Der weinende Mönch

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Ich war in unser zerstörtes Dorf zurückgekehrt.
Verzweifelt sah ich mich um. Nimue lebte, das wusste ich, aber Pym hatte ich nicht wieder gesehen. Innerlich bereitete ich mich schon auf das schlimmste vor. Es herrschte grausame Stille. Nur meine Schritte knirschten gelegentlich durch das verbrannte Holz und die Leichen. Über die Paladine lief ich rücksichtslos rüber, doch den toten Fey wich ich aus. Pym war nirgendwo zusehen, was mich ein wenig erleichterte. Mit etwas Glück hatte sie fliehen können, das hoffte ich zumindest. Squirrel war ebenfalls verschwunden. Ich hatte gedacht, er wäre vielleicht zu den Überresten des Dorfes wiedergekehrt, um sich Hilfe zu suchen. Nachdem ich das ganze Schlachtfeld vergeblich nach Überlebenden abgesucht hatte suchte ich mir noch brauchbare Waffen. Nach kurzer Zeit fand ich ein Schwert, das in der Asche lag, und einen Bogen. Unterwegs würde ich mir Pfeile bauen. Doch vorher würde ich nach Squirrel suchen.

Einen ganzen Tag war ich durch den Wald gestreift, um den kleinen Jungen zu suchen. Ich hatte kleine Fußspuren, die ungefähr zu Squirrel passen könnten, entdeckt. Mich traf jedoch eine böse Vorahnung, als ich Huf Spuren neben ihnen erkannte. Gerade, als die Dämmerung herein brach und ich mich ausruhen wollte entdeckte ich einen Reiter, der etwas kleines hinter sich her zog. Erschrocken erkannte ich, dass das kleine etwas Squirrel war. Und das der Reiter, der ihn ohne Zweifel entführt hatte, der weinende Mönch war.
So leise wie mir möglich lief ich durchs Unterholz und verfolgte die beiden. Der weinende Mönch hatte Squirrels Hände mit einem dicken Seil zusammen gebunden und ritt im gemächlichen Schritt vor ihm her. Doch für Squirrel waren die großen Schritte des Pferdes auf Dauer zu schnell und er stolperte mehr als er ging. Jedoch hörte er nicht auf den Mönch zu beschimpfen. „Du hast die Mondschwingen getötet. Macht dich das etwa mutig? Hasst du sie, weil sie im Gegensatz zu dir so schön sind?  Selbst dein Pferd ist hässlich, und dabei liebe ich Pferde. Aber ich muss schon sagen von hier hinten kann ich eine gewisse Ähnlichkeit zwischen euch erkennen. Du hast ein Gesicht wie ein Pferdearsch!" Die Worte des Jungen brachten mich zum Schmunzeln. Schon immer hatte er einen außergewöhnlichen Charakter. Irgendetwas musste ich tun, doch bevor ich meinen Gedanken zu Ende bringen konnte entdeckte ich fünf Fey, die sich ebenfalls an den weinenden Mönch heran schlichen. Ich erkannte einige von ihnen. Unter anderem Josse aus unserem Dorf. Sie auf mich aufmerksam zu machen hätte auch die Aufmerksamkeit des Mönches auf mich gezogen, was ich definitiv nicht wollte.
Lange verfolgten wir Squirrel und seinen Entführer. Die beiden ruhten und der schwarze Mönch entzündete ein Feuer, als die Nacht herein brach. Schweigend und immer noch gefesselt saß Squirrel auf dem Boden, während der weinende Mönch mit geschlossenen Augen an einem Baum lehnte. Doch irgendetwas sagte mir, dass er nicht wirklich schlief. Wahrscheinlich entspannte er nur. Die anderen Fey, die Squirrel ebenfalls da raus holen wollten, schlichen sich an ihn heran. „Steh auf, du verdammter dreckskerl", sagte Josse und bedrohte den weinenden Mönch mit einer Mistgabel. Langsam öffnete der Mönch seine Augen. Ich beobachtete das ganze aus kleiner Entfernung. 
Josse!" Überrascht richtete Squirrel sich auf. Josse fragte ihn, ob es ihm gut ging und befahl den anderen den schwarzen Mönch zu fesseln.
Wie man hört sollst du die meisten Fey auf dem Gewissen haben. Seht euch die Male unter den Augen an."  Voller Abscheu musterte Josse den Mönch. „Doch für uns vergießt du keine Träne." Die Angehörigen meines Volkes wogen sich in Sicherheit, da sie dachten, dass sie im Vorteil wären. Aber ich hatte von dem weinenden Mönch gehört und wusste, dass er unbesiegbar war. „Such mir ein Stück glühende Kohle", befahl Josse. „Wurdest du schon mal von einem Pferd gezogen, das ein Stück Glut im Arsch hat?" Ohne sich zu wehren ließ der Mönch sich mit zu seinem Hengst ziehen. Den Worten des anderen Mannes schien er gar nicht zu zuhören. Stattdessen fixierten seine Augen auf einmal mich. Meine Eltern und ich waren Angehörige des Nachtvolkes und wenn wir wollten, waren wir wie Schatten. Eigentlich war es unmöglich, dass er mich bemerkt hatte, aber es war so. „Nicht, dass ich wüsste." Ich wusste nicht warum, aber irgendwie gefiel mir der Klang seiner rauen Stimme. „Töte ihn doch einfach!", rief Squirrel. Aber seine Retter ignorierten ihn einfach.
Was wolltest du eigentlich mit Squirrel, du kranker Bastard?"
Abwartend sah Josse ihn an.
„Der Junge interessiert mich nicht. Er ist bloß ein Köder."
Ach was. Für wen?"
Der schwarze Hengst auf dem der Mönch geritten war schnaubte nervös und wieherte. „Ruhig, Goliath." Für einen Moment sah er sein Pferd an, dann sagte er: „Für euch."
Blitzschnell schlug er die beiden zu Boden, wickelte dem Zügel seines Pferdes um den Hals des einen, schwang sich elegant über das Pferd, wehrte den Angriff eines Fey ab und schnitt ihm mit seinem eigenen Dolch die Kehle durch. Dann warf er den Dolch einem anderen zwischen die Augen und trat wieder einen anderen in die feurige Glut, was die Funken sprühen ließ. Warum ich nicht half, wusste ich nicht. Mir hatte auch niemals jemand von denen geholfen, ob das der Grund war oder die Tatsache, dass die Kampfkunst des Mönches mich faszinierte, wusste ich ebenfalls nicht. Als wäre es selbstverständlich holte der Mönch eine Axt aus der Satteltasche hervor und töte damit wieder einen angreifenden Fey. Eine mir unbekannte Frau rannte mit Kampfgeschrei auf ihn los, doch auch das war keine Herausforderung für ihn. Das Klirren der Waffen und das angestrengte Gekeuche  verstummt. Auf einmal herrschte wieder Totenstille.

Ängstlich rutschte Squirrel auf dem Boden zurück, als er sah dass der weinende Mönch bedrohlich auf ihn zu kam

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Ängstlich rutschte Squirrel auf dem Boden zurück, als er sah dass der weinende Mönch bedrohlich auf ihn zu kam. Das löste einen BeschützerInstinkt in mir aus und ich warf einen Dolch nach ihm. Haarscharf floh jener Dolch an seinem Kopf vorbei. Der Mönch blieb stehen. Ohne sich zu mir um zu drehen sprach er: „Warum hilfst du ihm und den anderen nicht?"
Langsam trat ich aus dem Schatten. „Lass den Jungen gehen. Was willst du noch mit ihm?"
Bevor ich mein Schwert ziehen konnte packte der schwarz gekleidete Mann mich und drückte mich gegen den Baum, der mich eben noch vor seinen Blicken geschützt hatte. Von ihm ging ein Geruch von Blut und etwas anderem aus. Das Blut war weniger angenehm, aber der andere Geruch hatte schon etwas. Hasserfüllt sah ich ihn an. „Töte meinetwegen mich, aber lass ihn gehen."
Aus dieser extremen Nähe konnte ich ihn genauer betrachten. Seine Augen wirkten gefühlskalt, sein Gesicht war markant. Er fixierte meine Arme mit seinen Blutverschmierten Händen neben meinem Kopf und machte es mir so unmöglich mich gegen ihn zu wehren. „Warum sollte ich das tun?"
Langsam ließ sein fester Griff nach und er ließ mich schließlich komplett los, um mir dann sein blutiges Schwert an die Kehle zu halten. Das kühle Metal bohrte sich leicht in meine Haut. Allein eine falsche Bewegung konnte meinem Leben ein Ende setzen. „Er ist nur ein Kind", entgegnete ich. Die blauen Augen des schwarzen Mönches starrten mich furchteinflößend an. Jedoch dachte ich nicht daran, ihm meine Angst zu zeigen. Die Genugtuung werde ich dem Mistkerl nicht geben, dachte ich. „Denk nicht daran flüchten zu wollen. Ich werde dich finden. Egal wie weit du läufst." Grob entriss er mir meine Waffen, ging zu Squirrel und flüsterte rau und bedrohlich: „Erzähl deinen Feybrüdern, was hier geschehen ist." Er musterte den Jungen kurz. „Und dass ich sie finden werde. Lauf!"

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