„Du hast kein Gewissen, keine Moral, Caja!"
Elenor hörte nicht auf, zu schreien und ihrem Frust lauthals Luft zu machen. Ich hätte sie gerne zum Schweigen gebracht, würde sie aber nicht verletzten. Nicht einmal eine Ohrfeige hätte ich ihr verpassen können.
„Den Menschen in Birla geht es gut", sagte ich, ohne sie anzusehen. „Du kannst gemeinsam mit den angeheuerten Kämpfern zurückkehren."
Den Zeitpunkt ihres Schweigens hatte sie unpassend gewählt, aber es stand mir nicht zu, sie weiter zu belästigen. Jede Minute, die wir in Operra verbrachten, könnte uns unsere Köpfe kosten. Die Soldaten würden nicht ewig ihrem gefallenen Herrscher nachtrauern und irgendwo in dieser Stadt musste es zudem Kämpfer des Westens geben, die sich nicht um einen toten Südländer scherten.
Teemu atmete schwer, doch ich fand keine offenen Wunden oder schweren Verletzungen. Behutsam legte ich meine Arme über seinen Rücken und stieß mich vom Boden ab, während der Kampfgeist in den Augen der umstehenden Männer aufleuchtete.
Neben Luina und Laris blieb Teemu stehen. Die beiden Griva grüßten sich surrend, rieben ihre Schädel aneinander. Ich beugte mich von Teemu rüber und stupste den wegdämmernden Mann an. Seine Hände krallten sich in Luinas Federn und er hatte ein Tau vor ihre Brust gespannt, das er an seinen beiden Handgelenken befestigt hatte.
„Wie geht es dir? Du siehst ..."
„Verführerisch aus, dem bin ich mir bewusst." Sein Lächeln stieß auf meine Angst, er könnte den Weg zurück nicht überleben. „Ich bin noch bei Bewusstsein, also mach dir keine Sorgen ..." Er fuhr mit den Fingerspitzen über das Loch in seiner Schulter, so vorsichtig, als bestände seine Haut aus dünnem Pergament. „Wohin bringst du uns?"
„Zurück in den Norden. In der Hoffnung, dass der letzte Angriff nur deinen Leuten und nicht Macoon gegolten hat und wir dort irgendwo auf Mikael treffen."
„Carminus hat es nur auf euch abgesehen ... und die Adligen in Macoon wissen schon, wie man sich verteidigt. Die Stadt hält den Kriegen und Angriffen schon seit Jahrhunderten stand." Er sah an sich herunter und stöhnte auf. „Solange wir dort jemanden finden, der mich zusammenflicken kann, darfst du mich überallhin verschleppen."
„Es ist nicht so, als hättest du eine Wahl", konterte ich und war erleichtert, dass wenigstens er zum Scherzen aufgelegt war.
„Das stimmt. Ich bin dir ausgeliefert. Nicht einmal Luina würde sich gegen dich wenden."
„Du bleibst den Flug über wach, verstanden?"
Er nickte schwach und ich schnalzte mit der Zunge. Beide Griva hievten sich in die Luft, in einen Flug ins Ungewisse. Würden sie uns verfolgen? Die Griva der anderen Windreiter saßen auf den Dächern und schauten uns nach. Niemand hielt uns von der Flucht ab.
Ich atmete tief ein, aus und wieder ein. Entlang des Flusses Fisu lebten Bauern und wenige Handwerker. Zwei einzelne Griva weckten ihre Aufmerksamkeit, aber nicht ihre Achtsamkeit. Wir waren kein Heer, kein Schwarm Windreiter, der sie überfallen wollte. Wir waren auf dem Weg nach Hause.
„Du bist die Einzige, die nach mir gesucht hat?", wollte Laris wissen und hob den Kopf an.
„Nicht ganz ... Ita und Mikael wollten nach dir suchen, aber wir hatten keine Leute, die kampfbereit waren, um dich zu befreien. Und kein anderer wollte sich auf meine Idee, kopflos loszustürmen, einlassen." Ich schmunzelte und drückte mir den Handrücken auf die Lippen.
„Ja, Mikael ist schlau, er hätte erst geplant, dann die Leute gesucht und wäre dann aufgebrochen."
„Nur, dass es bis dahin zu spät gewesen wäre."
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Griva - Die Windreiter
Fantasi~Caja sieht ihre Welt brennen, doch statt die Feuer zu löschen, schließt sie sich dem Brandstifter an~ Ein grausamer Fremder, der ihr Henker sein könnte. Ein Fremder, der ihr eine Chance gibt. Ein Fremder, in dem sie mehr vermutete als die schiere G...