Nimue

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„Verzeiht ihr, Bruder. Sie meinte es nicht so", meldete sich Igraine eilig zu Wort.
Möglichst unterwürfig nickte ich und sagte: „Verzeihung, Bruder."
Am liebsten hätte ich ihm die Kehle durchgeschnitten, aber meine Rache musste leider noch warten.
In Ordnung. Aber sei gewarnt! Das nächste mal kommst du mir nicht so einfach davon!"
Wieder nickte ich und verschwand dann mit Igraine, um zu verhindern, dass wohl möglich noch mehr Worte, die mich in Schwierigkeiten bringen könnten, meinen Mund verlassen.
„Bist du irre?", fragte sie zischend.
„Ein wenig. Wahrscheinlich mehr als nur ein wenig, aber ja."
Sie warf mir einen bösen Blick zu und fauchte leise: „Wir haben jetzt keine Zeit für Späße!"
Ein trockenes, gefühlloses Lachen entfuhr meinen Lippen.
„Glaub mir, das war kein Spaß."
Sowas hatte ich schon öfter zu hören bekommen. Hauptsächlich von den Bewohnern meines Dorfes, weil sie der Meinung waren, dass Frauen keine Waffen führen sollten und stattdessen heiraten und eine Familie gründen sollten. Aber es war mir eigentlich ziemlich egal.
„Er hätte sonst was mit uns gemacht!"
Igraine hatte recht, das wusste ich, aber ich ging nicht weiter darauf ein.
Wohin führst du mich?", fragte ich stattdessen.
„Du musst mir bei etwas helfen."

Die freundliche Nonne führte mich in ein kleines Häuschen aus grauem Stein. Ein angenehmer Geruch von unzähligen Kräutern und Stroh stieg mir in die Nase. Eine junge Nonne stand dort im Raum und starrte auf seltsame Weise ein anderes  Mädchen mit langen, gewellten, braunen Haaren an. Als ich erkannte, dass es sich bei diesem Mädchen um Nimue handelte stockte mir kurz der Atem. Sie war am Leben und unversehrt! 
Auch sie riss ihre blauen Augen weit auf, als sie mich erkannte, aber schwieg weiterhin, um sich nicht zu verraten. Erschrocken stellte ich fest, dass sie voller Blut war und überall zerkratzt war.
„Iris, weiß Oberin Nora, dass du hier bist?", fragte Igraine das junge Mädchen, das sich als Iris entpuppt hatte verwundert.
„Nein, Schwester Igraine."
Igraine ging einen Schritt auf Iris zu, was das Stroh, das auf dem Steinboden lag, leise rascheln lies.
Nun", sie machte eine kleine Pause und ihre Mundwinkel zuckten nach oben, „ ich werde ihr nichts verraten. Es gibt frische Maulbeeren in der Küche, und du solltest dich aufwärmen. Wir haben viele Gäste zu versorgen. Bring ihnen etwas zu essen und zu trinken."
Igraine hörte sich an als würde sie mit einem kleinen Kind sprechen.
„Wer ist sie?", fragte Iris unfreundlich.
„Das ist nicht wichtig. Und jetzt beeil dich. Bevor keine Maulbeeren mehr übrig sind", entgegnete Igraine.
Widerwillig und mit einem letzten misstrauischen Blick verschwand Iris. Obwohl es mir schwerfiel musste ich so tun, als würden Nimue und ich uns nicht kennen. Igraine wusste bereits, dass ich eine Fey war, aber sie musste nicht auch noch über Nimues Identität Bescheid wissen. Auch meine beste Freundin schien das zu verstehen.
Mit schnellen, wütenden Schritten ging Igraine auf Nimue zu. Ein lautes Klatschen ertönte, als Igraines zarte Hand auf der geröteten Wange meiner Freundin landete.
„Du hast mir niemanden zu reden, außer ich sage es dir!" Trotz der Backpfeife fragte Nimue nur laut und aufgebracht: „Wo ist mein Schwert?"
Verwirrt sah ich Nimue an, denn dass sie ein Schwer führte war mir unbekannt.
„Reg dich nicht so auf. Arthur hat es mitgenommen."
Woher kannte Igraine Arthur? Ich hatte gewusst, dass man ihm nicht trauen konnte.
„Er hat was?"
„Hör zu. Es mir egal, was zwischen dir und Arthur geschehen ist und in was für Schwierigkeiten er dich auch gebracht hat, aber während du hier bist- Warte! Bleib stehen! Du kannst da nicht raus!"
Nimue rannte zu der kleinen Holztür und schubste Igraine unsanft zur Seite, als sie sie auf halten wollte. Auch ich wollte sie stoppen, denn da draußen wimmelte es nur so von roten Paladinen, doch Nimue war schneller und drängte sich an mir vorbei. Fluchend wollte ich meiner Freundin hinterher laufen, aber Igraine hielt mich zurück.
„Geh in die Küche und hilf die Gäste zu versorgen.
Und pass ja auf, dass niemand herausfindet, dass du eine Fey bist. Zieh dir Handschuhe an und meide Pater Carden. Ich gehe das Mädchen suchen."
Damit verschwand sie in der Tür.

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