Kapitel 30

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Steve
Doch Hydra sah man zuerst nicht. Nein, zuerst passierte etwas anderes. Ein Lichtblitz, Schreie und dann das dumpfe Geräusch eines Körpers, der am Boden aufschlug. Alle Schüler drängten sich nach vorne in die ersten Reihen, um zu sehen, was passiert war, doch ich blieb wie angewurzelt sitzen. Aus einem seltsamen Grund wusste ich bereits, was passiert war.

"Fury, NEIN!", schrie Maria Hill. Während die Quidditch-Spieler langsam auf den Boden zurückkehrten und einige Lehrer sich noch vollkommen schockiert unten versammelten, schoss mein Blick nach oben. Kein Professor Pierce. Er war es gewesen. Natürlich. Er hatte Fury getötet. Dieser Gedanke war wie ein Holzbrett, dass man mir vor den Kopf geschlagen hatte und machte für einen Moment all meine Sinne taub.

Die Shield-Agenten, Fury, Tony, Stephen... Bucky. All diese Leute mussten wegen diesem Bastard leiden. Und ich werde ihn eigenhändig zur Strecke bringen.

"Cap?" Bruce' leise Stimme zitterte. "Bist du sicher, dass das nur eine Illusion ist?" Ich hob den Kopf und erstarrte in meiner Bewegung. Hydra. Fast so hoch wie einer der Quidditch-Türme. Aschfahle Schuppen, die in der Nachmittagssonne silbern glänzten. Und tote, hungrige, pechschwarze Augen, die gierig Richtung Quidditch-Feld stierten. Hydra mit ihren acht Köpfen sah so echt aus, dass ich plötzlich an allem zweifelte, was ich herausgefunden hatte. Nicht den Glauben verlieren, Steve, schärfte ich mir selbst ein. Und dann plötzlich, als könnte es nicht noch schlimmer kommen, kamen hinter Hydra weitere Gestalten aus dem Wald. Männer und Frauen in dunklen Anzügen und Zauberstäben. Eine Armee.

Bisher hatten alle es versteinert mit angesehen, doch auf einmal erhob sich eine laute, klare Stimme. Everett Ross. "Die jüngeren Schüler versammeln sich im Innenhof, die älteren Schüler, die Lehrer und Zauberministeriumbeamte, verteidigen, bis Verstärkung anrückt!"

Die Leute vom Zauberministerium, die noch auf unserer Seite stehen, dachte ich verbittert.

Mehr musste er nicht sagen und schon setzten sich alle in Bewegung. Und ich konnte nicht sagen, ob sie panisch oder geordnet ihre Plätze verließen. Vermutlich beides. "Steve, na los, beweg' dich!" Stephen riss an meinem Ärmel, um mich zum aufstehen zu bringen. Doch ich rührte mich nicht. "Ich muss Pierce finden", schnauzte ich zurück. "Jetzt hör mir mal zu." Energisch packte er mich am Kragen und zog mich hoch. Vollkommen perplex und überrascht von seiner Stärke, schaute ich ihm verwirrt in die Augen. "All die Monate, all das Leid, hat hier hergeführt. Das-" Mit einer Hand zeigte er bestimmt Richtung Hydra, die sich langsam in Bewegung setzte. "-ist die Gefahr. Wir müssen unsere Freunde beschützen, ansonsten verlieren wir noch mehr. Willst du das? Hm? WILLST DU DAS?!" Ich war zu überfordert, als das ich einen Satz hätte rausbringen können. Also nickte ich entschlossen und Stephen ließ mich runter. Ich warf meinen Kapuzenmantel zur Seite. Das ich hier war, würde sowieso niemanden mehr kümmern.

Wir waren die letzten auf dieser Tribüne, also rannten wir Richtung Ausgang, um uns dem Kampftrupp anzuschließen, der sich auf der Grasebene vor dem Feld versammelt hatte und sich bereits für den Gegenangriff wappnete. "Wie wollen wir überhaupt diese Illusion besiegen?", keuchte Bruce. "Wenn wir die richtigen Punkte treffen, also dort, wo sich Agenten befinden, sollte die Illusion irgendwann zusammenbrechen", meinte Stephen. "Wissen die Lehrer von der Sache mit der Illusion?", fragte ich, den Blick auf den näherkommenden Ausgang fokussiert. "So weit ich weiß nicht", erwiderte Stephen. "Okay, rede du mit der Ältesten. Sie weiß, worum es geht", meinte ich. Stephen fragte nicht nach. Er wusste ja selbst nur allzu gut, dass die Älteste weit mehr Dinge wusste als die meisten anderen. Nur Loki könnte ihr vermutlich ebenbürtig sein.

Wir erreichten die Treppe und waren schon dabei, herunterzugehen, da hörte ich jemanden hinter mir. "Steve!" Es war Pietro. Ich drehte mich um und sah, wie er mit seinem Besen auf uns zugeflogen kam. Es kribbelte mir in den Füßen einfach weiterzulaufen, aber ich genehmigte mir die kurze Verschnaufpause. "Schön dich zu sehen", bemerkte ich mit einem aufrichtigem Lächeln. Er landete neben uns. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen. "Wir gehen vor", meinte Stephen und die beiden Ravenclaw polterten schnellen Schrittes die bereits leere Treppe hinunter. "Geht es dir gut?", fragte er besorgt und musterte mich. "Ging schon besser", sagte ich etwas sarkastisch. Es war ein kurzer Moment des Friedens in dem ewigen Chaos, das um uns herum herrschte. Doch ein weiteres Brüllen von Hydra riss uns in die Realität zurück. "Ich-ich denke, es wäre ganz gut, wenn du meinen Besen nimmst", meinte Pietro und hielt mir seinen Feuerblitz hin. "Bist du sicher?", fragte ich noch einmal nach. Eigentlich sollte ich so ein Angebot nicht annehmen. "Ja, bin ich. Und jetzt geh", meinte er aufmunternd und ich nahm den Besen in meine Hand. Sein Stiel fühlte sich glatt und weich an, aber mir blieb keine Zeit mehr, den Besen zu bewundern. Ich stieg auf und, stieß mich vom Boden ab und flog hoch. Sofort merkte ich, wie viel geschmeidiger sich der Feuerblitz lenken ließ. Von der Tribüne unter mir rief Pietro: "Bring Clint nach Hause! Wir glauben alle an dich!"

Neuer Mut durchströmte mich, obwohl mich in gewisser Weise die Apokalypse erwartete. Ich flog ganz weit nach oben, um mir einen Überblick zu verschaffen. Es strömten immer mehr dunkle Zauberer aus dem Wald hinter Hydra hervor. Sie hatten mittlerweile das Stadion erreicht und steckten es in Brand. Ich warf nochmal schnell einen Blick auf das Feld, um zu sehen, ob Director Furys Leichnam noch da lag. Doch man hatte ihn anscheinend schon weggebracht. Erneut schnürte mir der Gedanke an den Tod des Directors die Kehle zu und ich verscuhte, den Kloß runterzuschlucken. Doch irgendwo in meinem Geist blitzte Pierce mit seinem hämischen Lächeln auf. Und augenblicklich spürte ich wieder diese feurige Wut in mir, die ich versuchte, zu bändigen. Die Armee von Hogwarts hatte sich etwas weiter zurückgezogen und ich sah in der Ferne wie die jüngeren Schüler in den Innenhof hineinströmten. Lange würde es nicht mehr dauern, bis die beiden Fronten aufeinandertrafen. Zu meiner Erleichterung erkannte ich, dass wir anscheinend in der Überzahl von den Zauberern her waren. Aber da war ja dann noch Hydra, oder eben die Illusion. Es war einfacher mit dem Gedanken klar zu kommen, dass dieses Monster wirklich dort auf dem Rasen stand und nicht nur ein Hirngespinst war, das durch einen Zaubertrank verursacht wurde.

Mit einer Schnelligkeit, die mit meinem eigenen Besen gar nicht erst möglich gewesen wäre, sauste ich steil abwärts, um mich zu den versammelten Lehrern zu gesellen, die offensichtlich gerade eine Besprechung hatten. Maria Hill konnte ich nirgends sehen, vermutlich war sie bei Fury. Und so wie es aussah war es anscheinend Everett Ross, der das Kommando übernommen hatte. Als ich neben der Gruppe der Lehrer, hinter ihnen alle Schüler und Beamten, landete, wurden plötzlich alle still. Doch die Schüler begannen angespannt zu tuscheln. "Steve!", rief Miss Potts aus und machte Anstalten, mich zu umarmen. Sie war schon immer die fürsorglichste unter den Lehrern gewesen, doch ich zuckte zurück. "Wo warst du? Wie geht es dir?" Also wissen sie nichts davon, dass ich im Kerker war. "Mir geht es gut", sagte ich, obwohl es eine Lüge war und beantwortete bewusst die erste Frage nicht. Darum können wir uns später Gedanken machen. Kurz herrschte Stille, bis Ross das Wort ergriff: "Unter vier Augen, Rogers? Übernehmen sie, Coulson." "Verstanden", meinte Coulson, um den Plan mit den anderen Lehrern fertig zu besprechen. Aber viel Zeit blieb nicht mehr. Der große Showdown würde bald beginnen.

Etwas abseits blieb Everett Ross stehen. "Der letzte Drache, auf den ich getroffen bin, hatte nur einen Kopf", sagte er mehr zu sich selbst als zu mir. Als er meinen fragenden Blick bemerkte, fügte er hinzu: "Ich musste dem Drachen einen weißen Kristall stehlen. Lange Geschichte." Kurz hielt er inne und verschränkte die Arme vor der Brust, ehe er fortfuhr: "Sie wussten von all dem, hab ich recht? Ich meine die Illusion, Pierce' Verrat, all das?" Ich nickte und wich seinem Blick aus. "Und Sie haben mir nichts davon erzählt?" Seine Worte klangen etwas beschuldigend.

"Hätten Sie mir geglaubt?" Etwas bedrückt sah ich zu Boden. Warum fühlte ich mich jetzt so eingeschüchtert? Ross sagte nichts darauf, sondern schwieg nur. "Dann war es auch Pierce, der Maria und Howard Stark getötet hat?", fragte er. "J-ja", stammelte ich. Ich hätte jetzt Anschuldigungen erwartet, deshalb überraschte es mich umso mehr, was er danach sagt. "Warum tust du das alles?" Seine Stimme klang ernsthaft besorgt. Ich erinnerte mich daran, als ich Loki vor einiger Zeit dieselbe Frage gestellt hatte. "Weil es das Richtige ist", sagte ich entschlossen. "Verstehe", sagte er mit einem wissenden Lächeln. "Dann mal auf deine Position. Du kannst beim Lufttrupp dabei sein." "Ja, Sir."

Ich sah gerade noch, wie die Luftangreifer abhoben. Ich stieß mich ab und flog zu ihnen. Das Stadion stand nun vollkommen in Flammen und die ersten Zauber wurden von der dunklen Zauberermeute heraufbeschworen. Ich würde Hogwarts beschützen und meine Freude retten. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue.

Die Avengers in Hogwarts [Avengers x Harry Potter Crossover]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt