8: Hinterhalt

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Die Tage am Fluss vergingen und die Windreiter trainierten in der Luft. Für mich hieß das, kleine Arbeiten zu erledigen. Die meiste Zeit wusch ich Hemden und Hosen. Mehr trauten sie mir offenbar nicht zu, aber ich beschwerte mich nicht. Das Misstrauen hielt an. Dank dem Vorfall mit dem Bärlauch schien es sogar zu wachsen, auch wenn ich die Wahrheit gesagt und Laris keine Giftpflanzen gegessen hatte.

Seufzend schrubbte ich mein eigenes Hemd, das ich seit dem Überfall auf Birla trug, im seichten Flussbett. Das Wasser umspülte meine Knöchel, kringelte sich und floss weiter stromabwärts. Kleine Fische huschten an mir vorbei, während die Sonne langsam in der Ferne versank. Oberkörperfrei fröstelte ich und nahm mir eines der Oberteile, die ich bereits am Vormittag aufgehängt hatte. Der Stoff fühlte sich klamm an, aber ich musste mich beeilen, sonst würde ich heute hungrig schlafen gehen.

Ich warf die letzte Hose über das Leine, die ich zwischen zwei Kiefern gespannt hatte und legte mir die trockenen Kleidungsstücke über den Arm. Meine Füße wischte ich an den langen Gräsern ab und schlüpfte in die ausgelatschten Stiefel. Ich trug sie seit nicht einmal einem Jahr und die Sohle hatte sich bereits bei der Gartenarbeit vom Rest des Schuhs gelöst. Einige Kilometer müssten sie noch durchhalten.

Plötzlich schallte ein kehliges Brüllen durch den Wald und ich bleib an der Böschung stehen. Lauschte. Es war nicht ungewöhnlich, dass die Trainingskämpfe der Nordmänner ausarteten, doch eine Schwere lag in der Luft, die mich den Atem anhalten ließ. Weitere Schreie. Erinnerungen aus Birla flackerten vor meinem inneren Auge. Ich ließ die Kleidung fallen, schlappte durch den Schlamm und stürmte los.

Niedrig hängende Äste rissen mir die Haut auf. Der Geruch von Qualm stieg mir in die Nase und das Brüllen, Fauchen und Knurren der Griva hörte nicht auf. Darunter mischten sich menschliche Schreie. Befehle flogen durch die Luft, die von mächtigen Schwingen durchpflügt wurde. Silbrig glänzten die Rüstungen in der untergehenden Sonne. Soldaten. Fremde Soldaten, die vom anderen Seitenarm des Flusses das Lager überfielen. Der Lärm betäubte meine Ohren. In meinem Kopf blieb es still.

Ich schmiss mich auf den Boden, hörte etwas zischend an mir vorbeisausen. Hinter dem Stamm einer alten Kiefer suchte ich Schutz, presste meinen Körper fest auf den Boden. Ich konnte die Feinde nicht zählen. Metall prallte scheppernd aufeinander. Dumpf fielen Körper auf die Erde. Ich wagte einen Blick, entdeckte eine Griva, die sich krachend durch die Masse wälzte. Auf ihrem Rücken saß Laris, der seine Klinge wie eine Sense führte. Von Mikael, Ita und den anderen fehlte jede Spur.

Allein würde er es nicht schaffen, ganz egal wie stark er war. Zu viele Feinde stürzten sich gleichzeitig auf ihn. Sein Schwert erwischte sie, das Metall teilte Körper und riss das Leben aus ihnen. Ein einzelner Schädel flog durch die Luft. Dann glitt ein Schwert an Luina vorbei und diese katapultierte sich kreischend in die Luft. Ich hielt mir die Ohren zu, robbte weiter und sprintete von der einen in die andere Deckung.

Unter einem eingefallenen Zelt versteckte ich mich. Ich konnte nicht kämpfen und würde es nicht versuchen, solange die Windreiter es taten. Ihnen im Weg zu stehen, bedeutete meinen Tod. Ihr Stöhnen, das blecherne Scheppern und die Schreie der Griva verklangen nicht. Sie wurden lauter und lauter.

Plötzlich trat jemand gegen die Zeltdecke, die mich schützte. Ich hielt Atem und Herzschlag an, biss mir fest auf die Lippe. Es raschelte, knackte und brüllend kämpften sie anscheinend weiter. Vorsichtig kroch ich an den Rand meiner Deckung, hob den Stoff an und verschluckte mich an der Luft.

Sie hatten ihn umzingelt. Er krümmte sich, die Arme hingen schlaff an seinem Körper und sein Rücken ... Sein Rücken war blutüberströmt. Fünf Mann umkreisten Laris, schleiften ihre Schwerter an ihren Rüstungsplatten und lachten trocken. Zittrig raffte ich die Zeltdecke hoch und suchte im Himmel nach Luina. Nichts. Der Himmel schien leer. Die kämpfenden Windreiter waren verschwunden, vielleicht sogar tot.

Griva - Die WindreiterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt