Steve
Es stellte sich heraus, dass die Kerze wohl verzaubert war, weil sie nicht hinunterbrannte. Es wäre die einzige Möglichkeit gewesen, irgendwie die Zeit auszumachen, aber selbst das hatten sie mir genommen. Alle paar Stunden brachten sie mir etwas zu essen und brachten mich zu einem dreckigen Badezimmer, indem ich aufs Klo gehen und mich duschen sollte. Doch es war in unregelmäßigen Abständen, die ich nicht abschätzen konnte. Also verlor ich sehr schnell mein Zeitgefühl. Allein mit meinen Gedanken, probierte ich mich nicht zu sehr auf das Kommende zu konzentrieren, sondern eher das Vergangene zu erklären. Und mir fielen einige Sachen auf.
Bucky hatte gesagt, dass Pierce einen Illusionstrank gebraut und in die Getränke gemischt hatte. Und in der Nacht als Stephen, Tony und ich nach draußen geschlichen waren, war Tony zusammengezuckt, weil er das Brüllen von Hydra gehört hatte, jedoch hatten Stephen und ich nichts der gleichen gehört. An diesem Abend hatte ich nichts beim Abendessen gegessen, da war ich mir sicher, deshalb hörte ich das Brüllen nicht. Bei Stephen war ich mir zunächst nicht sicher, bis mir einfiel, dass er einmal erwähnte, dass er den Zauber "Okklumentik" auf sich selbst angewandt hatte, der ihn vor jeglichen Gedanken-Kontroll-Flüchen schützte. Aber wenn das so war, hätte er dann nicht die wahre Gestalt von Hydra während dem Weihnachts-Disaster sehen müssen? War es vielleicht gar kein Zufall gewesen, dass ein Stein ihn beinahe erschlagen hätte? Und da Hydra ja im Endeffekt nur die von Pierce kontrollierten Shield-Agenten war, könnte es sein, dass sie ihn dann gezielt umbringen wollten? Mir drehte sich beim Gedanken daran der Magen um. Aber ich hatte ihn gerettet und danach war es Bucky, der uns beide gerettet hatte. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was für Qualen er deswegen durchmachen musste.
Oder auch das eine Mal als Stephen, Tony und ich in die verbotene Abteilung gegangen waren, um das Buch über Hydra zu suchen. Als ich die Bücher durchgesehen hatte, war bei denen, die mit Formen- und Gestaltenwandlung zu tun hatten eine Lücke gewesen, in der noch kein Staub lag. Also musste jemand vor Kurzem ein Buch dort genommen haben. Damals hatte ich mir noch nicht viele Gedanken darüber gemacht, aber jetzt, nachdem ich darüber nachdachte und weiß, dass Pierce einen Trank für die Animagus-Verwandlung gebraut hatte, war ich mir beinahe sicher, dass der Professor sich dort ein Buch für das Rezept des Trankes genommen hatte. Natürlich war es weit hergeholt, aber dennoch sehr wahrscheinlich.
Alles fügte sich so mühelos zusammen, dass ich mich selbst wunderte, wieso ich nicht schon viel früher darauf gekommen war. Aber dann ermahnte ich mich immer wieder, mich zu erinnern, dass ich auch nur ein Mensch war. Richtig. Ich war nur ein Mensch. Ich war nicht perfekt und das war gut so. Aber wenn du besser gewesen wärst, dann hätten Bucky und die anderen niemals so leiden müssen, meinte eine Stimme in meinen Kopf, die ich versuchte zu ignorieren. Neben meinem Zeitgefühl hier in dieser Zelle, verlor ich langsam aber sicher auch meinen Verstand. Ich konnte mittlerweile nicht einmal mehr sagen, ob ich bisher Tage oder vielleicht sogar schon Wochen in dieser Dunkelheit verweilte. Meine größte Angst war es, dass ich irgendwann hier rauskomme und es sich herausstellt, dass all meine Freunde und Familie getötet worden waren. Oder ob ich überhaupt jemals hier rauskomme. Es gab keine Möglichkeit zur Flucht und keine Möglichkeit irgendwie herauszufinden, wie es den anderen ging.
Sie sind alle tot. "Halts Maul", murmelte ich wütend und lehnte mich gegen die vertraute, kalte Wand. Das Gefühl von Kälte gab mir den einzigen Bezug zur Realität.
Irgendwann aber bemerkte ich einen Schatten, der am Boden vorbeihuschte. Ich setzte mich aufrecht hin und fragte mich, ob das nur Einbildung war. Bekam ich Halluzinationen? Da sah ich wie eine Schlange in den Schein des Kerzenlichts schlängelte. Sie war recht klein, vielleicht einen halben Meter und hatte grünliche Schuppen. Ist sie real? Oder ist das nur ein Hirngespinst? Es war verrückt, dass ich mir überhaupt solche Fragen stellen musste.
Da hob die Schlange ihren Kopf und sah mir direkt in die Augen. Ich zuckte etwas zurück. Ich kannte diese Augen... Plötzlich verwandelte sich die Schlange und binnen weniger Herzschläge stand Loki vor mir. Nein... das kann nicht sein... ich muss mir das einbilden! Er ging auf mich zu, doch ich wich weiter zurück und presste mich gegen die Wand. "Halt!", rief ich, meine Stimme brach. "Woher weiß ich, dass du keine Einbildung bist!?" Loki legte sanft seine Hand auf meine Schulter. Sie fühlte sich warm an. Ich entspannte mich etwas, war aber immer noch misstrauisch und kampfbereit. "Wie bist du-“, setzte ich an. "Ja, ich bin ein Animagus“, beantwortete er meine Frage, bevor ich sie vollendet hatte. "Das ist der Grund, warum ich so schnell verschwinden kann. So bin ich auch dem Zauberministerium ausgekommen. Aber hör zu, hier geht es nicht um mich. Ich hab mitgehört, dass Pierce Hogwarts angreifen will. Mit einer Zauberermeute. Ich war mir nicht sicher wann, aber jetzt bin ich mir fast sicher: das Finale der Quidditch-Schulmeisterschaft morgen.“ Ich war vollkommen überfordert. "Da-das Finale ist schon morgen? Ich war also hier unten für... sechs-“ "Ja, sechs Wochen.“ Ich wusste nicht, ob ich über die Erkenntnis erfreut oder traurig sein sollte. Es war schon lange aber bei meinem kaputten Zeitgefühl hätte es auch ein paar Monate sein können...
"Wie geht es Bucky und den anderen?“, fragte ich. Loki runzelte die Stirn. "Von Bucky hat niemand etwas gehört.“ Er schüttelte traurig den Kopf. Bevor ich mir noch mehr Gedanken machen konnte, sprach er schnell weiter. "Die anderen machen sich alle Sorgen um dich. Wanda hat den anderen erzählt, was du ihr damals schnell zugeflüstert hast. Aber sie wissen kaum, was sie damit anfangen sollen.“ "Und du hast ihnen nicht geholfen?“, meinte ich etwas schnippisch. Wie konnte er sie bloß so alleine lassen, obwohl er doch über alles Bescheid wusste? Ich spürte wie langsam die Wut in mir aufkochte. Auch der Schwarzhaarige bemerkte das und zog sich etwas zurück, außer Reichweite meiner Faust. "Steve, du kennst die Regeln. Ich darf nicht zu sehr eingreifen, ansonsten ist die Zukunft in Ge-“ Ich sprang auf und wollte mich in blinder Wut auf ihn werfen, doch durch die Wochen hier im Kerker war ich geschwächt und Loki konnte meinem langsamen Schlag mühelos ausweichen. Doch mit einer Schnelligkeit, von der ich selbst überrascht war, schaffte ich es Loki an den Schultern zu packen und gegen die Wand zu drücken. "Hör verdammt nochmal damit auf, so zu tun, als wüsstest du alles und als würde dir all das hier vollkommen am Arsch vorbeigehen!“ Ich zitterte vor Wut, Schweißperlen standen auf meiner Stirn. "Hast du jemals in deinem Leben etwas gemacht, dass du aus eigener Überzeugung getan hast?!“, schrie ich ihm ins Gesicht. Auch Loki konnte sich nicht mehr zurückhalten. "Verdammt, das tu' ich doch gerade!“, brüllte er mir mit schmerzerfüllter Stimme entgegen. Ich zuckte überrascht zurück und ließ ihn los. Mit einem Mal fühlte ich mich komplett leer und ich sank kraftlos auf die Knie. Ich seufzte geräuschvoll, presste die Zähne zusammen und bemühte mich meine Schluchzen zu unterdrücken.
"Vergiss bitte nicht, dass auch du nur ein Mensch bist, kannst du mir das versprechen?“, fragte Loki überraschend sanft. Ich antwortete nicht, sondern versuchte einfach nur mit meinen Gefühlen, die in mir tobten klarzukommen. "Und du bist auch nicht alleine, hörst du?“ Er machte eine Pause. "Zu deinem eigenen Schutz solltest du nicht in Hogwarts rumlaufen. Nimm das hier.“ Er ließ ein kleines dunkles Säckchen vor meine Knie fallen. „Wenn du auf eine Beere davon draufbeißt kannst du dich an eine beliebige Stelle deiner Wahl teleportieren. Verschwende sie nicht... und pass auf dich auf, okay?“ Obwohl ich ihn nicht ansah, wusste ich dass er beim letzten Teil lächelte. Er würde jetzt gehen. Sag etwas! Na los!
„Danke“, war das einzige, was ich hervorbrachte. Doch ich bekam keine Antwort. Als ich den Kopf hob und mich in der kleinen Zelle umsah, erkannte ich, dass ich wieder einmal alleine war. Und nur das kleine Säckchen vor meinen Füßen zeugte von dem, dass das all hier keine Illusion meines zerbrochenen Geistes war.
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Die Avengers in Hogwarts [Avengers x Harry Potter Crossover]
FanfictionDas vierte Jahr in Hogwarts bricht für Steve, Tony und die anderen an und natürlich gibt es Probleme: Hausaufgaben, Aufsätze und Prüfungen. Doch ahnen sie nicht, dass eine viel größere Bedrohung, nur einen Steinwurf entfernt, im Verbotenen Wald, dar...