Kapitel 60: Tränen der Nacht

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"Reg... Regulus..." Leise ertönte der geflüsterte Name durch das Zimmer und Marlene schlug ein weiteres Mal in dieser Nacht die Augen auf. Seufzend drehte sie sich zu Sirius und strich ihm durch die Haare. "Er ist weg.", flüsterte dieser und presste die Augenlider zusammen, unter denen die Tränen hervorquollen. "Ich weiß, Schatz. Ich weiß. Und Emmy auch... Aber wir dürfen nicht aufgeben, wir müssen stark bleiben. Für die beiden! Und auch für Luise, die nie die Chance hatte, zu leben.", sagte Marlene traurig und musste ein Aufschluchzen unterdrücken. Sie konnte es noch immer nicht glauben. Ihre langjährige Freundin war tot. Gestorben. Einfach weg. Es war eine unendliche Last, die damit nun auf ihren Schultern lastete. Auch, wenn sie nichts für den Tod der beiden konnte, fühlte sie sich in gewisser Weise schuldig. Es war ein grausames Gefühl. Einzig der Trost, dass Emmeline nun bei ihren Eltern war, half, den Schmerz erträglicher zu machen. "Du hast ja recht. Aber es tut so weh... Ich weiß nicht, ob ich weitermachen kann, selbst wenn ich möchte.", sagte Sirius mit brüchiger, leiser Stimme. "Wir gehen morgen mal zu Harry und fragen ihn um Hilfe. Er musste sowas ja auch schon durchmachen.", schlug Marlene ihrem Mann vor und Sirius nickte. "In Ordnung. Er wird uns sicher sagen, was wir tun können, um den Schmerz zu lindern."

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"Der Schmerz geht nie weg, niemals. Ihr werdet nur lernen, besser damit umzugehen. Manchmal, vor allem in den ersten Monaten, ist es sehr schwer, mit dem Verlust klarzukommen. Wir alle werden uns hoffentlich gegenseitig unterstützen, aber mamchmal werden wir die beiden auch so sehr vermissen, dass es eigentlich unaushaltbar ist. Solche Momente sind meistens Geburts- und Todestag und ansonsten eben Augenblicke, die uns erinnern, oder Fotos und Sachen, die man gemeinsam erlebt hat. Aber - und das hilft mir immer, wenn der Schmerz und die Sehnsucht überhand nehmen - Emmeline und Regulus sind nicht weg, nur weil sie nicht mehr unter uns sind. Sie leben in unseren Herzen weiter und deswegen sollten wir niemals anfangen, sie zu vergessen.", erklärte Harry allen am nächsten Tag, da nicht nur Marlene und Sirius Interesse an einem Gepräch hatten. "Also können wir nur lernen, mit diesem Schmerz zu leben, sodass es irgendwann nicht mehr weh tut, wenn wir an die beiden denken?", fragte Lily enttäuscht. "Ja, so ist es. Und wir sollten nie vergessen und verlernen, zu lachen. Denn das ist das, was sie wollen würden: Dass wir uns nicht von ihrem Tod runterziehen lassen, sondern dass wir weitermachen, besser, als zuvor!" Plötzlich erschien ein heller, von Licht erfüllter Falke - der Patronus von Leopold. Als alle still waren, begann der Vogel auch schon, zu sprechen: "Ich bin in einer Stunde bei euch." "Was, das war's?", fragte Dorcas verwundert, als der Patronus verschwand. "Scheint so.", meinte Marlene und zuckte die Schultern. "So lädt man sich selbst ein. Und das in einem Satz - ich bin beeindruckt.", grinste James, doch seine Augen blieben traurig. "Tja, Krone, ich schätze, du musst das noch üben." Als Remus von allen außer James und Dorcas fragend angesehen wurde, begann er, zu erklären: "James wollte sich letzte Woche bei uns zum Mittagessen einladen, weil Lily aus war und er nicht kochen kann, wie wir ja alle wissen. Aber Dorcas hat ihn vehement abgewiesen." Er grinste. "Also musste er eben zu Mummy und Daddy gehen und um Essen bitten. Und das wollte er eigentlich vermeiden." Ein kleines Lächeln ging durch die Runde, doch ein normales Lachen brachte niemand zustande. Vor allem Sirius war in Trauer und Schuldgefühlen gefangen. Es war wie eine große Blase: Er bekam zwar alles mit, was geschah, aber er hörte es nur wie durch Watte. Sein Geist befand sich bei seinem Bruder im Himmel, wo Regulus nun endlich glücklich sein konnte, ohne, dass er es verstecken musste.

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"Hallo? Ist jemand hier?", rief eine gute Stunde später plötzlich eine männliche Stimme durch die Eingangstür des Anwesens der Potters. "Leopold, bist du das?", fragte Euphemia misstrauisch. Zu diesen Zeiten wollte sie niemanden in ihr Haus lassen, der keine Sicherheitsfrage beantwortete. "Ja, ich bin es." "Wie sollte die Tochter deiner Schwester heißen?" "Luise Adhara Black." Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, woraufhin Euphemia die Tür öffnete. "Hallo.", sagte Leopold, der nun etwas verloren, mit verquollenen Augen und dunklen Schatten unter eben diesen in der Eingangshalle stand. In diesem Moment konnte James' Mum nicht anders und schloss den jungen Mann in ihre Arme. Sie murmelte ihm tröstende Worte zu und Leopold genoss die Umarmung einer Mutter, die er schon so lange nicht mehr hatte genießen können. "Sie sind alle weg. Sie haben mich allein gelassen.", sagte er zitternd und plötzlich brach alles aus ihm heraus. All die Tränen, die er in der letzten Nacht nicht hatte weinen können, tropften nun über seine Wangen auf den Boden, während er mit zitternden Händen und einem Stofftaschentuch versuchte, die Tränen zu stoppen. Doch es half nichts. Die Tränen waren wie das Blut, das aus der Wunde seines Herzens floss. Für seine Eltern, seine Schwester und seine ungeborene Nichte.

Hey Leute, jetzt kommt endlich ein neues Kapitel! Es ist zwar ein bisschen kürzer, aber die nächsten Kapitel werden wieder länger. Dieses hier sollte eigentlich auch ein langes werden, aber ich fand diesen letzten Satz so schön, dass ich ihn einfach als Schluss haben wollte. Noch ein schönes Wochenende wünsche ich euch! 😊

Harry Potter und die Zeitreise zu den Rumtreibern und zurück!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt