Gib mir Zeit, mich daran zu gewöhnen!

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Kapitel 19


*** Gib mir Zeit, michdaran zu gewöhnen! ***



Inder Kutsche angekommen, schien Alex regelrecht zu erwachen und ichbekam auch eine Erklärung dafür. „Ichbin erleichtert, ich habe meinen ersten offiziellen Abend mit dirhinter mich gebracht. Das ist doch eine kleine Anerkennung wert odernicht?"ich musste dabei grinsen, sie sah mich nämlich so erwartungsvoll an,dass ich sie einfach loben musste. Ich war wirklich stolz auf sie,denn Alex hatte fehlerfrei diesen Auftritt gemeistert, sogar ihrloses Mundwerk hatte nicht zugeschlagen!


Als wir endlich zuhauseankamen, war es bereits nach Mitternacht und auch mir tatenmittlerweile die Füße weh und ich freute mich auf bequemere Sachen,als meine Montur. Mrs. Wallace begrüßte uns wie gewohnt freudig unddann kam eine Frage von Alex, mit der ich weiß Gott nicht gerechnethatte. Warum Sybill noch auf war und auf uns wartete! MeineHaushälterin sah sie erstaunt an und erklärte einfach, dass es sichso gehörte. Man warte bis der Hausherr wieder zugegen war und wartedann auf eventuelle Wünsche oder eben, dass man für den Abendentlassen war.


Meine Verlobte sah michfragend an und ich erinnerte sie daran, dass sie es doch selber nochwissen musste. Schließlich war sie in einer ähnlichen Anstellung,auch wenn es nur kurz war. Als sie jetzt Sybill für die Nachtentließ, mit einem freundlichen jedoch auch bestimmenden Ton, konnteich mir einen gewissen Stolz nicht verkneifen. Sie lernte schnell,auch wenn es noch eine Weile dauern würde, bis alles sitzt.


Obenim Schlafzimmer half ich meiner Verlobten aus dem Kleid, doch mirging die Frage durch den Kopf, warum es so schwer für sie sei, Hilfezuzulassen, von Menschen die ihr ja nur das Leben erleichternwollten. Auch versuchte ich ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen, ichwusste das hatte sie. Meine Angestellten bekamen guten Lohn undhatten freie Tage und bei Krankheit, war derjenige ebenfallsentschuldigt. „Dasweiß ich Haytham. Doch... es fällt mir schwer und ich brauche Zeit,um mich daran zu gewöhnen. Normalerweise mache ich alles alleine.Abwasch, Wäsche, Kochen, Aufräumen, Kindererziehung... ich bin meineigener Chef wenn du es so willst. Ich kenne es nicht anders."langsam ließ sie sich bei diesen Worten aufs Bett sinken und inihren Augen lag eine gewisse Sehnsucht nach ihrem Sohn.


Wirklich nehmen konnteich ihr diese Verlustängste nicht. Doch sie war eine gute Mutter unddas würde Yannick auch wissen. Alex musste nur lernen jetztloszulassen und etwas anderes anzunehmen, auch wenn es schwer fällt.Ich versuchte es meiner Verlobten weiter zu erklären, mit Argumentenund Beispielen, an ihrer Haltung sah ich, dass sie keinerleiGegenargumente mehr hatte. Als meine Verlobte mich bat, dass ich ihrdafür einfach Zeit lassen solle, stimmte ich ihr zu, auch wenn esfür mich schwer wurde, weil ich es umgekehrt nicht anders kannte.


Haytham,darf ich dich etwas fragen? Bezüglich deiner Kindermädchen und ichweiß um die Geschichte mit Digweed und Betty, wenn du es wissenwillst. Aber war es für dich nicht seltsam oder eigenartig, dassdeine Eltern sich nicht direkt um dich gekümmert haben? Versteh michbitte nicht falsch, aber das frage ich mich schon seit langem."Auch so eine Frage, welche für mich einfach schwer zu erklären war.Es war ja für mich damals völlig selbstverständlich und auchnormal, da wiederhole ich mich. Doch mir dämmerte, worauf Alexansprach. Wenn meine Eltern doch Angestellte hatten und Zeit hatten,warum mussten dann Kindermädchen meine Erziehung mit übernehmen.


DieAufgaben meiner Mutter entzogen sich meiner Kenntnis leider und Vaterhatte halt geschäftlich viel zu tun und mittlerweile wusste ichauch, warum er oft tagelang und wochenlang nicht zuhause war. Etwasfrustriert saß ich jetzt neben ihr und hatte meinerseits keinrichtiges Argument im Moment. „Miamor, ich wollte dich nicht ärgern. Aber genau das ist es doch.Warum soll ich mir Arbeiten abnehmen lassen, wenn ich doch Zeit dazuhätte. Und ich kann dir versichern, dass ich es genossen habe,Yannick aufwachsen zu sehen. Ich fand jeden Moment mit ihm großartigund konnte sehen, wie er mit jedem Tag wuchs und sich entwickelte.Und ich weiß, Tessa war genauso!"Manchmal konnte diese Frau sehr direkt sein, es klang nämlichplötzlich, als würde sie meine Erziehung in Frage stellen! „Nein,das meinte ich damit nicht, aber... Haytham... ich bin keineAngestellten oder Diener gewöhnt. Es ist mir unangenehm! Ich gebeungerne meine Arbeiten ab, ich mache lieber selber Fehler! DeineErziehung hat damit nichts zu tun... auch wenn ich ... Bei Odin... duwarst halt einfach verwöhnt ... und hast mich zur Weißglutgetrieben!" kames jetzt leicht grinsend von Alex.


Wiederkam mir dieser Gedanke, dass es seltsam war, dass SIE mich so langekannte und ich fühlte es auch in mir, aber ich hatte kein Bild vonihr in meinem Kopf. Als ich sagte, dass ich mich aber gerne erinnernwollen würde, sah ich ihr bittend in die Augen. „Aberwas soll ich denn machen, ich kann dich schlecht in deineVergangenheit schicken, oder?"Doch das konnte sie, aber ich wusste auch, dass so eine Reisesicherlich zu Risikobehaftet war. „Haytham,vertrau mir einfach. Deine Erinnerung wird sicherlich zurückkommen.Da bin ich von überzeugt. Auf der anderen Seite, du musst dich janicht an mich erinnern, denn... irgendwie wäre es schon eineseltsame Konstellation dann, oder? Ich bin zwar immer noch älter alsdu, aber..."ihr Lächeln versöhnte mich wieder und ich teilte ihr mit, dass mirunser Altersunterschied durchaus gelegen kam.


Ich erhob mich, ich hatteden ganzen Tag über daran gedacht, was ich mit dieser Frau anstellenwollte und als ich jetzt so auf sie hinuntersah, kam einerschrockenes „Haytham, was hast du vor?" aus ihrem Mund.Mit einer Hand zog ich sie hoch und befreite uns beide von denletzten Kleidungsstücken, während ich ihre Lippen mit Küssenbedeckten.


Sie zerfloss innerlichschon wieder, was mich zufrieden stimmte und ich sie einfach nehmenkonnte. Es war wieder wie ein Rausch, denn es hatten sich so vieleGefühle in den letzten Stunden angestaut, dass ich nur sehr schweran mich halten konnte. Doch ich wollte sehen und fühlen, wie sie kamund wollte diese Momente festhalten. Alex ließ wieder zu, dass ichsie führte und ich genoss diese Hingabe. Als sie selig lächelndspäter zu mir auf sah, konnte ich ihn ihren Augen diese Erkenntnissehen, dass sie sich richtig entschied, ganz zu mir zu kommen. Mitdiesem wohligen Gedanken, dass es geschehen wird, nicht bald, aber eswird passieren, schlief ich ein.



*************



Ich wurde von einemZittern neben mir geweckt und instinktiv zog ich die Decke weiterüber uns. Auf meine Frage, ob Alex fror bekam ich aber eine andereAntwort. „Es ist alles in Ordnung, doch ich hatte nur... also...ach verdammt...!" und damit hatte sie meine flache Hand aufihrem Po, diese lose Zunge sollte Alex dringend zügeln, doch einGrinsen konnte ich mir nicht verkneifen. „Es ist zu früh fürBelehrungen, mi amor. Lass mich noch ein wenig schlafen!" Ach,wer hat mich denn geweckt? Also konnten wir auch diesen trübenMorgen etwas verjagen und ich zog Alex auf mich und sie fragte nur,wie sie es wieder gut machen konnte, mich aus dem Schlaf geholt zuhaben. Doch sie spürte bereits, WIE sie mich besänftigen konnte undwir ließen uns einfach treiben!


Ich schlang wieder meineArme um meine Verlobte und langsam kamen wir wieder zu Atem. Dannstahl sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht und ich musste einfachnachfragen, meine Neugierde war dann doch zu groß. Und ich hätte esmir denken können, sie hatte an den morgigen Kampf mit Faith gedachtund wieder einmal fragte ich, ob dass wirklich von Nöten sei! „JA,es muss sein, denn sonst wirst du die nächsten Jahrhunderteheimgesucht werden, Master Kenway!" Mit einer Handbewegungwollte ich sie schon von mir scheuchen, damit wir ihr eineordentliche Montur beschafften, doch sie blieb standhaft. „Was?Nein... ich habe eine und... noch brauche ich sie!" kam es nurentrüstet und ihr Kuss brachte mich dazu, es dabei zu belassen undwir verbrachten noch eine ganze Weile hier im Schlafzimmer!



Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Die verlorenen Seiten - Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt