Nachdem er Stephanie einige Minuten dabei zugesehen hatte, wie sie in unmenschlicher Geschwindigkeit eine Box voll Reis mit Shrimps niedergemacht hatte, hatte er endlich Gelegenheit, auszusprechen, was ihm Sorgen bereitete. „Steph?" „Mh?" machte sie mit vollem Mund. „Kann es sein, dass du...wie soll ich das ausdrücken...Überkompensierst?" „Mwie meinft du daff?" Chris ließ seine Essstäbchen durch die Finger gleiten. „Was du alles tust, ich hoffe, du denkst nicht, wir würden das von dir erwarten." Stephanie schluckte ihren Bissen herunter. „Ich wollte mich nur einbringen. Ich hatte Ideen und die Zeit um sie umzusetzen." Sie sah ihn misstrauisch an. „Wieso, stört dich irgendwas? Ich weiß, der Tisch ist jetzt kein Picasso geworden..." Chris musste lachen. „Steph, Picasso wäre neidisch auf dein Auge für Abstraktion."
Sie schmunzelte. Etwas sanfter fuhr er fort. „Hey, ich weiß, du willst helfen." Stephanie sah ihn einen Augenblick lang an und ließ dann den Blick wider auf ihren Reis sinken. „Was wir hier tun muss auf dich wirken, als lebten wir im vierten Kreis der Hölle" Stephanie sah zu ihm auf. „Der vierte Kreis der Hölle ist für Geiz und Verschwendung. Die Seelen sind da die meiste Zeit damit beschäftigt, Steine durch die Gegend zu rollen." Chris verdrehte die Augen. Stephanie zuckte mit den Schultern. „Hey, wir können nicht alle Anwälte werden. Die Welt braucht auch Menschen, die betrunken Dante zitieren können." „Okay, neuer Versuch; wir freuen uns, dass du hier bist. Ehrlich." Er blickte sich zu Jeremy um, der sich auf dem Sofa in ein Buch vertieft hatte. Der sah auf und nickte. „Und es ist toll, dass du versuchst, dich einzubringen, aber Steph, unser Leben ist in Ordnung." Stephanie traf vorsichtig seinen Blick. Ihre Augen schimmerten feucht. Er lächelte sanft. „Wir müssen nicht gerettet werden. Und wenn wir es müssten, dann wäre es nicht deine Aufgabe." Stephanie schenkte ihm ein zerknirschtes Lächeln. „Du hast schon genug mit deinem Leben zuhause zu tun, du brauchst nicht noch zwei Typen in Toronto, die dir auf die Nerven gehen." Stephanie schmunzelte. „Aber dafür ist Familie doch da. Ein nicht endender Quell des sich-auf-die-Nerven-gehens."
Chris lachte. „Also wenn wir etwas bräuchten, dann ein Mädchen aus Berlin, das uns ordentlich nervt. Das soll gut für die Durchblutung sein." Stephanie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Ich weiß nicht, mein Kalender ist randvoll mit Buchungen, jeder Spa möchte ein Stück von mir abhaben." Chris erkannte sich selbst in Stephanie wieder. Wenn ihr ein Gespräch zu ernst wurde, versuchte sie es durch Humor umzulenken. Er hatte selbst lange dafür gebraucht, ernsthafte Gespräche führen zu können Ein Gegenüber, das nicht antwortete, war ein guter Lehrmeister. Er entschied sich, Stephanie zu erlösen.
„Hatte Jeremy eigentlich recht?" Stephanie hob fragend die Augenbrauen. „War es tatsächlich die Ehefrau? Oder doch eher Professor Plum mit dem Kerzenleuchter im Speisesaal?" Stephanie grinste verschlagen. „Ich weiß es nicht, aber ich bin gewillt, es herauszufinden." Chris sah sich zu Jeremy um. „Und was ist mit dir?" Jeremy hatte das Buch bereits zur Seite geschoben und blickte abwartend zum Esstisch. „Ich deute das als ein „Ja"".
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North is where the wind smells of pines
WerewolfOriginaltitel: Das inkohärente Gewusel, das sich eines Tages zu einem Plot verdichten könnte (working title) Liebe Leute auf Wattpad, ich werde gar nicht erst versuchen, so zu tun, als sei das hier viel mehr, als eine äußerst mittelmäßige Urban Fant...