Kapitel 15

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Steve

"Bringt die Schüler hier raus! Die Jüngeren folgen den Älteren!", übertönte Fury die Menge. Augenblicklich bildete sich ein Strom von Schüler, die sich zum Ausgang drängte. Thor, Sam und ich krochen unter dem Tisch hervor. Hydra zerschlug weitere Teile der Wand. Ihre riesigen schuppigen Klauen kratzten über den Felsen und rissen Stücke heraus. Ihre gigantische Pranke langte nach innen und versuchte, irgendjemanden zu erwischen. Während ich wie versteinert durch das immer größer werdende Loch starrte, bekam ich vage mit wie die Lehrer die Schüler in Sicherheit brachten. Das Loch war noch zu klein, deshalb konnte man nichts weiteres außer ihrer Pranke erkennen. Die Halle bebte.

Dann wurde mit einem Mal beinahe die komplette Seite mit einer gewaltigen Wucht weggerissen. Gesteinsbrocken fielen neben mir zu Boden. Wieder erklangen Schreie. Es war kurz nach Vollmond und der silberne Mondschein fiel auf ihre massige Gestalt. Ihr Anblick war grauenvoll. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich hatte Angst. Schreckliche Angst, aber irgendwo war ich auch fasziniert. Ich konnte dieses Gefühl nicht ergründen. Während um mich herum das Chaos tobte, stand ich einfach nur da und blickte der Kreatur seltsam ruhig in die pechschwarzen Augen. Für einen Moment kam es mir so vor als würden auch mich alle acht Augenpaare unverwandt aussehen. Etwas kam mir in diesem Blick vertraut vor... Einen Herzschlag lang hatte ich das Bedürfnis, meine Hand auszustrecken, auf sie zuzugehen und meine Finger über ihre schuppige Haut streichen zu lassen.

Mit einem Mal löste sich plötzlich diese fremdartige Verbindung wie ein durchgeschnittener Faden. Hydra stieß noch einmal ein Brüllen aus und setzte an, auf mich loszuspringen. Ich war irgendwie immer noch nicht ganz bei mir und rührte mich nicht von der Stelle. "Verdammt, Steve, beweg' dich doch!", hörte ich Stephen noch schreien, ehe ich zur Seite gestoßen wurde. Ich kam hart auf dem Boden auf und sah noch, wie Stephen an meiner Stelle von einem der Köpfe getroffen und weggeschleudert wurde. Hydra stand nur wenige Schritte von mir entfernt, doch beachtete sie mich nicht weiter, weil die Lehrer bereits Hydra mit allen erdenklichen Zaubern angriffen.

Stephen lag wenige Meter neben mir bewusstlos, die Glieder von sich gestreckt. Während ich auf allen Vieren zu ihm krabbelte, randalierte das Monster in der Großen Halle. Der Weihnachtsbaum wurde umgeworfen, Säulen zerschmettert, Bänke und Tische wurden durch Luft wie Spielzeuge geschleudert und es rieselte unablässig Staub von der Decke. Auch größere Gesteinsbrocken fielen zu Boden. Bei jedem Brüllen schwang die Erde bedrohlich und brachte meine Organe zum Schwingen. Doch waren noch nicht einmal ansatzweise alle Schüler aus der Halle draußen. Irgendwo in der Menge erblickte ich Tonys dunkle Haare -er wurde jedoch vom Strom der Schüler mitgerissen. Ich wollte um Hilfe rufen, doch ich brachte nur ein heiseres Krächzen zustande. Mein Hals kratzte vom vielen Feinstaub, den ich einatmete. Wegen dem was alles gerade passierte, schwirrte mir der Kopf und alles drehte sich. Endlich erreichte ich Stephen. Er schien unverletzt zu sein. Mehrere kleine Steine trafen mich und ein spitzer verletzte mich an der Stirn, weshalb ich schon bald warmes Blut an meinem Gesicht runterlaufen spürte. Geistesgegenwärtig packte Stephens  Knöchel und versuchte ihn, hier rauszubringen. Alles in mir schrie, ich solle ihn zurücklassen, doch ich wehrte mich gegen diesen Drang. Er hatte mir geholfen. Und jetzt war ich an der Reihe, ihm zu helfen. Ich duckte mich unter dem Schwanz der Hydra hindurch, als diese gegen eine Wand krachte. Der Stein knirschte bedrohlich und ich sah wie ein Steinschlag den Weg aus der Großen Halle versperrte. Fuck. Alle Schüler, welche dort in der Nähe standen sprangen zur Seite. Dadurch abgelenkt bemerkte ich zu spät den riesigen Felsbrocken, der sich von der Decke gelöst hatte und nun auf uns zu raste. Verzweifelt versuchte ich noch uns beide aus der Gefahrenzone zu bringen, doch da kam der Stein mit einem lauten Krachen auf den Boden auf und begrub die ausgestreckten Hände Stephens unter sich. "Nein...", hauchte ich schwach. Wie von Sinnen holte ich meinen Zauberstab und krächzte: "Vingardium Leviosa." Der Stein hob sich und Stephen zertrümmerte Hände kamen zum Vorschein. Sie waren blutüberströmt, standen alle in verschiedene Richtung ab und einige weiße Knochen stachen aus der Haut heraus. Ich würgte und übergab mich auf den zersprungen Fliesenboden. Vollkommen verstört achtete ich nicht auf meine Umgebung. Das Letzte was ich spürte war ein harter Treffer am Kopf, dann verlor ich das Bewusstsein.

Als ich wach wurde, drehte sich alles. Die normalen Geräusche waren doch ein durchdringendes Pfeifen ersetzt worden, was mir starke Kopfschmerzen bereitete. Durch eine Art Schleier von Schmerz und Verwirrung nahm ich alles so wahr, als wäre ich unter Wasser. Mein unklarer Blick fiel wenige Meter neben mich. Dort lag Stephen, die blutenden Hände von sich gestreckt. Erschöpft hob ich den Kopf und erkannte, dass sich unter mir eine Blutlache gebildet hatte. War es mein Blut? Wo war ich verletzt? Ich konnte es nicht sagen, da der penetrante Schmerz in meinem Kopf beinahe alles andere überlagerte. Es fühlte sich an als würde es eine Ewigkeit dauern auch nur einen Gedanken zu bilden.

Ich drehte meinen Kopf wie in Zeitlupe, so kam es mir jedenfalls vor, und sah gerade noch wie sich einer der Köpfe der Hydra mir zuwandte. Ich brachte nur einen einzigen brauchbaren Gedanken zustande: Gefahr. Der Kopf beugte sich zu mir runter, bleckte zwei Reihen blutüberzogener messerscharfe Zähne. Ich wollte meinen Zauberstab heben, doch erkannte ich zu meiner Verzweiflung, dass er mir wohl aus der Hand gefallen war. Ich werde hier sterben, war das einzige, woran ich denken konnte. Mein Geist wurde etwas klarer. Es tut mir leid, Bucky. Ich konnte dich nicht beschützen. Genauso wenig wie Stephen... Es tut mir leid, dachte ich traurig. Hydra öffnete ihr Maul, ich machte mich auf mein Ende gefasst. Gerade als sie ihre Kiefer um mich schließen wollten, wurde ihr Kopf zur Seite gestoßen. Verwirrt erkannte ich, dass es ein weißer Wolf war. Woher kam der denn? Hydra brüllte und die Kopfschmerzen kehrten mindestens genauso schlimm zurück und ich kniff krampfhaft die Augen zusammen. Der Wolf stellte sich schützend vor mich und dem immer noch bewusstlosen Stephen. Er knurrte, fletschte die Zähne. Hydras Kopf griff in an und nach wenigen Attacken, lag der Wolf am Boden. Sein staubdecktes Fell war blutbefleckt. Ich wollte ihm helfen, doch konnte ich mich immer noch nicht rühren. Hydra schloss seine Kiefer um eines der Beine des Wolfes und riss es mit einem Ruck heraus. Der Wolf jaulte schmerzerfüllt auf und Blut spritzte aus der Wunde. Ich würgte und hätte mich übergeben, doch mein Magen war leer. Der Wolf sackte zusammen, noch immer sprudelte Blut aus dem Stumpf, war früher mal sein Bein gewesen war. Der Rest des Monsters kämpfte noch immer unerbittlich gegen die Lehrer, doch dieser Kopf hatte seine komplette Aufmerksamkeit auf mich gerichtet.

Er beugte seine blutbeschmierte Schnauze  zu mir runter, ich spürte seinen faulen Atem auf meinen wunden Wangen.

Der Stress war zu viel, ich kippte um und wurde erneut ohnmächtig.

Die Avengers in Hogwarts [Avengers x Harry Potter Crossover]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt