23dreiundzwanzig

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Ich liege lange in meinem Zimmer auf dem Bett herum und lasse die Worte meiner Mum auf mich wirken.

Sie ist überzeugt davon, dass ich auf Fero zugehen und um ihn kämpfen soll. Ich will das auch, aber ich traue mich nicht. Was, wenn ich nur wieder Salz in die Wunden streue? Ich glaube nicht, dass er mir noch eine Chance gibt.

Ich hadere mit mir, überlege hin und her. Immer wieder gehe ich auf sein Instagram Profil und scrolle durch seine Bilder, bis mir irgendwann auffällt, dass die Bilder von uns nicht mehr zu finden sind, dabei waren sie vorhin noch da.

Hat er sie gelöscht?

Hat er mich jetzt endgültig aus seinem Leben gelöscht?

Ich klicke auf WhatsApp und schreibe ihm.

"Du hast die Bilder von uns gelöscht?", schreibe ich ihm enttäuscht.

Es dauert nicht lange, bis er mir antwortet: "Siehst du doch."

Stimmt. Ich sehe es. Aber ich will es nicht wahrhaben.

"Wieso?", frage ich nach. Tränen laufen mir über die Wangen.

"Weil es vorbei ist, Luana."

"Das war es letztens schon", gebe ich zurück. "Aber da hast du die Bilder auch nicht rausgenommen."

"Da hatte ich noch Hoffnung", erwidert er ehrlich.

"Und jetzt nicht mehr?"

Er antwortet nicht. Er ist online, aber nicht auf meinem Chat.

Mit wem zur Hölle schreibt er jetzt?

"???", schicke ich ungeduldig hinterher.

"Ich bin unterwegs. Was willst du jetzt von mir?"

Vorbei sind die Zeiten, in denen er immer für mich Zeit hatte und ich kann es ihm nicht mal verübeln.

Ich nehme all meinen Mut zusammen und schreibe direkt: "Können wir uns treffen? Ich muss nochmal mit dir reden."

Es dauert wieder, bis die Benachrichtigungsleiste mir eine Antwort anzeigt.

"Nein Luana, können wir nicht."

Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen und die Tränen tropfen unkontrolliert auf die rosane Bettdecke.

"Bitte Fero. Es ist mir echt wichtig."

"Ich bin noch unterwegs."

"Wann bist du zurück? Ich komme zu dir oder wir können uns irgendwo treffen", biete ich an.

"Boah Luana, du nervst."
Vier Worte, die deutlich zeigen, dass er sich von mir distanziert hat.

"Bitte Fero", schreibe ich weinend zurück.

"Sei um 21 Uhr bei mir."

Erleichtert atme ich auf. Er gibt mir wenigstens die Chance auf ein Gespräch, doch gerade ist die Angst größer als die Hoffnung.

Die nächste Stunde ist quälend lang bis ich mir einen grauen Jogginganzug überziehe, meine schwarzen Haare zu einem Pferdeschwanz binde und im Flur in meine weißen Nike Airforce schlüpfe.

"Wo willst du hin, Schatz?", fragt meine Mutter und tritt neben mich.

"Ich treffe mich mit Fero", teile ich ihr mit und werfe einen prüfenden Blick in den Spiegel. Meine Haare glänzen nicht wie sonst, sondern hängen matt von meinem Kopf. Mein Gesicht ist ungeschminkt, unter meinen Augen liegen tiefe Ränder. Ich wirke müde und ausgelaugt.

"Wollt ihr doch nochmal reden?", fragt sie und zieht mich in eine warme Umarmung. Ich lehne meinen Kopf an ihre Schulter und genieße kurz ihren vertrauten Geruch. "Ja Mama", flüstere ich. "Soll ich dich fahren?" "Nein, brauchst du nicht. Ich laufe hin. Ich muss ein bisschen den Kopf frei kriegen."

Wir verabschieden uns voneinander, ich stecke meine Airpods in die Ohren und laufe die Treppen herunter.

Nach guten zwanzig Minuten bin ich an dem Plattenbau angelangt, in dem Fero wohnt. Mit zitternden Fingern drücke ich auf die Klingel. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals bis der Türöffner laut summt.

Heute nehme ich nicht den kleinen ranzigen Fahrstuhl, sondern laufe durch das enge Treppenhaus. Die Stufen sind dreckig, die Wände beschmiert mit Edding und Graffiti.

Als ich ein wenig atemlos in der dritten Etage ankomme, steht Ferat schon im Türrahmen und mustert mich aufmerksam. Er trägt eine schwarze Jogginghose und einen Hoodie. Seine Haare sind verstrubbelt und sein Gesicht ist ausdruckslos. Ich überwinde die letzten Meter zwischen uns und bleibe nervös vor ihm stehen.

Er macht keine Anstalten mich zu begrüßen, sondern tritt stattdessen wortlos zur Seite.

Ich folge ihm in sein kleines Wohnzimmer und setze mich zögerlich auf die Couch. Die Situation ist fast genau so wie vor einigen Tagen, als ich hierher kam um ihn zu verlassen.

Heute weiß ich, dass das ein riesiger Fehler war.

Hätte ich an diesem Tag doch einfach nur einen Rückzieher gemacht.

Fero zündet sich einen Joint an und kippt das Fenster, bevor er sich auf die andere Seite der Couch setzt.

"Danke, dass du dich auf ein Treffen eingelassen hast", sage ich ehrlich.

"Kein Ding", antwortet er und bläst den süßen Rauch in die Luft.

Dann hält er mir den Joint hin.

Ich schüttel energisch den Kopf.

"Nimm, du kiffst doch jetzt auch", provoziert er mich.

"Ne, mache ich nicht", gebe ich trotzig zurück.

"Sah gestern noch anders aus", bemerkt er mit hochgezogenen Augenbrauen und führt den glimmenden Joint wieder an seine eigenen Lippen.

"Hör auf damit", bitte ich ihn. Ich will nicht, dass das Gespräch wieder in diese Richtung geht. Ich will nicht mit ihm streiten, ich bin aus anderen Gründen hier.

Fero antwortet nicht, sondern zieht schweigend weiter an dem Joint, bevor er ein wenig der Asche in dem gläsernen runden Aschenbecher abklopft.

"Also, ich wollte mit dir reden", beginne ich nervös und fummel an den Kordeln meines Hoodies rum.

"Rede", antwortet Fero abweisend.

"Fero, es tut mir leid wie unser Gespräch heute morgen gelaufen ist und auch der Abend gestern. Es tut mir leid, dass ich dich angeschrien habe, es tut mir leid, dass ich so scheiße zu dir war. Ich weiß, dass du das nicht verdient hast. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich erkenne mich selbst nicht mehr wieder. Ich weiß nicht mal mehr, wieso ich mich von dir getrennt habe. Ich bereue das alles so sehr."

Vier WorteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt