Kapitel 52

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Schnaufend versuchte ich mich einigermaßen auf den Beinen zu halten, dabei schien ich jedoch der einzige zu sein dem es so erging. Dima und Nicolay liefen mittlerweile vor mir völlig unbeschwert, während ich schwitzend hinter ihnen hertrottete. Die beiden Männer waren ganz in ihrem Element, Augenverdrehend joggte ich zu ihnen und hinderte die Zwei beim Weitergehen. „Ich kann nicht mehr...und ich habe keine Lust mehr! Ich bin müde, hungrig und wütend!" Meine Gegenüber grinsten. Ich stellte fest, dass beide Männer das gleiche schelmische Grinsen hatten. Ich machte ein böses Gesicht und verschränkte trotzig die Arme. „Was ist denn, wieso schaut ihr mich so an?" fragte ich. „Weil du süß bist." Nicolay warf seinem Bruder nach diesem Satz einen vernichtenden Blick zu und zog mich in seine Arme, um noch einmal zu demonstrieren, dass ich ihm gehörte. Ich schüttelte meinen Kopf. „Komm schon, du hast doch das gleiche gedacht!" verteidigte sich Dima. „Ja, habe ich, trotzdem machst du dich an meinen Freund an." Genervt drückte ich mich weg und setzte mich demonstrativ auf den Boden. „Ich gehe jedenfalls nicht weiter!" Ich bekam nur ein Schulterzucken als Antwort, was mich grimmig werden ließ. „Du wolltest doch noch am nächsten Tag ankommen, oder nicht? Und jetzt bist du böse auf uns, obwohl du das so wolltest." Feinselig schaute ich zu dem Dunkelhaarigen. „Verspotte mich nicht Nicolay! Ich will ja nichts sagen, aber ich erinnere dich mal daran, dass ich nicht derjenige war,dem wie das alles hier zu verdanken haben." Er grummelte nur. Ich lehnte mich nach hinten und legte meinen Kopf auf das kalte Gestein. „Weckt mich in einer Viertelstunde..." Damit döste ich langsam ein, wurde aber nach kurzer Zeit wieder geweckt. Ich wollte zwar weiter schlafen, dennoch trieb ich mich selbst dazu, es nicht zu tun und aufzubleiben. Ewig liefen wir durch die Dunkelheit, durch Wälder und über Felder. Schwer atmend kämpften wir gegen einen steilen Anstieg. 

 Auf dem höchsten Punkt des Berges hatte man einen traumhaften Ausblick auf das Tal, ein kleines Dorf mit schiefen Häuschen lag in diesem. Schon von weitem sah ich das Haus meiner Mutter, in dem ich auch gewohnt hatte. Ich lächelte traurig, fasste mich aber wieder und schaute zu den beiden Brüdern hoch. „Wir sind da, kommt!" Mit einer Geste wies ich sie an mir zu folgen. Vorsichtig tasteten wir uns den steilen Abhang hinunter, um nicht auszurutschen. Nachdem wir alle unbeschadet unten angekommen waren, setzten wir unseren Weg fort durch das kleine verschlafene Örtchen. Nichts hatte sich verändert, alles sah noch genauso aus, wie früher, als ich es verlassen hatte. Es gab immer noch keine geteerten Straßen, nur lange verwinkelte Schotterwege. Die Dächer waren aus Stroh und Blumen rankten über die Zäune der Vorgärten. Insgesamt war das Erscheinungsbild altmodisch, aber gleichzeitig liebevoll und verwunschen. Ich blieb kurz vor einem dieser Häuser stehen. Die Fensterläden waren geschlossen, die Fenstersimse mit Blumenkästen verziert. Leichtes Flackern kamen durch die Ritzen der Fensterläden hindurch, wahrscheinlich war meine Mutter wieder vor dem Fernseher eingeschlafen. Eine Hand legte sich auf meine Schulter und holte mich aus meinen Gedanken. „Wir sollten weitergehen, oder nicht?" fragte Nicolay einfühlsam. Ich nickte schnell und führte unsere Gruppe dann zu einem weiteren Berg, welcher jedoch felsiger war, als der andere. Ich kletterte voran, stoppte bei der Hälfte und krabbelte dann in eine enge Felsspalte. Ich wartete, bis die anderen beiden auch angekommen waren und quetschte mich dann weiter durch den engen Gang. Dima reichte mir nach Aufforderung die Taschenlampe. Der schwache Lichtkegel erhellte die Steinhöhle nur dürftig. Wenig später wurde aus dem schmalen Spalte ein großer Raum. „Da habe ich sie gefunden." Die Blicke folgten meinem Finger in die eine Richtung. „Na dann...lass uns mal genauer hinschauen..." sagte Dima und ging an mir vorbei. 

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