Die nächsten zwei Tage waren wenig abwechslungsreich. Die Arbeit im Gefängnis war genauso anstrengend und langweilig wie immer, mit Maria wechselte ich kein Wort und Lea blieb immer noch in der Einzelhaft. Auf die Krankenstation wurde ich leider auch nicht mehr geordert, wahrscheinlich war Rose dort nur für kurze Zeit.
Als ich am Freitag von der Chain Gang zurück bin und mich gerade auf mein Bett legen möchte geht die Klappe meiner Zellentür auf. "Hände durch die Klappe, 452-869! Und nimm dein Spielzeug mit." Ich erkenne die Stimme wieder, es war der Wärter der mir das Handy geschoben hatte. Ich krame es aus meinen Sachen, schiebe es zwischen meine noch leicht verschwitzten Brüste und schließe den Jumpsuit. Dann lasse ich mir wie immer die Handschellen anlegen. Wir gehen wieder in den Raum mit den Putzutensilien, diesesn Raum verbinde ich mit anderen Erinnerungen. "Du sollst dein Handy anschalten, alles weitere kriegst du gesagt. Ich halte draußen alles frei. Du hast maximal 20 Minuten."Mit diesen Worten schließt er die Tür. Ich aktiviere das Handy, mich erreicht eine Mail. Scheinbar hat Dennis für mich eine Mailadresse eingerichtet. Sie beinhaltet ein paar Infos über eine falsche Firma und ein paar Nummern von potentiellen Kunden. Ich atme tief durch... Genau dieser Mist hat mich hierher gebracht... Und nun betreibe ich meinen Betrug sogar vom Gefängnis aus. Ich schlucke meine Bedenken herunter und wähle die erste Nummer. Es klingelt mehrfach, dann meldet sich eine ältere Stimme. "Hallo?" "Ja, Guten Tag, ich rufe im Auftrag von Dennis Porter an. Ich möchte sie über unsere Investitionsmöglichkeiten informieren." "Ah, dann sind sie Miss Walker. Ihr Kollege sagte schon, dass sie sich melden." Er hat ernsthaft meinen echten Namen genommen. Wahrscheinlich ist sogar meine Mailadresse mit meinem echten Namen. Gute Arbeit, Dennis. "Ja, genau", sage ich schnell und versuche mir nichts anmerken zu lassen. "Ich möchte ihnen eine neue Firma vorstellen..."
Insgesamt schaff ich 3 Kunden anzurufen. Wenn ich mich sehen könnte, würde ich wahrscheinlich loslachen. Ich stehe in einer kleinen Kammer umgeben von Besen und anderen Putzsachen, in einem orangene Sträflingsjumpsuit und quatsche Leuten fünf - und sechsstellige Beträge ab. Wieder ein Punkt auf meiner Liste der dummen Sachen, die ich im Knast mache. Dann kommt der Wärter wieder rein. Er drückt mit ein kurzes Ladekabel und eine kleine Powerbank in die Hand. "Du sollst Mails an Kunden schreiben. Ich schiebe dir regelmäßig eine neue Powerbank zu, die alte gibts du mir dann wieder." "Ja, Sir",sage ich kurz. Dann führt er mich wieder zurück in die Zelle. Maria ist von ihrer Arbeit zurück. "Na, wieder ein paar Schwänze gelutscht?", fragt sie mich abfällig. Ich reagiere nicht, ich laufe direkt zu meiner Kistey drehe mich mit dem Rücken zu Maria und verstecke das Handy samt Zubehör. Demnächst bekomme ich noch nen Laptop von Dennis...
Die restliche Woche plätschert vor sich hin. Dee bekommt wie üblich ihre Bezahlung, mittlerweile kein Problem mehr für mich. Ansonsten folge ich der Gefängnisroutine ohne viel darüber nachzudenken. Ich funktioniere einfach nur so wie es von mir erwartet wird. Immer wieder schreibe ich Mails an potentielle Kunden, allerdings werde ich auch immer paranoider, je länger ich diese Handy besitze.
Am Sonntag verbringe ich die Zeit alleine in meiner Zelle, Maria ist irgendwo unterwegs und nervt wahrscheinlich andere Frauen. Ich liege mit dem Handy unter der Decke und schaue mir ein paar Bilder von Orten an, an denen ich früher Urlaub gemacht habe. Eine SMS kommt rein. Natürlich ist sie von Dennis: "Gute Arbeit, wir haben 5 neue Kunden gewonnen, du machst dich echt gut."
Ich tippe nur eine kurze Antwort: "Ich riskiere hier meinen Arsch!" Dennis Antwort lässt nicht lange auf sich warten. "Ich weiß, Schätzchen, aber du bekommst dafür ja auch was! Und meinen Dank hast du auch sicher ;)"
Fuck you, Dennis. Ich tippe die Worte, doch schicke sie nicht ab. Ich fange an aus Langeweile namen zu googlen. Erst Marias, ich werde tatsächlich fündig. Ihr Fall wurde medial ziemlich breitgetreten. "Sex-Lehrerin" und andere Spitznamen wurden ihr gegeben. Über mich gibt es nur einen kurzen Artikel, Betrug kommt eben nicht so an, der Fall mit Molly wurde scheinbar null beachtet. Dann suche ich nach Lea. Über sie finde ich überraschender Weise nichts. Weder ihren Namen, noch irgendwelche Artikel oder Berichte. Sie ist zwar nur eine Kleinkriminelle, aber trotzdem verwundert es mich kurz. Ich höre wie Maria die Zelle betritt. Ich mache das Handy aus und stecke meinen Kopf aus der Decke heraus. Maria steht am Waschbecken und hält sich die Nase, es tropft etwas Blut auf das silberne Waschbecken. "Geprügelt?", frage ich gehässig. "Oder eine Frau geleckt, die ihre Tage hatte?" Ich ernte für meinen Kommentar nur einen Mittelfinger. Ich versuche es mir auf dem Kissen so bequem wie möglich zu machen. Sonntage im Gefängnis können auch irgendwie entspannend sein...aber auch nur weil der Rest so die Hölle ist.Ein Monat vergeht und der Dezember rückt näher. Ich bin nun seit 6 Monaten in Eagle Rock. Nach einer Woche weiteren Strafdienst werde ich danach von Wright relativ in Ruhe gelassen. Die Arbeit in der Chain Gang wird mit zunehmender Kälte immer unerträglicher, immerhin bekommen wir jetzt Jacken vom Gefängnis. Auch die sind viel zu groß, aber ein bisschen wärmen sie schon
Die Arbeit für Dennis verläuft zum Glück reibungslos, größere Zellenkontrollen blieben uns erspart, wahrscheinlich weil der Wärter der von Dennis geschmiert wird, dies verhinderte. Maria und ich wechseln kaum noch Worte, ihr Gerede über ihre Unschuld hört allerdings auch auf. Scheinbar akzeptiert sie ihr Schicksal nun immer mehr. Von Lea fehlt allerdings jede Spur. Über einen Monat ist sie nun scheinbar in Einzelhaft, ich hoffe es geht ihr gut. Nach meinem Treffen mit Rose sind meine Gedanken allerdings mehr bei ihr als bei Lea. Immer wieder denke ich an sie. Das "Leben" im Gefängnis lief also relativ ruhig.Ich betrachte mich selbst im "Spiegel" unserer Zelle. Das blank polierte Stück Metall über unserem Waschbecken zeigt eine milchige Reflektion meines Gesichts. Meine Haare gehen mir mittlerweile wieder fast über die Ohren. Allerdings sind sie überall gleich lang, da Smith sie mir damals komplett rasiert hatte. Ein Termin beim Friseur kann man sich zwar hier geben, allerdings wartet man fast ein halbes Jahr drauf. Die meisten Frauen hier haben sich die Haare zu Pferdeschwänzen oder Dutts gebunden, selber schneiden können wir sie uns auch nicht, da Scheren natürlich als potentielle Waffen verboten sind. Trotzdem freue ich mich wieder meine dunkelroten Haare zu haben und etwas weiblicher auszusehen, wenn meine Kleidung mich immer noch wie ein Kerl aussehen lässt. Es ist Sonntag, draußen im Hof liegt ein bisschen Schnee. In der Zelle ist es kälter geworden, das Gefängnis soll zwar über Heizungen verfügen, wahrscheinlich heizen diese aber nur die Bereicher der Wärter. Ich trage unter meinem Jumpsuit ein weißes langärmliges T-Shirt, so friere ich wenigstens nicht komplett. Ich nehme mir eine Packung Instant-Nudeln, welche ich mir in der Mikrowelle im Aufthentaltsraum warm machen will. Ich gehe aus der Zelle und drehe mich im Gang, als ich Lea erblicke. Ein Wärter führt sie in Handschellen in die Richtung unserer Zelle. Ich gehe ein paar Schritte zurück um dem Wärter nicht im Weg zu stehen. "Ich hoffe die Zeit im Loch war dir eine Lehre! Wir haben doch gesagt, wir brechen dich! Benimm dich, sonst bist du nächstes Mal gleich 2 Monate dort", faucht der Wärter während er ihr die Handschellen abnimmt. Er verlässt die Zelle, wirft mir einen abfälligen Blick zu und schnauzt auf dem Weg zurück noch eine weitere Frau an. Ich gehe rein, sofort fällt mir Lea um den Hals und nimmt mich fest in den Arm. Ich halte sie einen Moment fest, streichel ihr über den Rücken bevor ich sie fragen will, aber mich nicht wirklich traue. Wir lösen uns wieder, dann sehe ich ihr Gesicht, sie hat Augenringe und einen blauen Fleck auf der Wange. Ihre Haare sind durcheinander. "Nathalie", sagt sie mir ruhiger und gefasster Stimme. "Es war furchtbar...Wright...er ist so ein sadistisches Arschloch... ich dachte, ich hätte im Gefängnis alles erlebt, aber dieser Ort hier... Niemand hat das verdient." Wir setzen uns auf das Bett, Lea lehnt sich sofort an mich. Sie kuschelt sich an mich, sagt kein Wort und genießt einfach nur meine Nähe...und ich weiß nicht wie ich mich dabei nun fühle.
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Orange Jumpsuit
RandomDie junge Nathalie Walker beginnt ihr Haftstrafe im Frauengefängnis Eagle Rock. Als Häftling 452-869 muss sie sich in ihrem neuen Gefängnisleben zurecht finden. Die Geschichte beschreibt den Alltag in einem Frauengefängnis, es kommen aber immer wied...