Es wird schwieriger!

12 3 0
                                    

Kapitel 24


„Es wirdschwieriger"



Wir machten uns zu Fußauf den Weg zum Fort George, Alex bat darum noch ein wenig von derStadt zu sehen, ehe sie übermorgen abreiste. Dieser Gedanke war nahe liegend, aber ich wollte ihn nicht wahrhaben und verdrängte ihnvorerst wieder erfolgreich.


Ich zeigte meinerVerlobten also noch ein paar Sehenswürdigkeiten und sie hingegenkommentierte es oft mit den Worten „Das sieht heute fast nochgenauso aus." Das klang jedes mal etwas seltsam, doch ich verstandwas sie meinte. Auch bekam ich die Erklärung, was es mit diesenVisionen von damals und den Häusern auf sich hatte. Alex sprachdavon, dass hier in New York zum Beispiel, in etwas über hundertJahren, ganz andere Gebäude errichtet werden würden. Eben dieseriesigen hohen Häuser, welche ich gesehene hatte. Wieder einmalwünschte ich mir, dass mit eigenen Augen in ihrer Zeit sehen zukönnen.


Sie hatte sich bei miruntergehakt, hing aber ihren eigenen Gedanken nach. Ab und zu, wennich zu ihr hinüber sah, schien sie zu grübeln, dann wieder stieg ihreine leichte Röte ins Gesicht. Ich muss vermutlich die ganze Zeitmit einem ziemlich dummen Grinsen herumgelaufen sein, es warfaszinierend zu sehen, wie die Gefühlswelt sich in ihrem Ausdruckwiderspiegelte. Doch ihre Gedanken hinsichtlich eines neuenAbschiedes konnte sie nicht verbergen und ich sprach sie einfachdarauf an. „Ich muss, Haytham. Je länger ich bleibe, umsolänger muss ich an meine Forschungen und alles andere hängen undwürde noch später erst wieder zu dir zurück können." Daswusste ich natürlich, trotzdem fiel es mir wahnsinnig schwer, dieseFrau loszulassen, mal wieder. Ich hatte es, wie schon gesagt, dieTage über verdrängt, jetzt wurde es aber konkret und ich wollte esnicht!„Mi amor, ich weiß nicht warum. Mir geht es ja genauso,immer wenn ich in deiner Nähe bin, ist mir alles egal und ichvergesse, wo ich gerade bin. Aber weißt du, was mich dieses maletwas aufmuntern wird, wenn ich gehe?"


In diesem Moment wurde esmir bewusst. „Ja, beim nächsten Mal gibt es keinen Abschied mehr!Also werde ich jetzt nur noch warten können?" fragte ich etwaszögerlich und ich legte meine Hand an ihre Wange. „Vorerst ja,aber nicht, dass du mir Dummheiten anstellst und ohne mich Abenteuererlebst!" erwähnte ich ihren Sarkasmus, der schon fast zurPerfektion ausgereift war? Doch dieser Satz bescherte mir ein Lächelnund ich hielt Alex fest. Natürlich würde ich jeden Schurken fürsie aufheben, damit wir das gemeinsam erledigen konnten. Was aberhatte diese Frau mit mir gemacht? Ohne sie hatte ich dieses Gefühlvon Leere und es war alles, es mag seltsam klingen, leblos. Mit denWorten, sie liebe mich und dass sie in meiner Gegenwart ebenso fühlt,gab sie mir einen langen Kuss.


Gegen Mittag machten wiruns langsam auf den Weg zurück zum Fort George, am Nachmittag wollteich ihr noch das Hospital zeigen, in welchem Faith tageweisearbeitete. „Ich habe ja nur unsere Krankenhäuser im Kopf. Es wäreschon interessant zu sehen, wie es in dieser Zeit ist!" meinte Alexneugierig. Nach dem Essen ging sie nach oben um sich umzuziehen, wasich durchaus begrüßte, denn dieser Ornat musste nun wirklich nichtsein. Kurz darauf kündigte man mir einen Besucher an und ich bat ihnin mein Arbeitszimmer. Es war Mr. Driftwood und eigentlich passte esmir gerade gar nicht, doch er war ziemlich aufgebracht.


In einigen Tagen solltesich eine kleinere Delegation von Abgesandten hier in New Yorktreffen, um die Belange der Kolonisten in geordnete Bahnen zu lenkenund diesem beginnenden Schwelbrand vorzubeugen. Man konnte spüren,dass sich immer mehr Unmut in den Köpfen der Menschen breitmachte,ihnen wurden unter anderem völlig absurde Steuern abverlangt, welchesie noch nicht einmal verstanden. Das werde ich jedoch hier nichtweiter ausführen, denn es würde zig Bände einnehmen. Doch meinemBesucher ging es auch um einige Teilnehmer, es würden zu wenige dereinfachen Bürger zugegen sein.

Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Die verlorenen Seiten - Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt