Im Morgengrauen wurde ich von Vogelgezwitscher geweckt.
Lautlos richtete ich mich auf und streckte mich. Der weinende Mönch schien noch zu schlafen. Hatte er sich überhaupt einmal bewegt? So wie er am Abend zuvor eingeschlafen war, so lag er immer noch an den Baum gelehnt. Wir schienen dem Ziel, was auch immer es war, nicht mehr weit entfernt zu sein. Bei dem Gedanken
lief mir ein kalter, unangenehmer Schauer den Rücken hinunter. Die Dinge, die die Kirche tat, um Informationen herauszubekommen oder einfach, weil sie jemanden bestrafen wollten, waren grausam. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen und ich rieb einmal darüber.
Jetzt wo der weinende Mönch schläft habe ich genug Zeit, um zu fliehen, dachte ich. Langsam und leise zog ich den kleinen Dolch aus meinem Stiefelschaft, rollte ihn aus dem Stofffetzen und betrachtete den hübsch verzierten Dolch. Das Gegenstück gehörte einst meiner Mutter. Feine Ranken waren in das helle Metal eingraviert, auch der Griff war verziert.
Mein Name war in das dunkle Leder geritzt.
Calethya
Dann vergewisserte mich, ob der Mann wirklich schlief.
Eigentlich war er gar nicht so hässlich wie Squirrel behauptete, als der weinende Mönch ihn entführt hatte.
Im Schlaf wirkten seine Gesichtszüge entspannt und er sah jünger aus. So viel älter als ich konnte er nicht gewesen sein. Möglicherweise Mitte zwanzig.
Die Male unter seinen blauen Augen kamen mir bekannt vor, doch ich wusste nicht, woher. Sie kamen mir nicht menschlich vor.
„Hör auf zu starren."
Langsam schlug er seine Augen auf und streckte auffordernd seine Hand aus. „Gib mir das", befahl er, als er den Dolch sah.
Seine Stimme, die am Morgen noch rauer war als sonst, bereitete mir eine weitere Gänsehaut.
Als ich mich nicht regte, sondern ihm nur stur in die Augen sah fügte er hinzu: „Sonst muss ich dir weh tun."
Demonstrativ umfasste ich den Dolch fester. Da es niemandem gab dem er treuer war als Pater Carden wusste ich, dass er mich nicht töten würde. Mönche redeten viel. Unter anderem auch von der Loyalität des weinenden Mönches gegenüber Pater Carden.
Der Dolch bedeutete mir viel und ich würde ihn sicherlich nicht kampflos hergeben. Ich hätte aufmerksamer sein sollen, denn eigentlich war ich mir über seine Fähigkeiten bewusst.
Genervt erhob sich der weinende Mönch, entriss mir den Dolch gewaltsam.
Der junge, gefährliche Mann warf mir nur einen finsteren Blick zu, löschte die Glut und griff nach den Zügeln seines Pferdes.Es war bereits Abend. Die Sonne verschwand langsam hinter den grünbewachsenen Baumkronen und tauchte die Umgebung in ein blutrotes Licht.
„Seltsam. Den Jungen haben sie schon wenige Stunden später gerettet, dich suchen sie nicht mal."
Seine Stimme klang fast schon ein wenig spöttisch. Wenn er dachte, dass diese Worte mich verletzen würden, lag er falsch. Ich hatte schon vor langer Zeit damit abgeschlossen, dass die anderen Fey aus meinem Dorf mich mieden oder gar fürchteten.
Warum also sollten sie ihr Leben riskieren, um meines zu retten?
Gekonnt ignorierte ich seine Bemerkung.
Anscheinend hatte er nicht nur Spaß daran Fey zu töten, sondern auch daran sie mit Worten zu verletzen.
Jedoch war ich mir nicht mal mehr sicher, ob mein Herz überhaupt noch fähig war Schmerz oder Mitleid zu empfinden. Ich hatte tatenlos zu gesehen wie der weinenden Mönch fünf Männer, die ich seit meiner Kindheit kannte, abgeschlachtet hatte. Noch immer wusste ich nicht, ob ich nicht gehandelt hatte, weil sie mich ebenso im stich gelassen hatten oder aus einem anderen Grund. Anscheinend hatte er vor die Nacht durchzureiten, denn er hielt auch nicht als sie herein brach. Schnell zog ich mir meine Umhangkapuze tiefer ins Gesicht, als ich erkannte, dass der Himmel in dieser Nacht so klar war, dass der Mond alles beleuchtete.
Bei Mondlicht wurden an meinem ganzen Körper verschiedene Muster sichtbar. Schneeweiß bahnten sich Ranken von meinen Beinen bis zu meinem Gesicht ihren Weg. Dass ich dem Nachtvolk angehörte wussten nicht viele und es war besser so. Die Nachtclans lebten ursprünglich sehr viel weiter im Süden, doch als Pater Carden vor vielen Jahren seinen Kreuzzug durchs Land begann war mein Volk eines der ersten, das der Kirche zu Opfer fiel. Meine Eltern flohen, als ich zu jung war, um mich daran erinnern zu können. Ich hatte keinerlei Erinnerungen an meine Ursprüngliche Heimat. Nach den Erzählungen meiner Mutter waren wir mit wenigen anderen die einzigen Fey, die es geschafft hatten sich in Sicherheit zu bringen. Jedoch waren die anderen auf der Flucht Plünderern und Paladinen zum Opfer gefallen. Jede Fey des Nachtvolkes hatte eine besondere Fähigkeit, wir waren eins mit der Nacht und den Schatten. Manche von uns waren fähig eines der Elemente zu kontrollieren, doch um diese Art von Magie in sich zu finden muss man entweder die wahre Liebe oder den wahren Schmerz fühlen.
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Forbidden Love
FanfictionCalethya ist eine Junge Fey des Nachtvolkes. Mit nur neun Jahren verlor sie ihr Familie an die Feinde ihres Volkes, die Männer, die sich heute die Roten Paladine nennen. Als sie mit ihren beiden besten und wohlgemerkt auch einzigen Freundinnen von D...