlieren und endlichen signalisierte seine treue Begleiterin ihm das Fíernen auf einer nahe gelegenen Lichtung zur Landung ansetzte.
Schnell gab er die Information einen Tialva weiter und sprintete dann mit elfengleicher Geschwindigkeit in den Wald hinein. Er kümmerte sich nicht um Zweige die ihm ins Gesicht schlugen und das Haar zerzausten. Nur eins zählte für den Drachenreiter im Augenblick:
Er wollte an die Seite seiner Gefährtin und die schreckliche Kälte der Angst abschütteln die ihn erfüllte.
Irgendwo im Wirbelsturm seiner rasenden Gedanken versuchte eine Stimme ihn zur Ordnung zu rufen. Doch die Erkenntnis, dass Arya auf sich selbst aufpassen konnte, dass sie stark und keineswegs hilflos war konnte sich ebenso wenig durchsetzen wie rationale Fragen nach der Natur dessen was denn nun eigentlich passiert war. Hatte es einen Unfall gegeben oder war Arya angegriffen worden? Wenn Letzteres der Fall war, von wem? All diese Fragen flogen an Eragon ebenso vorbei wie die Bäume des Waldes an denen er vorbei stürmte.
Schließlich brachen Eragon und Tialva durch das Unterholz auf eine Lichtung heraus. Von einem Augenblick auf den anderen schien die Kälte die von Eragon Besitz ergriffen hatte sich noch zu verstärken. Es traf ihn wie ein Peitschenschlag.
Fíernen stand auf der einen Seite der Lichtung und knurrte wütend zu einer dunklen Gestalt hinüber die auf der anderen Seite der offenen Fläche stand und offenbar ein Kurzschwert in der Hand hielt.
Ein weiterer Peitschenschlag traf Eragons Seele als er in der abendlichen Luft den typischen Geruch von Blut wahrnahm.
Fíernen verstärkte seine Drohgebärden noch und ein Flammenstrahl zischte aus seinen Nüstern. Kurz erhellte der Feuerstoß das tiefe Zwielicht auf der Lichtung. Was sich den Blicken von Saphiras Reiter enthüllte traf ihn mit solcher Kraft, dass die vorherigen Schläge, die seine Seele hatte einstecken müssen, geradezu bedeutungslos erschienen.
Arya lag zwischen den Vorderbeinen ihres Drachen der sich schützend über sie beugte. Eine Hand hatte sie auf eine Stelle knapp oberhalb ihrer Hürfte gepresst und Blut quoll zwischen ihren Fingern hervor. Wesentlich unerträglicher war für Eragon jedoch der Gesichtsausdruck seiner Gefährtin. Sie hatte offensichtlich starke Schmerzen.
Tialva löste sich aus dem Schatten der Bäume und eilte an Aryas Seite.
Der Blick des Anführer der Reiter glitt zu der Gestalt auf der anderen Seite der Lichtung und er erkannte Bloedgram. Der Wolfkatzenelf hielt ihm sein blutverschmiertes Kurzschwert entgegen.
.......blutverschmiert......mit IHREM Blut...... fuhr es Eragon durch den Sinn.
"Ich habe kein wichtiges Organ oder Blutgefäß verletzt." sagte Bloedgram in kaltem, überheblichen Tonfall." Aber ich habe einen Punkt gewählt, an dem die Wunder schmerzhaft ist. Betrachte dies als meine letzte Warnung! Verfolgt mich nicht weiter und versucht nicht nicht an meiner Rache......!"
Weiter kam der Wolfkatzenelf nicht. In Eragons Seele brach ein Damm. Das Eingeständnis, dass dieser Mann, dem er bedingungslos vertraut hatte, seine Gefährtin verletzt hatte und absichtlich eine Wunde geschlagen hatte die besonders schmerzhaft war, war mehr als Eragon ertragen konnte.
Ein wütender Schrei drang aus seiner Kehle während sich sein Zorn direkt mit seiner Magie verbannt. Ein ungesagt der Zauber von erdrückender Kraft riss Bloedgram von den Füßen und schleuderte ihn gegen einen der umstehenden Bäume. Nach Luft ringend blieb der Wolfkatzenelf liegen.
Eragon riess Brisingr aus der Scheide und ging langsam auf seinen Feind zu der immer noch darum kämpfte seine Lungen wieder mit Luft zu füllen. Auch hier verbanden sich Zorn und Magie des Anführer der Reiter miteinander und ließen die Klinge in Flammen ausbrechen. Der saphirblaue Widerschein der Flammen die nun über das Schwert tanzten tauchten die Lichtung in ein gespenstisches Licht!
"Du hast sie verletzt!"
Eragons Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und seine Worte richteten sich eigentlich mehr an ihn selbst als an sein gegenüber. Er betrachtete Bloedgram als Freund! Bis vor wenigen Augenblicken hätte er ihm bedingungslos das eigene Leben und das seiner Familie anvertraut. Saphira hatte den Elfen soweit respektiert, dass sie ihn in Ausnahmefällen sogar auf ihrem Rücken reiten ließ! Eine besondere Auszeichnung für jeden der nicht selbst zum Reiter berufen war!
Wie konnte Bloedgram all dieses Vertrauen so schamlos verraten!?
Die Antwort die der Wolfkatzenelf ihm zurief ging fast vollständig im Sturm des Zorns unter, der mehr und mehr das rationale Denken aus Eragons Bewusstsein verbannte.
Bloedgram sagte irgendetwas von " Tradition unter den Waldläufern der Elfen", etwas über einen nicht tödliche Wunde die als letzte Warnung gelten sollte. Brauchtum sei es bei den Elfen.
"Es interessiert mich nicht was bei euch Brauchtum ist und was nicht! Ich bin kein Elf!"
Eragon spukte Bloedgram die Worte förmlich entgegen und presste den Wolfkatzenelf , der gerade wieder auf die Beine zu kommen versuchte, mit einem weiteren und gesagt Zauber an den Boden.
"Ich weiß nur dass du die eine Hälfte meines Herzens verletzt hast!" sagte Eragon, die Stimme wieder zu einem Flüstern gesenkt. Inzwischen stand er direkt über Bloedgram und die flammende Spitze von Brisingr zitterte nur wenige Zentimeter über der Brust des Wolfkatzenelfs.
Auf Bloedgrams Gesicht war keine Spur mehr von kaltem Zorn oder gar Arroganz zu sehen. Offensichtlich begriff er, dass Eragon wirklich ganz und gar von Zorn ergriffen war und ihn nicht nur einzuschüchtern versuchte.
"Könnt ihr nicht verstehen, dass ich für mein Kind der Rache nehmen will?!" rief Bloedgram schließlich aus noch während die Schwertspitze knapp über seiner Brust zitterte.
Eragon reagierte praktisch nicht. Es war im egal was dieser Kerl sagte er wollte nur noch, dass diese Stimme auf immer verstummte. Nie wieder sollte er IHR wehtun können.
"Und wie glaubst du hilft es unserem Sohn wenn sein Vater zum Mörder wird?!"
Eine weitere Stimme durchschnitt jetzt die angespannte Situation. Eragon wirkte sie als hätte ihn jemand kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet. So langsam wurde er sich wieder bewusst, dass er und Bloedgram nicht allein waren auf der Lichtung. Er blickte zur Seite und erkannte Tialva, die neben Arya vor Fíernen stand und zu ihnen herüberblickte.
Die Tatsache, dass Arya wieder auf den Beinen war und ebenfalls besorgt zu ihnen herübersah war Balsam für Eragons Seele aber gleichzeitig überkam ihn auch große Scham. Was tat er hier eigentlich? Sie hatten sich aufgemacht um zu verhindern, dass ein Leben im Zorn ausgelöscht wurde. Nun war er im Begriff das Verbrechen zu begehen, dass er bei Bloedgram verhindern wollte.
......Arya würde das nicht wollen......fuhr es ihm durch den Sinn. Die Erkenntnis war klar und einfach.
Langsam senkte Eragon seine Waffe aber Bloedgram schien das kaum zu bemerken. Sein Blick ruhte unverrückbar aufs Tialva.
"Tialva du?....Ein Sohn....?....Wir haben einen Sohn?!"
Als Eragon die Worte des Wolfkatzenelfs hörte kamen sie im geradezu widersinnig vor. Er begriff, dass Bloedgram in all seinem Zorn nur daran gedacht hätte wie er den verräterischen Heiler finden konnte. Der Elf war so gefangen gewesen in seinem Wunsch nach Rache, dass er seinen Freund Finaeas gar nicht versucht hatte in Erfahrung zu bringen welches Geschlecht das Kind hatte, dass man ihm und seiner Gefährtin vorenthalten hatte.
Dieser blinde Zorn Bloedgrams schien Eragon plötzlich ein grausames Spiegelbild der eigenen Wut zu sein und die ganze Situation erhielt dadurch etwas völlig absurdes. Ein bitteres Lachen drang aus der Kehle von Saphiras Reiter und verschaffte ihm wieder die Aufmerksamkeit des Wolfkatzenelfen.
"Wie kannst du behaupten, dass du für dein Kind Rache nehmen willst wenn du nicht mal weiß ob du einen Sohn oder eine Tochter hast?! fragte Eragon aufgelöst. "Sieh dich doch mal um! Bedenke doch einmal was dich deine Rache schon alles gekostet hat! Das Vertrauen deines Freundes Finaeas! Glaubst du er wird nochmal sein Leben in deine Hände legen nachdem du sein Vertrauen so missbraucht hast? Du könntest jetzt gemeinsam mit uns auf die Ankunft deines Sohnes warten! Er machte gerade seine ersten Schritte in einer Welt die ihm bisher völlig fremd ist! Soll das erste was er über seinen Vater hört sein, dass er seit Jahrhunderten der erste Mörder unter den Elfen ist? Wie willst Du ihn in dieser für ihn fremden Welt unterstützen? Welche Missbildung hat das Schicksal ihm auferlegt? Wie willst Du ihm helfen diese zu überwinden? Hat die Natur ihm zum gerechten Ausgleich ein besonderes Talent geschenkt? Du kennst nicht mal seinen Namen! Davon dass du die Freundschaft zu mir und Arya mit Füßen getreten das will ich erst gar nicht reden! Wiegt deine Rache dies alles auf? Du wirst nicht sofort antworten müssen. "
Eragon schob sein Schwert zurück in die Scheide, trat in die Mitte der Lichtung. Er beschwor seine Magie und ein blauer Lichtkreis breitete sich von dem Punkt an dem er stammt aus bis er die Baumgrenze erreicht hatte. Dann erlosch der blaue Schein.
"Den Rest dieser Nacht wirst du diese Lichtung nicht verlassen können Bloedgram" erklärte Eragon." Tialva wird bei dir bleiben. Redet miteinander. Bei Sonnenaufgang bin ich wieder hier und dann werde ich eine Antwort von dir verlangen. Wenn Du zu dem Schluss gekommen bis das deine Rache dir nicht mehr wert ist als Freundschaft und dein Sohn kann ich dich von deinem Schwur entbinden. Wenn Du aber weiter nur Vergeltung suchst musst Du einen Preis für deine Rache bezahlen. Du wirst dich mir stellen und mich töten müssen. Nur mein Blut öffnet die Tür zu deiner Vergeltung."
Mit diesen Worten wandte er Eragon sich ab und verließ ohne sich noch einmal umzusehen die Lichtung. Im schützenden Schatten eines Baumes blieb er stehen, und lehnte sich an den Stamm. Tränen brannten ihm in den Augen als er langsam hinab rutschte bis er auf dem Waldboden saß. Er schämte sich so die Kontrolle über sich selbst verloren zu haben. Er schämte sich vor Tialva, Bloedgram, Saphira aber besonders vor Arya.
Gerade als er die Elfe dachte nahm er durch den Schleier seiner Tränen eine Bewegung neben sich war.
Arya setzte sich neben ihn und trotz des Dämmerlichts versank Eragon praktisch in ihren wundervollen Augen. Er öffnete den Mund und wollte sagen dass es ihm leid tat, wollte alles erklären aber sie legte ihm nur zwei Finger auf die Lippen. Dann beugte sie sich vor und flüsterte ihm zu:
"Du hattest einfach nur Angst nicht wahr?"
An diesen Satz knüpfte Arya noch Eragons wahren Namen und er verstand. Er brauchte ihr nichts zu erklären. Er schlang einfach nur noch die Arme um ihren schlanken Körper und zog sie so fest an sich wie er konnte. Die Wärme ihres Körpers Vertrieb die letzten Reste der quälenden Kälte aus seinem Leib.


Eragon FF - Band 7- Ende, Epilog Band 7 und doe OS- Sammlung von TraeumerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt