chapter 41

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Eine gewisse Zeit vergeht, ehe ich zu mir komme und es schaffe, mich noch immer total benommen von der Bank zu erheben. Mein Herzschlag will sich jedoch immer noch nicht beruhigen, und als ich mein Handy aus meiner Tasche krame und meine zitternde Hand bemerke, seufze ich überfordert.

Ein Blick auf mein Display zeigt viele verpasste Anrufe von Dad und auch Liv an, und ich überlege erst garnicht, sondern tippe direkt auf Liv's Namen und halte mir das Handy ans Ohr. Einige Sekunden verstreichen, in denen ich ungeduldig darauf warte, dass sie meinen Anruf annimmt.

Dad wird hoffentlich verstehen, dass Liv gerade Vorrang hat. Ich muss einfach wissen, wie es ihr geht und ob sie tatsächlich in Sicherheit ist. Und dann sollte ich mich besser noch mindestens weitere tausend Male bei ihr entschuldigen, denn dank mir musste sie dieses schreckliche Erlebnis mitmachen.

Dabei hat sie nichts mit alledem zutun...

»Vera?!«, ruft Liv im nächsten Moment in den Hörer und verpasst mir damit einen Herzinfarkt. Und die Tatsache, dass ich gerade durch eine dunkle und verlassene Straße laufe, die mir vollkommen fremd ist, um einen Weg zurück zu finden, macht die ganze Situation nicht gerade angenehmer. »Oh mein Gott, geht es dir gut? Wo bist du? Hat dieses Schwein dich wirklich gehen lassen?«, folgen weitere Fragen, die sie panisch hervorstößt.

Ich schlucke schwer. »Ja... ja, mir geht es gut, keine Sorge. Was ist mit dir? Wo bist du?«

Es folgt keine Antwort, stattdessen ertönt ein Rascheln, ehe ich einen schweren Atem durch das Handy wahrnehme. Und als dann eine mir bekannte, männliche Stimme ertönt, bleibt nur das Herz in der Brust stehen. »Vera! Sag mir sofort, wo du bist.«

Was um alles in der Welt...

Was macht Derek bei Liv?

Oh Gott, so langsam verstehe ich gar nichts mehr...

»Ich... ich weiß es nicht genau«, antworte ich, während ich mich in der Gegend umsehe. Hier ist es so düster, ich kann beinahe nichts erkennen. Doch als mir dann der Platz einfällt, auf dem ich bis gerade noch mit Rider war, halte ich inne. »Ich bin in der Nähe von so einem großen verlassenen Feld. Weiter hinten stand eine Bank und sonst sind hier nur leere Straßen...«

»Bleib genau da wo du bist! Ich bin in zehn Minuten bei dir!«, höre ich Derek noch in den Hörer rufen, ehe dann das altbekannte Piepen ertönt und ich meine Hand samt Handy schweratmend sinken lasse.

Dabei komme ich nicht drumherum, zu bemerken, wie glücklich ich eigentlich darüber sein kann, dass Derek immer da ist, wenn ich mal in einer scheinbar aussichtslosen Situation stecke. Doch ich komme ebenso nicht drumherum, zu realisieren, dass ich das alles nur durchmachen musste, weil ich in irgendeiner Beziehung zu Derek stehe und Rider das ganz genau weiß...

Wie würde mein Leben aussehen, wenn ich Derek nie auf dem Korridor begegnet wäre? Wenn ich meine Neugierde unterdrückt hätte und ihm nicht gefolgt wäre? Wenn ich mich einfach von Anfang an von ihm fern gehalten hätte? Wäre ich besser dran als ich es jetzt bin? Oder wäre mein Leben noch viel leerer und trauriger, als es das zu Beginn war, als ich hier hergezogen bin?

Fragen über Fragen bauen sich in meinem Inneren auf und auf einmal bin ich mir nicht mehr sicher, was ich denken oder gar fühlen soll. Und als würden diese Zweifel allein nicht genügen, überkommt mich das ungute Gefühl, dass mir sagt, dass das hier erst der Anfang ist. Was ist, wenn Rider nicht vor hat, mich in Ruhe zu lassen? Was ist, wenn er das nächste mal wieder einen Menschen der mir nahe steht als Druckmittel gegen mich einsetzt?

Wenn diese Person ernst verletzt wird.

Noch mehr, als es Liv heute wurde...

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