Kapitel 27 - Reaktionen auf den Zettel

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Die nächsten Tage verflogen wie im Rausch.

Ich ging joggen, schwamm in dem Klinikeigenen Schwimmbad und schrieb weiter an der Musik.

Der letzte Akkord von Illusion verklang in meinem Kopf als plötzlich eine Tür geknallt wurde.

Irgendjemand polterte durch die Küche und ins Wohnzimmer.

" Bradley? ", fragte ich und streckte den Kopf aus meiner Tür.

" Lass mich! ", knurrte der Angesprochene.

Der Schauspieler saß auf der Couch, zusammengesunken, den Kopf in den Händen vergraben und raufte sich die Haare.

" Was ist denn passiert? ", fragte ich und setzte mich ihm gegenüber.

Bradley atmete ein paar mal tief durch und sah mich dann an.

Er biss sich auf die Lippen, aber das hinderte seine Augen nicht daran, sich mit Tränen zu füllen.

" Was passiert ist? ", echote er bitter und schluckte schwer.

" Jessie. "

Er brauchte nur ihren Namen zu flüstern und sofort war mir, als brenne Feuer in meinen Adern.

" Was ist mit ihr?" Meine Stimme klang gepresst und angespannt.

Bradley sah mich an und jetzt flossen die ersten Tränen über seine Wangen.

Ohne ein Wort erschienenen auch Colin und Parvel im Wohnzimmer und stellten sich neben mich.

Bradley sah uns alle einen nach dem anderen an und atmete zitternd ein.

" Sie stirbt. Wenn sie nicht bald einen Spender findet, stirbt sie."

Totenstille folgte.

Man hätte eine Maus pupsen hören, aber in diesem Moment dachte niemand an Scherze.

Fassungslos sahen wir uns an.

Der Bruder, der beste Freund, der anscheinende frühere Liebhaber und der, der sie heimlich liebte und es ihr nie gesagt hatte.

Wir waren die Personen, die ihr im Moment am engsten standen.

Und wir würden sie verlieren.

Blitzschnell überschlug ich in meinem Kopf. Ich hatte viele Millionen. Wenn es eine Therapie wäre, könnte ich sie sofort bezahlen.

Aber ein Organ konnte man nicht einfach so kaufen. Mit keinem Geld der Welt.

Denn ein illegal erstandenes würde Jessie niemals annehmen, das wussten wir alle.

Ich ließ mich nach hinten fallen und presste die Hände auf mein Gesicht.

Da spürte ich plötzlich wieder den kleinen Zettel in meiner Hosentasche.

Seit Tagen hatte ich ihn mit mir rumgetragen und ihn immer wieder gelesen.

Jetzt holte ich ihn vorsichtig aus der Tasche, entfaltete ihn und legte das Stück Papier auf den Wohnzimmertisch.

Dann schloss ich die Augen.

Bradley sah ihn als erster und starrte mich an.

Als er den Inhalt gelesen hatte, schloss er die Augen und atmete tief durch.

" Es ist deine Entscheidung.", flüsterte er. " Aber niemand zwingt dich dazu. "

"Nein!" , protestierte Colin und ich sah, das seine Augen glitzerten.

" Das kannst du nicht machen. "

Parvel nahm das abgenutzte Papier nachdenklich in die Hand.

" Sie ist meine beste Freundin und ich kann mir nicht mehr vorstellen, ohne sie zu leben. Sie bedeutet mir mehr alles Andere auf der Welt. Du bist jemand, den ich erst vor kurzem kennengelernt habe. Aber ich will das nicht über dich bringen. Und du bist bekannt, sehr bekannt. Es würde eine unglaubliche Welle geben und das kann ich Jessie nicht zumuten. ", sagte er langsam.

" Ihr alle könnt nicht, oder? ", fragte ich.

Die anderen sahen sich an und holten dann einer nach dem anderen die selben Zettel wie meinen heraus.

Aber auf drei Papieren war ein Satz rot unterstrichen.

Und auf meinem stand er in grün.

Ich schluckte, dann öffnete ich meinen Mund und sah die anderen einen nach dem anderen an.

" Ihr wisst, warum ich hier bin. Ihr alle wisst, dass ich es mehrmals versucht habe. "

Ich sah Parvel an.

" Ich weiß es noch nicht. Wenn, dann muss ich es gut planen. "

Colin sprang auf. " Nein! ", brüllte er. " Ich kann doch nicht hier sitzen und dir zuhören, wenn du deinen verdammten Selbstmord planst!

Ich nickte. Es war mir klar, dass es für einen normalen Menschen schwer aushaltbar war, wenn ich über meine Gedanken sprach.

" Ich werde mit Jessie sprechen. ", sagte ich schließlich.

"Bis dahin tue ich nichts. "

Ob es die weiseste Entscheidung war, konnte ich nicht sagen, aber ich hatte das Gefühl, dass ich mit jemandem sprechen musste.

Mit zitternden Händen wählte ich eine Handy nummer, die ich im Schlaf konnte.

Während ich dem Wählzeichen lauschte, wurde ich immer nervöser.

Ich war draußen im Wald und achtete kaum auf den Weg.

Zitternd holte ich Luft, als das Freizeichen verstummte.

Und dann hörte ich eine Stimme, die ich so schmerzlich vermisst hatte, dass es mir die Tränen in die Augen trieb.

" Harry Styles, Hallo. Mit wem spreche ich denn? "

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