Laris behielt recht – mein Griva hatte mich gefunden und davor das Pferd getötet, das ich gestohlen hatte. Ein guter Start. Ein Start, der meiner ersten Begegnung mit Laris ähnelte und damit kein Glanzlicht auf Teemu warf.
Der Flug fühlte sich wie eine Wiedergeburt an, auch wenn ich keine Vorstellung von einer Geburt besaß. Aber so musste sie sich anfühlen. Frisch. Voller Mut. Ich hatte mich aus meiner eigenen misslichen Lage gewuchtet, nach dem Unmöglichen gegriffen und nicht aufgegeben. Mein Herz und meine Ziele wirkten klarer als jemals zuvor. Ich konnte meine Zukunft kontrollieren. Ich allein.
Operra besaß keine Festungen, die sich am Horizont erheben und lange Schatten über die Landschaft hätten werfen können. Die Stadt lag flach am Boden, umgeben von Wasser und erhellt von Fackeln, die durch die Straßen huschten. Der Angriff war in vollem Gange und ich zu spät.
In der Luft schallte Metall, das aufeinander prallte. Griva schrien. Menschen brüllten.
Teemu flog tiefer, knapp über die Hausdächer hinweg und am Flussbett entlang. Die Wasseroberfläche reflektierte unsere Gestalt. Einige Pfeile schwammen den Strom hinab. Die Sonne warf ihr Licht genau auf die schimmernden Spitzen, als wolle sie auf den Krieg aufmerksam machen, der sich am Himmel abspielte. Ich bildete mir ein, Blut im dunklen Wasser zu entdecken und kniff die Augen zusammen.
Wo waren die anderen?
Das Kampfgetümmel und das Kreischen der angreifenden Griva begleiteten meinen Flug. Die Windreiter würden mich als Feind betrachten, da ich kein Erkennungszeichen trug – weder das Zeichen des Nordens noch das Operras. Ich musste landen.
Teemu drückte sich auf eines der Dächer, legte die kupfernen Flügel ab und verschmolz mit dem sonnengegerbten Holzbalken. Ich rückte näher an ihn heran, hob eine seiner Schwingen an und duckte mich darunter.
Aus den Straßen rechts von uns erhob sich ein Schwarm Windreiter, die stählerne Rüstungsplatten trugen. Sie flogen in einer V-Formation und zerrissen den Kampf am Himmel in zwei.
„Soldaten aus Operra", flüsterte ich Teemu zu und streichelte über seinen Hals. Er beobachtete die Schlacht, hatte den Schnabel leicht geöffnet und hechelte. Auf ihm dort oben zu kämpfen, wäre unser Todesurteil. „Du bleibst hier. Ich bin gleich zurück."
Die feuerroten Augen hafteten sich an meinen Rücken, aber ich deutete ihm nochmals an, auf dem Dach auf mich zu warten und er starrte in den Himmel.
Ich landete auf den Pflastersteinen, wankte zurück, weil eine Explosion die Erde zum Beben brachte. Die einfachen Holzhütten zitterten, knackten und knarzten. Es gab kein Feuer und auch keine Rauchschwaden. Durch die Gassen drangen Hilferufe. Ich spähte um die Ecke. Niemand da.
Die Zerstörung der Stadt wirkt schlimmer als in Birla, der Plan, die Bürgerinnen und Bürger zu verschonen, scheiterte. Eine Frau mit Kind hetzte an mir vorbei, ihr Kleid durchnässt von Blut. Ich blickte ihr nach, wurde umgestoßen und ging längs zu Boden. Ein Mann griff meinen Kragen im Nacken und riss mich zurück auf die Füße. Gemeinsam rannten wir weiter.
Auf dem Boden, auf offener Straße kämpfen die Soldaten genauso erbittert wie in der Luft. Ich schmiss mich gegen eine Wand, die nachgab und mich ins Innere stürzen ließ. Scheppernd hastete ich durch das auseinanderbrechende Haus und hielt mich links. Der Fluss kam wieder in Sicht, eingerahmt von kleinen Trockenrecken und Anlegeplätzen für die Fischerboote.
Eine weitere Explosion erschütterte die Stadt. Ich rutschte die glitschige Straße hinab und klammerte mich an einen Pfahl, der neben dem Steg in die Erde gerammt worden war. Ich atmete ein und ließ den Blick hektisch über den Fluss, der mittlerweile zu einem See herangewachsen war, schweifen.
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Griva - Die Windreiter
Fantasi~Caja sieht ihre Welt brennen, doch statt die Feuer zu löschen, schließt sie sich dem Brandstifter an~ Ein grausamer Fremder, der ihr Henker sein könnte. Ein Fremder, der ihr eine Chance gibt. Ein Fremder, in dem sie mehr vermutete als die schiere G...