28achtundzwanzig

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Luana beendet ihre billige Show und Talea grinst sie dreckig an. Hure.

Ich stehe fassungslos mitten im Wohnzimmer, vergesse Lesley neben mir und starre wie ein Psychopath zu ihr herüber. Ist sie schon wieder so besoffen?

Ein paar Hurensöhne applaudieren und brüllen angeheizt herum. Ich habe mich noch nie so sehr für sie geschämt, dabei könnte es mir eigentlich am Arsch vorbeigehen. Tut es aber nicht und ich hasse mich dafür.

Luana dreht sich um und blickt direkt in meine Augen. Wütend starre ich sie an, ohne jegliche Regung in meinem Gesicht. Sie wirkt ertappt, ein wenig beschämt und streicht sich unsicher eine ihrer schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht.

"Willst du was trinken, Lesley?", frage ich meine Begleitung und löse meinen Blick von meiner toxischen Ex. Sie nickt und schenkt mir ein herzliches Lächeln.

Augenblicklich fühle ich mich schlecht, dass ich das arme Mädchen so ignoriert habe und nur auf Luana fixiert war und das steigert meine Wut auf sie erneut ins Unermessliche.

Ich fülle Whiskey und Cola in zwei rote Pappbecher, ohne Lesley zu fragen, ob sie das überhaupt mag und reiche ihr einen davon. Ich trinke selten Alkohol, aber Luana bringt die schlechtesten Seiten an mir zum Vorschein. Wütend kippe ich die erste Mischung auf Ex und schenke mir erneut etwas von der bräunlichen Spirituose ein.

Lesley nippt indes nur einmal an ihrem Getränk. "Willst du lieber was anderes?", frage ich sie aufmerksam. Sie nickt. "Ja, ist nicht so ganz mein Fall." Ich leere auch ihren Becher, zerknülle ihn und schmeiße ihn in den petrolfarbenen Müllsack, der unter der improvisierten Bar in Form eines Klapptisches steht. Dann halte ich Vodka und Orangensaft hoch und sehe sie fragend an. "Besser", kommentiert sie und nickt mir grinsend zu.

Ich fülle einen neuen Becher und reiche ihr das Getränk, bevor ich meinen Arm um ihre schmale Hüfte lege und sie behutsam ans andere Ende des Raumes schiebe.

"Tut mir leid, ist nicht mein Tag", entschuldige ich mich aufrichtig bei ihr. Sie ist extra wegen mir hierher gekommen, kennt niemanden und ich verhalte mich wie ein Arsch.

"Merke ich schon. Liegt es an ihr?", fragt sie und deutet mit ihrem Blick in Luanas Richtung, die gerade das nächste Schnapsglas leert, vermutlich das 578. an diesem Abend.

"Ehrlich gesagt ja", gebe ich zu.

"Wer ist sie?", fragt sie ernsthaft interessiert. Keine Spur von Eifersucht oder Missgunst in ihrer Stimme.

Ich sehe in ihre strahlend blauen Augen. "Meine Ex", erkläre ich nüchtern.

"Dachte ich mir", kommentiert sie und trinkt einen Schluck. "Sie hat nicht umsonst versucht mich mit ihren Blicken zu töten, als sie uns zusammen gesehen hat."

"Sorry. Ich wusste nicht, dass sie auch hier ist, sonst wären wir woanders hingegangen. Ich wollte nicht, dass du zwischen die Fronten gerätst."

"Schon okay, ich kann damit umgehen", antwortet sie abgeklärt und schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln. "Die Frage ist nur, ob du das auch kannst."

"Geht so", gebe ich zu. "Wollen wir uns lieber eine ruhigere Ecke suchen? Dann können wir uns auch besser unterhalten", schlage ich vor.

"Klar, gerne."

Sie folgt mir und wir klappern die anderen Zimmertüren ab, landen zuerst in Küche und Badezimmer bis wir in einem kleinen Büro stehen.

Ich ziehe die Tür hinter uns zu und setze mich mit Lesley auf die blaue Schlafcouch.

"Ich habe keinen Bock auf diesen Rosenkrieg mit ihr, ich muss ihr nichts beweisen. Ich bin mit dir hier, nur darum geht es mir gerade", stelle ich klar, auch wenn es nur die halbe Wahrheit ist.

Wenn ich ehrlich bin, fuckt es mich ab, nicht zu wissen, was jetzt der nächste Geniestreich in ihrem besoffenen Kopf ist. Vielleicht steht sie gerade schon in Unterwäsche mit Talea im Esszimmer und legt einen Striptease aufs Parkett oder sie hängt wieder kotzend in irgendeiner Zimmerpflanze. Vielleicht zieht sie auch gerade eine Line Koks - nichts davon würde mich mehr überraschen.

"Das klingt gut", gibt Lesley geschmeichelt zurück und schenkt mir einen tiefen Blick.

Ich bekomme ein ungutes Gefühl, worauf das ganze hier gleich hinaus laufen wird.

"Ist auch besser, wenn du mal den Kopf frei kriegst", merkt sie an und legt ihre Hand auf meine.

Diese offensive Anmache ist mir viel zu billig, aber heute bin ich so verzweifelt, dass ich darauf einsteige.

Ich umgreife ihre Finger mit meinen und streiche sanft mit meinem Daumen über ihren Handrücken. Alles in mir sträubt sich dagegen, doch ich mache weiter. Ich muss.

Ich lege meine Hand an ihr Gesicht und küsse sie vorsichtig auf den Mund.

Sie stellt ihren Becher auf den kleinen silbernen Schreibtisch aus Metall und setzt sich auf meinen Schoß.

Nun fordert sie einen weiteren Kuss ein, fährt mit ihrer Hand über meinen Bauch und zieht sich ohne Vorwarnung ihre Bluse über den Kopf. Unachtsam lässt sie das rosaglänzende Kleidungsstück auf die dunklen Fliesen fallen und küsst mich erneut.

Ich überlege fieberhaft, wie ich ihr schonend beibringe, dass ich gerade nicht dazu bereit bin eine Nummer im Nebenzimmer zu schieben, während meine Ex auf der anderen Seite der Wand Gas gibt, als plötzlich die Tür auffliegt und laut gegen den dahinter stehenden Schrank knallt.

Luana steht im Türrahmen und starrt mich giftig an. "Was machst du da?", knurrt sie. Dann kommt sie wutentbrannt auf uns zu und zerrt Lesley wie eine Furie von meinem Schoß.

"Zieh dich an, du Schlampe", befiehlt sie ihr. Ich stehe von der Schlafcouch auf und baue mich vor ihr auf.

"Wer gibt dir das Recht hier reinzuplatzen?"

Vier WorteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt