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PoV Levi
Ein paar Tage waren vergangen. Eren hatte sich bei Hanji krankgemeldet und sich in seiner Wohnung zurückgezogen. Erwin hatte mir gesagt, dass der Brünette nicht im Unterricht war. Ich war ein wenig besorgt, doch Eren hatte mir immer auf Nachrichten geantwortet. Hatte gesagt, dass er nur alleine sein wollte.

Ich saß gerade an meinem Schreibtisch, tippte auf der Tastatur herum und füllte einen Urlaubsantrag aus. Für meinen Umzug in die Wohnung, die mir Erwin überlassen hatte, bräuchte ich sicherlich 2 oder 3 Tage. Es klopfte an der gläsernen Tür, die Klinke wurde runter gedrückt und Hanji stand in der Tür. Hinter ihr eine junge Frau mit schwarzen Haaren und Hosenanzug.

Ich schloss das Fenster mit meinem Antrag und drehte den Bildschirm zur Seite, sah meinen Boss und die junge Anwältin erwartend an. Hanji setzte sich auf einen der Stühle vor meinem Tisch, Mikasa tat es ihr gleich, kreuzte ihre Beine und musterte mich misstrauisch.

Hatte Eren ihr etwas erzählt?

„Wir hatten eben ein sehr interessantes Gespräch.", begann Hanji und nickte dabei zu Mikasa, die unverändert dasaß und mich ansah. „Frau Ackermann hat sich bereit erklärt uns zu unterstützen.", fuhr die Brünette fort, richtete ihre Brille. Ich nickte nur.

„Ich möchte, dass ihr gemeinsam die neuesten Verhaftungen durchgeht. Jeder ihrer Mandanten, der noch hier ist, bleibt hier." Ich nickte erneut. „Und Levi, benimm dich.", damit spielte sie auf das letzte Mal an, als Mikasa Ackermann uns einen unerwarteten Besuch abstattete.

Es ging um einen wichtigen Drogenfall, den wir erst einigen Wochen später haben aufklären können. Ich hatte ihn. Ich hatte den Verdächtigen genau vor mir sitzen, er war kurz vorm Einknicken und dann kam Mikasa und hat ihm den Arsch gerettet. Zwar nur temporär, dennoch lästig.

Hanji verließ mein Büro wieder und die Schwarzhaarige seufzte auf. „Ich hab mit Eren geredet.", fing sie an und legte dabei ihre Aktentasche auf meinen Tisch. Wehe die Alte macht sich hier breit.

„Er hat mir nichts Genaues erzählt, aber so habe ich ihn noch nie erlebt. Was auch immer letzte Woche passiert ist – danke, dass Sie da waren, als er Sie gebraucht hat.", sprach sie aufrichtig und zog ihr Jackett aus, hatte eine rote Bluse drunter.

„Das ist mein Job." – „Es ist Ihr Job, wenn die Zentrale Sie hinschickt. Das war persönliches Interesse. Und auch, wenn ich gerne wissen würde, wie es dazu überhaupt kam, werde ich nicht fragen. Wenn Eren nicht drüber reden will, sollten Sie es auch nicht tun. Nicht ohne sein Einverständnis, verstanden?" Ich nickte nur wandte mich den neusten Verhaftungen zu.

Was hatte er erzählt? Was hatte er ausgelassen? Wusste Mikasa überhaupt, wie nah Eren und ich uns gekommen waren?

-

Ich reichte meinen Urlaubsantrag gerade ein, da klingelte mein Handy. Ich sah Hanji entschuldigend an, ging ran und stockte. Von der anderen Seite war nur ein Schluchzen zu hören. „Kannst du herkommen?", wimmerte Eren leise und ich schluckte schwer. „Geh schon. Ich sehe ja, dass es wichtig ist.", meinte Hanji und unterschrieb meinen Antrag. Ich sprintete quasi aus dem Gebäude, versuchte Eren derweil zu beruhigen. Er weinte noch immer, konnte mir gar nicht genau sagen, was los war.

Es war wohl ein Alptraum oder sowas. Ich verstand es nicht genau.

„Ich bin gleich da.", murmelte ich und stieg in mein Auto. „Er-erzähl mir was. Bitte.", schluchzte er und schniefte. Ich erzählte von der Arbeit mit Mikasa, ließ aus, dass sie ihn erwähnt hatte und sprach einfach ein wenig von den Fällen. Von Mike, der heute im Kopierraum eingesperrt wurde, weil der Hausmeister nicht aufgepasst hatte.

Eren hatte leicht gelacht, doch es war sofort wieder verstummt und in ein Schluchzen übergegangen.

Ich fuhr durch die Straßen von New York, sie waren ausnahmsweise mal leer. Jedenfalls so leer, dass ich ohne Stau schnell zu Erens Wohnung kam, meinen Wagen parkte. „Ich bin da.", murmelte ich leise und Eren legte auf. Im sechsten Stock öffnete sich das Fenster zur Straße und ein brünetter Haarschopf erschien. Als Eren mich erblickte, verschwand er wieder von Fenster und ich ging zur Tür, öffnete sie und nahm den Aufzug zur sechsten Etage.

Die Fahrt im Lift fühlte sich unendlich an. Es war, als würden Jahre vergehen.

Doch als das Ping-Geräusch ertönte und die Metalltür sich öffnete, war ich wieder im hier und jetzt angekommen, sah mich im Flur um und entdeckte Eren am Ende des Ganges. Er lehnte im Türrahmen, sah mich niedergeschlagen an.

Kaum war ich bei ihm angekommen, schloss ich ihn in meine Arme. Er sah fürchterlich aus. Sein sonst so präsentes Grinsen, war weg. Es war runtergezogenen Mundwinkeln gewichen. Seine Augen strahlten nicht mehr, wie sie es sonst taten. Sie sahen schon beinahe leer aus. Sie waren rot und aufgequollen. Seine Haare lagen schmierig auf seinem Kopf und ein leichter Bartschatten hatte sich an seinen Wangen bemerkbar gemacht.

Eren krallte sich in meinen Rücken, weinte in meine Schulter und zitterte. Ich hielt ihn fest, streichelte über seinen Rücken, schob ihn ein wenig in sein Apartment und kickte die Tür hinter uns mit dem Fuß zu. Eren weinte weiter. Ich ließ ihn. Ich redete ihm nicht gut zu – wusste nicht mal, was ich sagen sollte. Ich hielt ihn einfach nur fest, hoffte, dass das irgendwas bewirken könnte und wartete. Vielleicht waren es Minuten, vielleicht Stunden. Vielleicht auch nur ein paar Sekunden. Das Zeitgefühl war mit dem Anblick von Eren verschwunden. Es zählte nicht mehr. Nichts zählte mehr. Nichts außer Eren, der sich an mich schmiegte und merklich ruhiger wurde.

Whore [Ereri/Riren]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt