Befragung

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„Sind das alle?", ertönte Pater Cardens Stimme aus einer großen Scheune. Mehrere Nonnen liefen hinein.
„Ja, bis auf Igraine. Sie ist bei Bruder Odo."
Ich hörte, wie die sonst so ruhige Stimme der Oberin leicht zitterte. Sie hatte Angst vor Carden. Mein weißes Haar schimmerte unter meiner Kapuze, mein schwarzes, langes Gewand wehte im Wind.
Da ich mich lautlos bewegte, bemerkten Pater Carden, Nora und der weinende Mönch mich erst, als ich in dem riesigen Scheunentor erschien. Die Sonne schien nur durch ein winziges Fenster hinein.
Schweigend stellte ich mich zu Carden und blickte die Nonnen vor uns eisig an.
Ohne mich zu beachten ging der graue Mönch auf jene Nonnen zu und betrachtete sie prüfend. Er suchte nach der anderen Fey. Nach Nimue.
Als erstes steuerte er eine junge Nonne etwas weiter hinten an. Gespannt folgte Iris, das Mädchen aus der Vorratskammer, ihm mit ihrem bohrenden Blick.
Grob riss der weinende Mönch der Nonne vor ihm die Haube ab und drehte ihren Kopf ein paar mal zur Seite. Ängstlich wimmernd ließ sie es über sich ergehen.
„Ist das wirklich nötig?", fragte Oberin Nora skeptisch, worauf Carden leise erwiderte: „Die Fey sind gerissen, wenn sie nicht gefunden werden Wollen. Manche beißen sich die Fingerspitzen ab, andere sägen sich die Flügel von den Rippen. Doch er weiß, wie man sie findet." Dabei deutete er auf den Mönch, der gerade die Rippen einer anderen eingeschüchterten, zitternden Nonne abtastete.
Jede einzelne der Nonnen stand ängstlich mit gesenktem Kopf da, außer dieser Iris, die das alles ziemlich interessant fand und auf einmal fragte:
„Wo ist denn die neue?"
Überrascht drehte der Mönch sich um, seine blauen Augen direkt auf das Mädchen gerichtet.
„Wer?"
Die Stimmen hallten an der Wand wieder.
„Ihr Name ist Alice. Sie ist gerade letze Nacht zu uns gekommen."
Ein lauter Glockenschlag ertönte. Erstauntes Raunen ging durch die Nonnen.
„Letze Nacht sagst du?"
Das Mädchen nickte brav.
Ich dachte, es gebe keine Neuzugänge?", wand der Pater sich bedrohlich an die Oberin, die verzweifelt aussah.
„Sie war dreckig, so als wäre sie im Wald gewesen."
Nun sah Oberin Nora geradezu enttäuscht von Iris aus.
Obwohl ich begann mir sorgen um Nimue zu machen, rührte ich mich nicht. Ich konnte mich in dem Moment nur darauf verlassen, dass sie es rechtzeitig bemerkte und es schaffte zu fliehen.
Ohne weiteres rauschte der weinende Mönch aus der Tür.
„Und wer ist die überhaupt?", Iris deutete auf mich, „Ist sie etwa eine Fey?"
Langsam hob ich meinen Blick und sah direkt in ihre Augen, dann ging ich auf sie zu.
„Du stellst eindeutig zu viele Fragen", knurrte ich, als ich direkt vor ihr stand.
Auch die Blicke der anderen Nonnen lagen auf mir.
Gwendolyn?", fragte Oberin Nora verwirrt, als sie mich erkannte. „Was ist mit dir geschehen?"
Fragend sah ich Pater Carden an, sollte ich ihr antworten? Immerhin musste ich ja die unterwürfige, Willenlose Waffe spielen. Er schüttelte kaum merkbar den Kopf und sprach: „Das ist nicht wichtig. Hilf deinem Bruder die Hexe zu fangen."
Ich nickte, murmelte ein ‚ja, Pater' und eilte dem Mönch hinterher.

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