Steve
Bucky war -wie ich- auf dem Weg der Besserung. Ich besuchte ihn sooft Dr Cho es erlaubte. Ich half ihm bei seinen Übungen mit seiner Prothese. Die Zeit drängte, denn -entgegen des Rates von Dr Cho- wollte Bucky mit dem nächsten Zug nach Hause fahren, was schon in drei Tagen war. Bis dahin musste Bucky weit genug mit seinem neuen Arm üben, um alleine klarzukommen. Außerdem erfuhr ich, dass ein gewisser Doktor Zola den Zauber für die Prothese entwickelt hatte. Am Tag vor der Abreise wurden auch endlich Besucher zu Stephen vorgelassen.
Ich zog den Vorhang zu und setzte mich auf den Hocker vor Stephens Bett und bedachte ihn mit einem besorgten Blick. Seine Hände ruhten auf seiner Bettdecke, eingebunden in Mullbinden. "Ich bitte dich, so schlimm sieht es doch wohl auch nicht aus", meinte Stephen und strich sich eine Locke aus der Stirn. Mir fiel auf, dass seine Hände zitterten. "Stephen, deine Hände...", hauchte ich fassungslos. "Ja, sie zittern. Na und?", schnauzte er mich an. Ihm gefiel es offenbar nicht, verletztbar zu wirken. "Aber wie sollst du denn dann deine Zauber wirken?" Ich musste diese Frage stellen. "Ich weiß es nicht", seufzte Stephen und zum ersten Mal zeigte er seine verletzliche Seite und ich fühlte mich unendlich schuldig. Ich konnte mich zwar nicht mehr an alles erinnern, aber ich war mir sicher, dass ich abgelenkt wurde und Stephen nicht rechtzeitig aus Gefahr bringen konnte und seine Hände deshalb unter einen massigen Stein begraben wurden. Wegen mir war er in dieser Situation.
"Steve, ohne dich wäre ich tot. Mach dir keine Vorwürfe, bitte", sagte der Ravenclaw bittend. "Das weiß ich. Aber ich hätte mehr tun können", beharrte ich. "Aber auch weniger", meinte Stephen. "Du hättest mich einfach auf dem Boden liegen lassen können und fliehen. Aber du bist geblieben." Das stimmte. Irgendwie half mir das und ich fühlte mich besser. "Eigentlich bin ich gekommen, um dir Kraft zu geben und nicht umgekehrt", schmunzelte ich.
Dann kam der Tag der Abreise. Diesmal verließen alle Schüler Hogwarts, nicht ein Schüler blieb über die Weihnachtsferien dort. Diejenigen, deren Eltern keine Zeit über die Festtage hatten, waren bei Freunden untergekommen. Anstatt der fröhlichen, vorweihnachtlichen Stimmung, die beim Abschied am Bahnhof von Hogwarts normalerweise herrschte, war es heute ruhig. Kaum jemand sprach, die meisten schwiegen. Alle waren erschöpft und wollten einfach nur nach Hause.
Über die Zeit im Krankenflügel hatte ich den Eltern von Bucky immer wieder Briefe geschrieben und sie auf dem Laufenden gehalten. Buckys schwere Verletzung hatte ich nicht erwähnt. Nur das wir beide leicht verletzt wurden und beide auf dem Weg der Besserung waren. Meinen leiblichen Eltern hatte ich nur einen Brief geschickt, in dem stand, dass es mir gut ging und ich nicht verletzt wurde. Sie sollten sich keine Sorgen machen, wenn sie überhaupt an mich dachten.
Ich trug Bucky und mein Gepäck, einen Großteil ließen wir jedoch in Hogwarts. Mit seiner Hand aus Fleisch und Blut stützte sich Bucky an meiner Schulter ab. Er humpelte noch etwas und ich half ihm beim Einstieg in den Hogwarts Express.
Es hatten sich kleine Gruppen gebildet, die meisten Abteile im Zug waren leer und so setzten wir uns beide alleine in eines. Sofort ließ sich Bucky erschöpft stöhnend auf eines der Sitzpolster fallen. Unser Gepäck verstaute ich auf den Ablagen über den Sitzen.
Die meiste Zeit über sprachen wir nicht. Bucky sah abwesend aus dem Fenster, beobachtete die vorbeistreichende Landschaft. Er war noch immer bleich und hatte tiefe Augenringe. Die mittlerweile länger gewordenen Haare hatte er zu einem Zopf zusammengebunden, einige einzelne braune Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Seine Haltung, wie er seinen Kopf gegen das Fenster gelehnt hatte, die runterhängenden Schultern, ließen ihn sehr müde wirken. Ich musste ihn irgendwie aus Shield rausholen.
Nach einiger Zeit schlief Bucky ein. Ich legte mein Buch, in dem ich zuvor gelesen hatte, weg und holte aus einer unserer Taschen eine Decke und deckte ihn damit zu. Bucky seufzte müde und ich lächelte. Ich unterdrückte den Wunsch, ihm einer seiner Strähnen aus dem Gesicht zu streichen.
Die Fahrt würde noch ein paar Stunden dauern, also beschloss ich, etwas zu zeichnen. Ich holte meinen Zeichenblock und eine Feder hervor. Ich setzte meine Feder auf das Papier, brachte aber keinen Strich zustande. Fast krampfhaft überlegte ich, was ich zeichnen sollte. Aber mein Kopf war mit einem Mal so leer. Für einen kurzen Augenblick blitzte der tote Blick von Hydras Augen in meinem Geist auf und ich packte die Feder fester. Nein. Ich werde nicht daran denken. Ich ließ meinen Blick durch das Abteil schweifen auf der Suche nach Inspiration. Mein Blick blieb an dem schlafenden Bucky hängen. Warum nicht?, dachte ich noch, ehe ich anfing, Bucky zu zeichnen. Ohne jetzt anzugeben, ich war schon immer ein guter Künstler. Ich prägte mich jede Kleinigkeit von Bucky ein und versuchte sie aufs Papier zu bringen. Die einzelnen Strähnen, die ihm ins Gesicht fielen. Die kleinen Falten, wenn Bucky im Traum die Stirn runzelte. Einfach jedes kleine Detail.
Als wir in Kings Cross ankamen hatte es angefangen zu schneien. Ich weckte Bucky auf und er sah mich verschlafen an. "Wir sind da", sagte ich knapp und der Braunhaarige rieb sich die Augen. Bevor ich unser Gepäck wieder aufnahm, verstaute ich noch die Decke mit der ich Bucky zugedeckt hatte in einer der Taschen. Bucky wirkte etwas ausgeschlafener. Vielleicht auch weil es der erste Schlaf seit Langem außerhalb von Hogwarts war. Ich öffnete gerade die Tür zum Abteil, da hielt mich Bucky fest. "Ich... ich will nicht, d-dass meine Eltern von meiner... Prothese erfahren", sagte er und sah mir dabei nicht in die Augen. Ich wusste ehrlich gesagt nicht genau wie es eine Woche lang funktionieren sollte diesen Metallarm zu verbergen. Trotzdem lächelte ich Bucky schwach an. "Keine Sorge. Ich helf dir", versprach ich. Er hob den Kopf und sah mich dankbar an. Ich wartete bis Bucky seine Jacke angezogen hatte (ich hatte meine angezogen bevor ich ihn geweckt hatte) und Handschuhe anzog um seine Metallhand zu verbergen. "Okay. Gehen wir", meinte er und atmete noch einmal tief durch. "Ich steh' das mit dir durch", sagte ich noch ehe wir beide das Abteil und den Hogwarts Express verließen.
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Die Avengers in Hogwarts [Avengers x Harry Potter Crossover]
FanficDas vierte Jahr in Hogwarts bricht für Steve, Tony und die anderen an und natürlich gibt es Probleme: Hausaufgaben, Aufsätze und Prüfungen. Doch ahnen sie nicht, dass eine viel größere Bedrohung, nur einen Steinwurf entfernt, im Verbotenen Wald, dar...