Krieg oder Frieden?

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Hallo und willkommen zurück!


Nach einer Woche mit vielen Entschuldigungen und mal wieder Putzen des Tafelsilbers,
habe ich mir ein paar Seiten verdient, dachte ich mir. Und... hier sind sie, noch ganz frisch
aus der Feder des Großmeisters, welcher sich gerade auf den Weg zu einer Versammlung gemacht hat.


Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!


GLG eure Mrs. Shaytham Corway


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Kapitel 1


*** Krieg oder Frieden? ***



Also orderte ich einen Karren, welcher mich das Stück bis zu den Cormacs zum Fort bringen sollte. Es fühlte sich in meinem Knie an, als würden dort tausende von Nadeln stecken und das Gelenk sah ziemlich unnatürlich aus. Wir würden mal wieder völlig unangekündigt bei ihnen erscheinen und die Begeisterung wird sich sicherlich auch in Grenzen halten. Doch Benjamin war gerade nicht zugegen, ins Hospital wollte ich nicht und da ist es halt an Faith für mein Knie zu sorgen.

Dort angekommen brachte man mich in ihr Arbeitszimmer und sie bat mich, Platz zu nehmen. Aber ihr Blick war Alex gegenüber mehr als skeptisch und berechtigterweise wollte sie wissen, wie es zu diesem dicken Knie kam. Ich erläuterte es kurzerhand, dass ich wissen wollte, wie Alex sich in einem Kampf beweisen würde und man nun das Resultat direkt vor sich hatte. Als meine Verlobte sich jetzt noch bei mir entschuldigte, da musste ich auch zugeben, dass ich Angst hatte, sie würde ihre Klingen gegen mich einsetzen in dieser Rage vorhin.

„Bist du wahnsinnig, Haytham? Das könnte ich niemals tun!" kam es entsetzt von Alex. „Auch wenn mir der Gedanke kurzfristig kam, doch... es war dein Vater der mich auf die Idee mit der Faust brachte. Und... es tut mir wirklich leid. Mrs. Cormac, könnt ihr das behandeln? Ich würde Haytham schon gerne übermorgen an meiner Seite haben und zwar stehend." Meine kleine Schwester antwortete lediglich, sie würde es schon gerichtet bekommen, jedoch würden die nächsten Tage nicht ohne Schmerzen vergehen. Ein paar schmerzlindernde Dinge würde sie sicher auch noch für mich finden. Damit konnte ich leben.

Doch da kam mir der Gedanke, dass Faith meiner Verlobten noch Rede und Antwort stehen musste, wegen des Diebstahls auf der Jackdaw. Alex schien den gleichen Gedanken gehabt zu haben, denn mit einem Mal änderte sich ihr Verhalten Faith gegenüber und sie wurde eiskalt! „Mrs. Cormac, mir fällt da gerade etwas Interessantes ein, ihr könntet eurem großen Bruder ganz einfach mit dem von mir entwendeten Paracetamol helfen!" Damit hatte die Heilerin nicht gerechnet und sah ertappt drein, doch keine Spur von Reue oder einer Entschuldigung kam über ihre Lippen. Als sie jedoch anfing zu sprechen, wurde ihr so hart über den Mund gefahren, dass ich selber zusammenzuckte! „Und jetzt macht einfach, ihr habt eh alles schon notiert gehabt und ich wette, auch schon entsprechende Pläne für Spritzen im Kopf. Ich sag es gerne noch einmal, ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Und wenn ich einen Rat geben darf? Ihr landet so schneller auf dem Scheiterhaufen, als euch lieb ist. Wunderheiler sind nicht gerne gesehen hier! Aber das wisst ihr ja auch besser als ich! Und übrigens, euer Diebstahl kam mich teuer zu stehen! DAS nur mal am Rande erwähnt!"

Bei diesen Worten zitterte sie vor Wut und ich sah, wie sie sich selber zur Ruhe mahnte und dann, ohne etwas zu sagen, drehte sich meine Verlobte um und ging! Wir saßen da mit offenen Mündern, auch Faith wusste nicht, was sie tun sollte. Hilfesuchend sah sie zu mir. „Haytham, was war das gerade bitte? Und vor allem, woher soll ich wissen, wie viel ich von diesem... was war das, Paracetamol verabreichen muss! Deine Verlobte lässt uns einfach hier stehen ohne Erklärung!" Das war nicht ihr Ernst, oder? Sie erwartete doch jetzt bitte nicht, dass ich sie in Schutz nahm vor Alex. DAS hatte sie sich selber zuzuschreiben und das sagte ich Faith auch. „Natürlich stehst du auf ihrer Seite, das war so klar. Aber gut, ich muss dann wohl einfach testen. Halt einfach still, dann kann ich dich als Versuchskaninchen nutzen!" kam es in einem so mauligen Ton, der mich selber auch ziemlich wütend machte.

Nachdem sie mir diese Spritze verabreicht hatte, spürte ich tatsächlich eine dumpfe Erleichterung und der Schmerz ließ etwas nach. „Versuche das Knie noch zu kühlen und nicht zu stark zu belasten, Haytham!" mahnte sie mich in ihrer belehrenden Stimme als Heilerin. Ich würde mein bestes tun, versicherte ich noch, denn ich wollte Alex auf der Hochzeit beistehen.

In diesem Moment erschien Shay im Arbeitszimmer und sah mich besorgt an. „Master Kenway, eure Verlobte scheint irgend etwas zu planen. Sie sagte gerade nur, als ich sie auf ihren Gesichtsausdruck und ihre Unruhe ansprach, dass sie am liebsten einen Mord begehen würde und ging dann einfach aus dem Fort! Wohin weiß ich allerdings nicht, wisst ihr vielleicht, was Mrs. Frederickson meinte?" DAS wusste ich und sah missbilligend zu Faith! Diese sah betreten zu Boden, sollte ihr Mann ihr doch den Kopf waschen, ich erzählte dem Iren, was hier gerade vorgefallen war. Faith reichte mir noch einige Spritzen und die Fläschchen mit diesem Schmerzmittel und ich ließ mir eine Kutsche rufen. Ich musste Alex finden, bevor sie noch Dummheiten anstellte. Ich verließ die Cormacs ohne viele Worte, in mir drohte eine Wut auf alles und jeden über zu kochen und das wäre in dieser Situation gerade nicht von Vorteil.

Dem Kutscher teilte ich mit, was ich vorhatte und er fuhr langsam die Straßen ab und ich suchte mit meinem Adlerblick die Gegend ab, doch ich fand nicht einmal eine Spur von ihr, kein Schimmer oder ähnliches. So vergingen über zwei Stunden und resigniert und frustriert mit einer ungeheuren Wut im Bauch, fuhr ich zu mir nach Hause. Dort brachte mich Jones erst einmal in mein Arbeitszimmer und man brachte mir einen Hocker und kühle Tücher für das Knie. Eine Weile saß ich gedankenverloren hier und wartete.

In meinem Kopf spielten sich die schlimmsten Szenarien ab, dass Alex verhaftet wurde, weil sie irgend einen Bettler auf der Straße gelyncht hatte, oder dass sie einfach die Soldaten angriff, weil sie dumme Bemerkungen und Pfiffe von sich gaben. Mit meiner Hand versuchte ich diese Gedanken von meinem Gesicht zu wischen und dann hörte ich, wie die Tür leise ins Schloss fiel! Ich stand vorsichtig auf und hinkte zum Eingang und da stand meine Verlobte unschlüssig vor der Treppe. Als sie mich sah, kam kein einziges Wort von ihr, in ihren Augen lag ein unheimlicher Blick der mir Angst machte. Doch meine Wut auf ihr Verschwinden brach aus mir heraus und ich muss gestehen, das erste Mal maulte ich Alex lautstark an!

„Da bist du ja, ich habe nach dir gesucht! Wo in drei Teufels Namen warst du so lange? Ich habe mir Sorgen gemacht! Master Cormac sprach davon, dass du am liebsten einen Mord begehen würdest und dann kann ich dich nirgends finden. Zumal ich auch gerade nicht so gut zu Fuß bin, wie du sicherlich noch weißt!" Darauf bekam ich keine Regung, keine Antwort, keine Erklärung, nur diesen seltsamen Blick.

„Du bist einfach gegangen und hast es nicht für nötig gehalten, uns darüber aufzuklären, wozu man diese Medikamente noch nutzen kann. Aber ich hoffe, dass Faith das richtige genommen hat. Zumal ich jetzt endlich wissen will, was mit dir und Faith überhaupt los ist? Ihr könnt euch ganz normal unterhalten und in der nächsten Sekunde hat man Angst, ihr bringt euch gegenseitig um! WAS ist los mit euch beiden?" Ihre Augen wanderten über mein Gesicht, so als suche sie etwas, doch es kam kein einziger Ton über ihre Lippen. Ich ging weiter auf sie zu und befahl ihr, endlich etwas zu sagen, denn ich machte mir ernsthaft Sorgen. Als ich ihre Hände nahm, fühlten sie sich eiskalt an und erst dann nahm ich wahr, dass ihre Beine bis zur Hüfte nass waren, dafür hätte ich auch gerne Erklärung.

Bei ihren nächsten Worten darauf, dachte ich, ich hätte mich verhört! „Nein, ist mir nicht aufgefallen, als ich im See fast ertrunken wäre!" Ich war drauf und dran, Dr. Ambrosch rufen zu lassen, denn auch auf meine Frage, was vorgefallen wäre, bekam ich nur „Haytham, lass mich bitte erst einmal aus den nassen Sachen raus. Dann reden wir, ja?" zu hören und dass fast tonlos! Alex ging an mir vorbei die Treppe hoch, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen und ich schaute ihr kopfschüttelnd hinterher. Mrs. Wallace hatte das Gespräch mitbekommen und fragte ebenfalls besorgt, ob sie etwas tun könne. Doch ich verneinte, ich musste das erst einmal mit meiner Verlobten alleine klären. Langsam hinkte ich die Treppe hoch und brauchte eine gefühlte Ewigkeit dafür. Der Gedanke, dass ich noch einmal so eine Spritze bekam, war plötzlich mein größter Wunsch, die Schmerzen kamen langsam zurück.

Oben angekommen öffnete ich leise die Tür zum Schlafzimmer und Alex stand in einem Kleid und gemachten Haaren vor der Waschschüssel. Ich trat hinter sie, doch irgendetwas schien sie erschreckt zu haben und wich mit einem Satz zurück und prallte gegen mich. Doppelt erschrocken kam ein lauter Schrei von ihr und sie sah mich völlig benebelt an. Ich bekam es wirklich mit der Angst zu tun und umklammerte sie einfach und hielt sie fest. Langsam ging ich so mit ihr zum Bett, damit sie erstmal nicht umfallen konnte und dann fing sie vorsichtig an zu reden! Wieder fragte ich, was denn los sei.

„Haytham, ich weiß es nicht. Ich hatte euch nichts erklärt, weil Faith eh schon alles notiert haben wird! Sie ist nicht dumm. Doch als ich dort in ihrem Arbeitszimmer stand, kochte in mir eine böse Wut hoch, die mich aufzufressen drohte. Es war wie damals, als du besessen warst und dieses Wesen uns alle manipulierte. Sag mir bitte, dass ich nicht verrückt werde, ich fühle mich überhaupt nicht gut!" Ihr Kopf lag auf meiner Schulter und ich spürte ihr Zittern immer noch. Ich sprach Dr. Ambrosch an und hob ihr Kinn an, damit sie mich ansehen musste. Sie kniff die Augen vor Schmerzen zu und da fiel mir auch ein, dass auch Alex Blessuren aus dem Kampf davon getragen hatte und ich entschuldigte mich dafür.

„Ich brauche keinen Arzt, Haytham. Ich... brauche eigentlich nur genau DAS. Deine Arme und deine Nähe!" Diese Worte gingen mir gerade runter wie Öl und meine Wut verflog allmählich und wich dieser tiefen Zuneigung ihr gegenüber. „Ich stand an dem See, meine Beine hatten mich wie von alleine dorthin getragen, und diese ruhige Wasseroberfläche beruhigte mich. Dann hörte ich deinen Vater wieder, wie er mir sagte, dass ich diese Bilder schon öfter gesehen hatte von der sich unter mir auftuenden Hölle. Es sei eine Art Prophezeiung. Ich fragte Edward, warum er mir bei Faith nicht beistand und mir diese Ruhe gab. Doch das einzige was er meinte war, ich würde es bald selber herausfinden, ich müsse nur weiter an mir und meinen Mantren arbeiten."

Ich hielt meine Verlobte für einen Moment einfach nur fest und sagte nichts. Doch dann wurde mir klar, dass Vater eine ganz eigene Macht über Alex besaß, welche auch sie noch nicht verinnerlicht hatte. Er hatte aber recht und was den Rest angeht, ich könnte ihr dabei helfen, auch die Emotionen zu verbergen, damit sie unbehelligt bleiben kann. Bei jedem Wort wurde sie ruhiger und ich hatte das Gefühl, dass wir beide klarer denken konnten. Plötzlich meinte Alex völlig begeistert „Das ist eine großartige Idee! Aber zuerst würde ich gerne eine Kleinigkeit essen, ich merke gerade, dass ich Hunger habe. Vielleicht sollten wir Mrs. Wallace Bescheid geben?" Eine hervorragende Idee, wie ich fand und erhob mich langsam. „Wie geht es deinem Knie? Ich hoffe doch, es geht etwas besser?" kam es besorgt mit einer großen Portion schlechtem Gewissen von Alex.

Da es mit diesen Schmerzmittel wirklich nicht so schlimm war, konnte ich sie ein wenig beruhigen. Ich fand, es wären kleine Wundermittel. In diesem Zuge, verabreichte sie mir noch einmal eine Dosis, aber ich sah, diese war geringer als die von Faith. „Ja, das sind sie! Aber nicht zu viel verabreicht bekommen oder einnehmen, sonst liegst du schneller unterm Tisch, als du Aua sagen kannst!"

Wir gingen zusammen hinunter und meine Haushälterin hatte anscheinend nur auf uns gewartet. Sie schob uns ins Esszimmer und man trug das verspätete Mittagessen auf, eine meiner Lieblingsspeisen. Hase, diesen hatte ich sogar selber geschossen. Doch aus den Augenwinkeln sah ich, dass Alex zögerte und versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Sie schien dieses Gericht nicht zu mögen, oder lag es an dem Tier? Ich fragte aber nicht nach, ich konnte davon ausgehen, dass sie es mir noch selber erzählen würde.

Während des Essens kam mir der Gedanke, dass ich immer noch nicht ganz zufrieden mit dem Kleid für die Hochzeit bin. Denn irgendwie wurde es meiner Verlobten nicht gerecht und mir schwebte etwas anderes vor und in diesem Zuge fiel mir ein kleiner Laden vor der Stadt ein. Ich hatte viel gutes über die dortige Schneiderin gehört, auch dass die Kleider zur gehobenen Klasse gehörten. Erstaunt sah mich Alex an. „Aber ich habe doch ein Kleid." Ja, hatte sie, aber es war nicht gut genug für sie!

Auf meine Frage, ob sie ein wenig Zeit erübrigen könne, um noch einmal eines auszusuchen, bejahte sie es. „Oh, ich habe durchaus noch ein wenig Zeit übrig, zumal ich sie in so netter Gesellschaft verbringen werde!" meinte sie leise, sah zu mir auf und stellte sich auf die Zehenspitzen um mir einen doch sehr langen Kuss zu geben und meine Hände umfingen wie automatisch ihre Hüften. „Master Kenway, dazu ist sicherlich später noch Zeit, wir sollten aufbrechen, ehe es zu spät wird." raunte sie mir in mein Ohr. Oh, ich würde diese Frau sicherlich später noch an eine Entschädigung erinnern, mich einfach so hier stehen zulassen.

Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Die verlorenen Seiten - Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt