13 • regrets

387 39 5
                                    

Ich wusste nicht, wie lange ich nun schon auf meinem Bett lag und nichts anderes tat als gedankenverloren an die Decke über mir zu starren. Ein paar Stunden mussten es mittlerweile definitiv sein.

Die Anderen waren wie erwartet enttäuscht gewesen, als ich noch gestern Abend in den Gruppenchat schrieb, um ihnen mitzuteilen, das mit der Party hätte sich nun doch für mich erledigt.

Es war einfach eine Kurzschlussreaktion, die ich gestern in diesem bescheuerten Gespräch mit Jaehyun getroffen hatte.
Er hatte mich mal wieder so aufgeregt, dass mir am Ende jegliche Lust und Laune daran vergangen war, ihn heute noch einmal sehen zu müssen.
Außerdem hatte ich gestern, wenn ich zu mir selbst ehrlich war, den Eindruck gehabt, er hätte es verdient gehabt, so etwas von mir an den Kopf geworfen zu bekommen. Gesagt zu bekommen, dass ich ihn einfach nicht ausstehen konnte und dass er endlich aufhören sollte, von etwas Anderem auszugehen.

Doch nun lag ich hier, zu Tode gelangweilt und gleichzeitig von Schuldgefühlen geplagt, mich auf nichts Weiteres konzentrieren könnend.

Dummerweise fühlte ich mich nicht schlecht, weil ich meinen Freunden absagen musste, sondern tatsächlich weil ich Jung Jaehyun nicht mehr aus meinem Kopf bekam. Er war der Grund dafür, wieso ich meine gestrige Entscheidung bereute.

Immer wieder spielten sich die letzten Sekunden unseres Streits ab, die Art und Weise, wie er plötzlich aufgehört hatte, mich mit diesem Vorwurf in seinen Augen anzusehen und wie er sich meine Hassrede gegen ihn einfach so gefallen lassen hatte. Er hatte nicht einmal gekontert, stattdessen blickte er mich an mit diesem Blick, der fast schon verletzt aussah, bevor er mich einfach stehenlassen hatte.

Ich drehte mich auf die Seite und gab ein verzweifeltes Seufzen von mir: "Wieso juckt mich das überhaupt?"

Vielleicht hatte ich überreagiert. Vielleicht hatte Jaehyun Recht.
Vielleicht war ich das eigentliche Arschloch von uns beiden.

Der neue Schüler hatte in der bisherigen Zeit zwar nicht den besten Eindruck bei mir hinterlassen, doch je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir bewusst, dass ich derjenige von uns war, der den Anderen am meisten verurteilte und von sich wies.
Damit hatte ich bereits in der Sekunde angefangen, als er mir auf dem Flur seine Hilfe anbot und ich ihn aggressiv abwies.

Selbst gestern meinte er, nur normal mit mir reden zu wollen. Ich war abweisend zu ihm, und trotzdem wollte er mich nach der Party fragen. Und wie reagierte ich? Ich warf ihm die größte Scheiße an den Kopf und kränkte ihn damit sichtlich, während er Derartiges nie absichtlich mir gegenüber getan hatte.

Dabei hatte ich gestern vermutlich eigentlich das erreicht, was ich wollte.
Jaehyun schien, kurz bevor er gegangen war, als würde er meine Aufforderung einfach hingenommen haben. Er wirkte, als hätten meine vielleicht etwas zu hart gewählten Worte ihn so aus der Fassung gebracht, dass er mich in Zukunft vielleicht wirklich in Ruhe lassen würde.

Doch auf diese Weise wollte ich es nun doch nicht. Ich fühlte mich schuldig, auch wenn ich es mir nur schwer eingestehen wollte. Es war so. Ich wollte Jaehyun sagen, dass ich wusste, dass ich übertrieben hatte. Dass es mir möglicherweise sogar leid tat.

Ich seufzte genervt von mir selbst und setzte mich auf. Mal wieder hatte ich mich wie der größte Idiot aufgeführt, bei einem Menschen, der es vermutlich nur gut meinte. Leider hatte ich es auch diesmal wieder viel zu spät gemerkt.

Plötzlich runzelte ich die Stirn und überlegte. Ich griff nach meinem Handy, welches noch auf meinem Nachttisch gelegen hatte und warf einen Blick auf die Uhrzeit. 22 Uhr. Sollte ich..

"Scheiß drauf" flüsterte ich vor mich hin und wählte Marks Kontakt, um ihn kurz darauf einfach anzurufen.

"Tae~, fassst wär' ich ja nich' rangegangen nach deiner 31er-Aktion, aaaber weil du's bist, Bro, was gibt's?" lallte es durch den Lautsprecher, während ich nur lächelnd mit den Augen rollte. Der Typ war jetzt schon durch.

"Wie ich höre, seid ihr schon bei Donghyun?" sprach ich und versuchte, die Stimme meines Kumpels irgendwie aus der lauten Musik und den unzähligen  Stimmen herauszufiltern, die ich während des Anrufs zu hören bekam. "Jaaa, das sin' wir, zu schade dass du nich' hier bis' Taeyongie~" - "Ist Jaehyun da?" fragte ich schließlich einfach gerade heraus und sah konzentriert nach vorne.

Vielleicht konnte ich es noch geradebiegen.

"Huch? Seit wann juckt dich denn unser Jaehyunnie?" Mark gluckste hörbar verwundert, doch ich fuhr mir nur aufgebracht durch die Haare: "Jetzt sag' schon, ist er da?"

"Öh, joa, der is' hier, hab' ich geraaade noch irgendwo gesehen, aber wa-"

Das war alles, was ich hören wollte.

Sofort sprang ich vom Bett, griff nach meinen Schuhen und zog diese an, während ich mein Handy zwischen Schulter und Ohr einklemmte.

"Alles klar, ich bin unterwegs, danke dir, Mark!" - "Yoo, das heiß' du komms' doch? Taeyongiee, ich freu mich so~"

Ich beschloss, nicht noch mehr Zeit zu vergeuden und legte auf, wonach ich in schnellen Schritten auf meinen Kleiderschrank zuging, nur um nach der  nächstbesten Jeansjacke zu greifen und sie mir mit einer Hand über die Schulter zu werfen.

Ich warf einen schnellen Blick in den Spiegel und betrachtete mein Outfit, welches lediglich aus einem weißen, übergroßen Shirt sowie einer Adidas-Jogginghose bestand und schüttelte dann leicht den Kopf. Ich sah zwar nicht wirklich jemandem ähnlich, der gleich auf eine Hausparty spazieren würde, auf der der ganze Jahrgang anwesend wäre, doch das gerade war eine Spontanentscheidung.

Das war ich Jaehyun nun einmal schuldig, egal wie unsympathisch er mir in den letzten Tagen schien, was für dumme Sprüche er gelassen hatte. Ich hatte mich scheiße verhalten und sein verletzter Blick ließ mir kaum noch Ruhe.

Ich wuschelte also nur ein letztes Mal durch meine dunkelbraunen Haare und huschte aus meinem Zimmer, die Treppe runter, in der Hoffnung, Eomma würde mich nicht bemerken, was sie zum Glück auch nicht tat. Ich konnte mich also unbemerkt aus dem Haus schleichen und ging in schnellen Schritten die Straße hinunter.

Ich konnte mir selbst nicht erklären, wieso ich mir in letzter Sekunde solche Umstände machte, wegen einem eigentlich so unbedeutenden Menschen wie Jaehyun, dem ich ursprünglich so wenig Aufmerksamkeit wie möglich schenken wollte.

Generell hielten Schuldgefühle sich bei mir in Grenzen, wenn es um Menschen ging, die ich kaum kannte. Schon so oft hatte ich Leute von mir gestoßen, die etwas von mir wollten, und nie hatte ich mich groß darum geschert.

Doch das war jetzt für's Erste unwichtig.
Es nervte mich fast schon, dass mir die gestrige Situation nicht aus dem Kopf ging.

Vermutlich tat ich das hier sowieso eher für mich und um mein eigenes Gewissen zu bereinigen, als um irgendetwas für Jaehyun zutun.

Nur jetzt, nur dieses Mal, musste ich meinen Verstand ausschalten und damit aufhören, die Sache einhundert Mal zu überdenken.

Ich beschleunigte also meinen Gang und machte mich innerlich bereits dafür bereit, die nächste halbe Stunde kreuz und quer durch die Nachbarschaft bis zu Donghyuns Haus zu laufen.

__________________________________

kleiner Lückenfüller-Monolog bevor es richtig losgeeehtttt guys

trust issues - jaeyongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt