Grüße

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Im A-Block angekommen möchte ich mich nur noch hinlegen und schlafen. Das Treffen mit der Aufseherin hat mir mal wieder den Rest gegeben. Nur leider lässt Ramon nicht locker. Kurze Zeit später ist er wieder bei mir und legt sich zu mir: "Ich hab uns ein paar Pillen besorgt, wenn wir ein bisschen Spaß haben wollen. In den Duschen sind wir ungestört oder wir bleiben einfach hier liegen." Er berührt mein Ohr mit seiner Zunge, während er es in mein Ohr haucht. Pillen... Weiß Ramon vielleicht wer der Dealer ist... Aber dann würde ich ja wieder der Handlanger der Aufseherin sein. Und darauf hab ich gerade gar keine Lust. "Wenn es hilft ein bisschen runterzukommen...", beginne ich. Ich habe in meinem Leben noch nie Drogen genommen, aber heute ist es mir auch egal. Ramon nimmt eine kleine, rote Pille in die Hand, ich mache meinen Mund auf und strecke meine Zunge heraus. Er legt sie mir auf meine Zunge, ich zögere einen Moment und schlucke sie dann sofort runter. "Du hättest sie eigentlich noch im Mund behalten sollen, aber wahrscheinlich ändert das bei der Wirkung nicht viel." Ramon wirft sich zwei Stück ein, den Rest versteckt er in seinem Jumpsuit. Er nimmt mich wieder in den Arm und küsst mich sanft auf die Backe. Ich merke langsam wie ich mich immer leichter fühle, alles um mich herum verschwimmt, der Lärm wird leise, die Farben greller. Ich schaue an meinem Jumpsuit herunter und habe das Gefühl, die Streifen fangen an sich zu bewegen. Die graue, ranzige Matratze über wieder bekommt plötzlich ganz neue Farben, alles bewegt sich und ich fühle mich angenehm schwerelos an. Und für einen Moment vergesse ich, dass ich gerade ein Häftling in einem Frauengefängnis bin...

Der angenehme Rausch hält noch eine Zeit an, ich kann gar nicht abschätzen wie lange. Als ich langsam wieder zu mir komme, kann ich durch die vergitterten Fenster erkennen, dass es schon dunkel ist. Wahrscheinlich haben wir das Abendessen verpasst. Ramon sitzt neben mir aufrecht auf dem Bett und lächelt mich an: "Na, war wohl dein erster Trip oder? Du hast ziemlich wirres Zeug geplaudert. Wer ist Rose?" Ich schlucke kurz: "Äh, eine...Freundin von mir... sie..äh...ich kenne sie von draußen und sie wartet vielleicht auf mich." "Ruf sie doch mal an!", antwortet Ramon knapp. Puh, das war knapp... wer weiß wie er reagiert hätte, wenn er die Wahrheit wüsste. "Wir sehen uns später", sagter Ramon während er sich erhebt und geht. Ich werfe einen Blick auf die Uhr an der Wand: 19:30. Dann habe ich ja noch etwas Zeit bis das Licht ausgeht. Ich fühle mich von den Drogen immer noch etwas benebelt. Habe ich von Rose fantasiert... Aber eigentlich ist Ramon ein ganz guter Freund und Beschützer. Irgendwie fühle ich mich auch ihm gegenüber schuldig. Ich klopfte mir leicht gegen die Wangen...so schlimmen Beziehungsstress hatte ich nicht mal in der Highschool. Ich kann verstehen, warum Charlotte darauf keine Lust mehr hat. Ich hole aus meiner Kiste noch einen Schokoriegel und esse ihn genüsslich. Vielleicht sind es die Drogen, aber er schmeckt irgendwie sehr gut. Für einen kurzen Moment fallen mir all die leckeren Dinge ein, die ich jetzt draußen essen würde...aber hier muss ich mich mit Instant Nudeln und Süßigkeiten begnügen. Ich bleibe noch etwas liegen, bevor ich in eines der beiden Bäder gehe, mir die Zähne putze und mich bereit für die Nacht mache. Jenny ist zum Glück nicht mehr da, also wird es vielleicht endlich die erste ruhige Nacht, die ich seit einer Woche haben werden. Der Lärm um mich herum wird langsam weniger, irgendwann geht der Licht aus und ich schlafe leicht zufrieden ein.

Meine Hände und Beine werden gepackt. Ich möchte schreien, doch ich bekomme ein Stück Stoff wie ein Bissholz in den Mund gesteckt, zwei Hände halten die Enden fest und drücken meinen Kopf so nach unten. Meine Decke wird heruntergerissen, in der Dunkelheit erkenne ich 6 Gestalten. "Hey Bitch, ich habe doch gesagt, wir kriegen dich!", flüstert eine Stimme. Es ist McNaughty, langsam erkenne ich auch die anderen Frauen, darunter Molly. "Wenn du denkst du kannst laut werden, vergiss es lieber." Sie holt einen spitzen Gegenstand hervor und hält ihn mir an den Hals. "Dann stech ich dich sofort ab. Wenn du ruhig bist, lebst du weiter." Sie steht nun direkt vor meinem Bett. Sie holt aus und schlägt mir in den Bauch. Die Schmerzen fahren durch mich durch, ich beiße auf den Stoff. "Ich mag es eigentlich nicht so gewaltsam zu sein, aber wenn eine alte Freundin mich bitte.Schöne Grüße von Dee! Sie vermisst dich sehr." Wieder schlägt sie zu, ich stöhne kurz. "Das war für deine Respektlosigkeit!" Zwei weitere Schläge folgen. "Und die, weil du es einfach verdient hast, du kleine Bitch." Ich gucke zu den anderen Frauen, versuche einen Blickkontakt zu finden. Sie schauen alle in eine andere Richtung. Weitere Schläge folgen, alle in den Bauch. "Das gute daran ist, diese Schläge sieht man nicht." McNaughty holt etwas hervor. Bei näheren hinblicken erkenne ich, dass es eine selbstgebastelte Tätowiernadel ist, wie ich sie seit meiner Zeit im Knast schon öfters gesehen habe. Auch Nicole wurde mit so einer bearbeitet. "Damit du nicht vergisst, was du bist, verpasse ich dir ein kleines Andenken." Sie tastet nach meiner rechten Wade, hält sie fest und beginnt langsam etwas zu schreiben. Es tut zwar etwas weh, aber nach den Schlägen kommt es mir vielleicht auch einfach nur nicht mehr so schlimm vor. Fast 5 Minuten ist die zugange, währenddessen werde ich von den anderen Frauen immernoch festgehalten. Am Ende steht McNaughty auf, guckt sich ihr Werk noch einmal an und grinst: "Gar nicht mal so schlecht, bei dem Licht und der Ausrüstung. Vor meiner Haft hättest du mir noch Menge Geld dafür zahlen müssen." Sie kommt ganz nah an mein Gesicht: "Von nun an spurst du wenn ich dich rufe, verstanden. Dann musst du auch gar keine Angst vor mir haben. Und wenn du denkst dein kleines Manöver mit Ramon hilft dir. In 3 Tagen hat er ne Neue und du bist vergessen. Außerdem weiß ich von Dee über dich und deine kleine Freundin Rose Bescheid. Ramon wird das sicher sehr interessieren. Wir verstehen uns." Sie schlägt mir noch einmal in den Bauch, dann lassen mich die anderen Frauen sofort wieder los. Ich fasse mir an den Bauch, die Schmerzen pochen warm. Als ich mich nochmal umschauen, sind die Anderen schon weg. Ich fasse an meine Wade und finde mein Tattoo. Relativ weit oben an der Außenseite kann ich mehrere Buchstaben ertasten.  Sie hat sie so gestochen, dass sie unter unserer täglichen Uniform nicht zu sehen sind. Ich will nicht wissen, was da nun steht, ich greife nur meine Decke und versuche einzuschlafen...es gelingt mir nur langsam.
Das Wecksignal reißt mich aus dem Schlaf. Ich greife sofort meinen Jumpsuit und ziehe ihn hastig an. Niemand soll mein Tattoo sehen. Der Appell findet wie immer statt, ich spüre immer noch die Schläge von gestern Nacht und versuche mich angestrengt auf den Beinen zu halten. Nach dem Appell laufe ich sofort zu einer der Toiletten, mache die Tür zu und streife meinen Jumpsuit ab. Ich schaue auf meine rechte Wade. In schwarze Tinte steht dort in Großbuchstaben geschrieben:

                                                                                             BITCH

Orange JumpsuitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt