Die ersten Monate

1.5K 21 3
                                    

Die ersten zwei Monate im Knast vergingen schneller als ich anfangs dachte. Nach zwei Wochen hatte ich den Tagesablauf so sehr verinnerlicht, dass ich kein Signal mehr brauchte um zu wissen wann was genau passiert. Wecken um 5:30, Apell und Frühstück, ab 7 Uhr 5 Stunden Arbeit bis 12:00, ab 12:30 Mittag und Freizeit bis 14:00 Uhr. Dann nochmal 3 Stunde arbeiten, ab 17 Uhr in der Zelle sitzen, bevor es um 18 zum Abendessen und 19 Uhr zum Duschen geht. Ab 20:00 sitze ich wieder in meiner Zelle und könnte mich bis 21:30 beschäftigen, aber eigentlich gibt es nicht viel zu tun. Dann geht das Licht aus bis wir um 5:30 wieder geweckt werden. Sonntag dürfen wir eine Stunde länger schlafen, die meisten Häftlinge haben frei und wir dürfen von 10:00 bis 15:00 Uhr im Aufenthaltsraum bleiben. Danach kommen wir wieder in die Zelle, wenn der Aufenthaltsraum zu dreckig ist, was oft der Fall ist, darf die Putztruppe nochmal putzen. Dieser Job ist nach 2 Monaten immer noch genauso so erniedrigend und frustrierend wie am ersten Tag. 

Der Hofgang erwies sich auch als unspektakulärer als erwartet. Da in Block C sehr viele Frauen sind, ist der Hof immer zu voll. Ein Meer von orange gekleideten Häftlinge bedeckt jede freie Fläche, Bänke und Tische sind immer besetzt, trainieren ist auch unmöglich. Trotzdem bestehen die Wärter darauf uns in den Hof zu schicken. Rose war die letzten zwei Monate launisch und zwischen freundlich bis unglaublich sadistisch. Reichte es nicht, dass ich die Duschen und Klos aller Häftlinge putzen muss, zwang Rose mich dazu auch in unserer Zelle. Wenn sie sexuelle Gefälligkeiten wollte, holte sie sich diese und auch sonst durfte ich sie in der Zelle täglich bedienen. Vor den anderen Häftlingen schützte sie mich trotzdem, auch wenn mir dass den Ruf als ihre Knastbitch einbrachte. Manchmal durfte ich zu ihren Geschäften mitkommen und etwas für sie einstecken, mit Dee gab es keine weiteren Probleme. Der sadistische Wärter ließ sich auch hin und wieder blicken und wollte einem Blowjob oder andere Gefälligkeiten. Ich gehorchte immer sofort, da ich keine weiteren Strafen wollte. Irgendwann gewöhnt man sich an all diese Erniedrigungen und willkürlichen Bestrafungen. Das Essen war zwar immer noch unappetitlich, aber da es keine wirklichen Alternativen gab wurde es gegessen. Ich hatte langsam etwas Geld gesammelt, um mir ein paar Sachen aus dem Knastshop zu kaufen. Einmal in der Woche konnte man Bestellungen aufgeben, um sie dann eine Woche später zu erhalten. So konnte ich mir richtige Badeschuhe, Fertignudeln und ein paar Süßigkeiten kaufen. Ich habe das Gefühl, dass ich trotz des Essens seit meiner Gefängnisstrafe zugenommen habe.

Allerdings fällt dies bei den Uniformen kaum auf. Auch daran gewöhnte ich mich nach einigen Wochen. Immer wenn es neue Wäsche gab, war es wie ein Glücksspiel. Manchmal waren die Sachen größer manchmal kleiner, bei meiner Statur bestand nur die Frage ob es nur zu groß oder viel zu groß war. Die weißen Unterhosen waren immer zu groß, ich war froh, wenn ich eine ohne Loch bekam, die BHs hatten keine Metallteile, wodurch sie zum Teil zu ausgeleiert waren und man gleich ohne herumlaufen könnte. Die Jumpsuits reichten von kratzig ausgewachsen mit verblasenden Orange bis relativ neu mit tollen "Inmate"-Schriftzügen auf Rücken und Bein. So sagt einem sogar die Kleidung was man hier ist. Mit jedem Tag, den ich in diesen Einteilern herumlief, vergaß ich mehr, dass ich eigentlich nur einen überdimensionierten Sack trug, bei dem mir der Schritt zum Teil in den Kniekehlen hing und ich die viel zu weiten Beine zweimal hochkrempeln musste, damit sie überhaupt eine passende Länge haben. Das diese Jumpsuits keine Taschen besitzen und ich trotz eines ausgeleierten Gummizugs weder Taille noch sonst eine Körperform in dieser Kleidung habe, scheint mir dann das geringste Problem. Aber da alle Frauen in diesen Uniformen durch das Gefängnis liefen, waren die Jumpsuits irgendwann für mich ein normales Kleidungsstück, dass ich jeden Morgen anzog.  Ebenso war es mit Make-up und ähnlichem. Es gab einige Frauen im Zellblock, welche sich mit Farben aus Bleistiften und anderen aushelfen und so etwas ähnliches wie Make-up daraus machen. Allerdings rochen sie dann nach Stiften, Gewürzen und abgekratzter Farbe. Darauf konnte ich dann doch verzichten. Ich will ja hier niemanden für ein Date kennenlernen...

Ich folgte jeden Tag der Gefängnisroutine, in der Hoffnung, ich könnte das ganze Irgendwie heil überstehen.

Orange JumpsuitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt