Ist das ihr Ernst? Mehr hat sie dazu nicht zu sagen?
"Wow, Luana. Danke für nichts, echt. Scheiß drauf, du verstehst es nicht. Dann mach was du willst, aber komm verdammt noch mal nicht mehr bei mir an, wenn dir plötzlich einfällt, dass ich dir fehle. Du hast Schluss gemacht und jetzt ziehen wir das auch durch. Nix mehr mit deiner Scheiße da, dass wir Freunde bleiben. Der Plan ist gescheitert."
Wutentbrannt schmeiße ich die offene Tür des schwarzen Hängeschranks mit einem lauten Knall zu.
"Wenn du meinst", gibt sie schulterzuckend zurück und hat so einen arroganten Blick drauf, dass ich ihr am liebsten eine schmieren würde.
Ich muss hier raus, bevor ich noch was tue, was ich später bereue.
Ich hole aus Luanas Zimmer meine Hemdjacke und schmeiße die Wohnungstür krachend hinter mir ins Schloss.
Das war's jetzt endgültig. Ich lasse mich doch nicht von ihr verarschen.
Ich rase durchs Treppenhaus und steige in mein Auto. "Fuck!", schreie ich und schlage mit voller Wucht vor das Lenkrad. Ich ignoriere den brennenden Schmerz in meinen Fingern und starte mit zitternden Händen den Motor. Während ich ausparke, zünde ich mir eine Zigarette an.
Wann zur Hölle haben wir uns nur so voneinander entfernt? Wo war der Moment, in dem wir falsch abgebogen sind?
Hätte ich das verhindern können? Hätte ich nur mehr um sie kämpfen müssen?
Oder ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, sie endgültig ziehen zu lassen?
Ich überschreite das Tempolimit deutlich und rase unkonzentriert über die leere Hauptstraße, bis plötzlich eine junge Frau in einigen Metern Entfernung an einer Fußgängerampel über die Straße geht.
"Scheiße!", schreie ich und gehe voll in die Eisen.
Habe ich etwa eine rote Ampel übersehen?
Mein Herz rast und mein Wagen kommt mit quietschenden Bremsen noch rechtzeitig zum Stehen.
"Elhamdülillah. Allah şükür", flüstere ich leise und schaue kurz ehrfürchtig in den blauen Himmel.
Mir steckt der Schock tief in den Knochen, weshalb ich meinen Wagen erstmal in eine Parkbucht lenke.
Einige Minuten lang starre ich fassungslos vor mich hin und versuche zu realisieren, was da gerade passiert ist, bis mir irgendwann heiße Tränen über die Wangen laufen.
Diese ganze Scheiße mit Luana macht mich krank. Mein Herz schmerzt in der Brust bei jedem Gedanken an sie, es droht zu Zerreißen. Immer wieder kämpft mein Herz gegen meinen Verstand. Es ist ein ermüdender Kampf, einer, der mir jegliche Energie raubt und mich langsam aber sicher in die Knie zwingt. Es ist ein Kampf, von dem ich langsam glaube, dass ich ihn gar nicht gewinnen kann.
Ich weiß nicht mehr weiter. So hilflos und verzweifelt habe ich mich noch nie gefühlt. Normalerweise kann mir nichts und niemand was anhaben, alles prallt an mir ab, aber dieses Mädchen hat es wirklich geschafft mich zu brechen.
Ich kann nicht sagen wie lange ich in meinem Auto sitze, heulend, verzweifelt und die dicken Tränen immer wieder wütend mit dem Ärmel meines Flanellhemds aus dem Gesicht wische.
Was ist nur mit mir passiert? Wann bin ich so eine Memme geworden, dass ich hier sitze und einem Mädchen hinterher heule?
Als ich es irgendwann geschafft habe mich zu beruhigen, starte ich den Motor meines dunklen BMWs wieder und fahre nachhause. Ich rase nicht mehr, sondern fahre ruhig und vorsichtig, wie ich es sonst auch tue.
Die Wut in mir ist versiegt, abgelöst von einem tiefen Schmerz.
Am späten Nachmittag bekomme ich einen Anruf von Aziz, einem meiner besten Freunde.
"Bro, was geht?"
"Sonntag halt, nicht viel und bei dir?", antworte ich gelangweilt und schiebe mir eine Gabel voll Nudeln in den Mund.
"Genau so wenig", antwortet er. "Hast du Bock was zu machen? Was Essen gehen oder in die Hookah Lounge?", erkundigt er sich.
"Ehrlich gesagt gar nicht", gebe ich zu.
"Aber heute Abend ist Fußball. Champions League, Galatasaray gegen Schalke", erinnert mein Freund mich.
"Jo, stimmt, voll vergessen. Zeigen die das im Hookah?"
"Ja, haben die auf Insta gepostet."
Das ist ein überzeugendes Argument und deshalb mache ich mich am frühen Abend trotz meiner schlechten Laune auf den Weg zur Shishabar. Aziz und Bilal sitzen schon auf einem der dunklen Ledersofas und rauchen eine Wasserpfeife, als ich dazustoße. Das Spiel hat noch nicht begonnen, aber der großzügige Raum ist bis in die letzte Ecke gerammelt voll mit Menschen.
Ich begrüße die Jungs und setze mich zu ihnen. Das Spiel ist spannend und so schaffe ich es tatsächlich mich die vollen 45 Minuten nur auf die große Leinwand vor mir zu konzentrieren, doch als der Schiedsrichter dann zur Halbzeit pfeift, erhebe ich mich von dem schwarzen Sessel.
"Ich gehe kurz aufs Klo", informiere ich meine beiden Freunde und laufe die Treppen herunter. Ich will gerade die Tür zu den Herrentoiletten öffne, als jemand zaghaft gegen mich stößt.
Vor mir steht eine junge Blondine, die nun von dem Smartphone in ihrer Hand aufsieht und mich direkt aus ihren großen blauen Augen mustert. "Sorry", stammelt sie und steckt das Handy in die Hosentasche ihrer knackig engen Jeans.
"Du musst schon aufpassen wo du hinläufst, das kann gefährlich werden", belehre ich sie und zwinkere ihr zu.
"Du hast Recht. Kann ich mich vielleicht mit einem Drink bei dir entschuldigen?", bietet sie an und schenkt mir einen lasziven Augenaufschlag.
Erst jetzt komme ich dazu sie richtig zu betrachten. Ihre Haare sind taillenlang und leicht gewellt, ihre blauen Augen nur dezent geschminkt aber dafür von dichten Wimpern gerahmt. Sie ist ein ganzes Stück kleiner als ich und ziemlich schlank. Zu der blauen Jeans trägt sie ein weißes Shirt, eine beige Strickjacke und ein paar Stiefel mit leichtem Absatz.
Sie ist zwar nicht Luana, eher das komplette Gegenteil, aber ich muss zugeben, dass sie ziemlich hübsch ist. Luana ist eine Sexbombe, aber sie ist sich ihrer Wirkung auf Männer bewusst und das ist ihr größtes Problem. Doch auch ich weiß, dass ich mich nicht verstecken muss. Es gibt viele Mädchen, die auf diese Bad Boy Attitüde abfahren, auch wenn ich mich in Anbetracht der schönen blonden Unbekannten ziemlich underdressed fühle in meiner schwarzen Jogginghose und dem Nike Hoodie.
"Ich lasse mich nicht von Mädchen einladen", erkläre ich ihr und meine, einen Hauch von Enttäuschung in ihren klaren blauen Augen zu entdecken. "Aber wir können trotzdem gerne was zusammen trinken, wenn du möchtest."
Mir ist bewusst, dass das falsch ist. Nicht, weil ich Luana was schuldig bin, sondern weil ich weiß, dass sie nur eine Ablenkung für mich wäre, eine Art Lückenbüßer. Sie würde von mir keine ehrliche Chance bekommen und es wären ganz sicher keine Gefühle im Spiel, nicht mal ernsthaftes Interesse, aber wer sagt denn, dass das bei ihr anders wäre?
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Vier Worte
ChickLit"Wir müssen dringend reden." Diese vier Worte bedeuten nie was Gutes. "Ich brauche mehr Freiheit." Vier Worte, tausend Gedanken. Das Ende der Beziehung von Luana und Fero - aber erst der Beginn dieser Geschichte. _________________________________ ...