Abschied

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Aaron saß auf meinem Sofa, die Beine ausgestreckt und noch immer dasselbe Buch in der Hand wie vorhin. Eines der wenigen, die sich in meinem Zimmer finden ließen. Ich bevorzugte dann doch eher Serien zum Zeitvertreib, aber das hatte er abgelehnt.

„Hey, alles okay?", fragte Aaron, als er mich bemerkte. Er legte das Buch beiseite stand auf und kam zu mir. Ich war unschlüssig im Zimmer stehen geblieben. Erstmal musste ich meine Gedanken ordnen.
„Ich werde sie so vermissen", hauchte ich, als Aaron nach meiner Hand griff. Er zog mich näher zu sich und ich schmiegte mich in seine Umarmung. Mittlerweile kam es mir keineswegs mehr merkwürdig vor, dass ich mich bei ihm so wohl fühlte. Ich kannte jetzt den Grund. Wir gehörten zusammen.

„Du wirst sie wiedersehen. Stell es dir wie Urlaub vor, ja?" Ich nickte, schwieg.
„Überlegst du es dir gerade doch noch anders?", fragte Aaron leise. Seine Stimme blieb ruhig und keineswegs sorgenvoll. Er würde es akzeptieren, wenn ich länger hier bleiben wollte, aber ich schüttelte den Kopf.

„Nein, Aaron. Ich habe es ernst gemeint. Ich möchte ein Wolf werden ... und ich möchte bei dir sein. Und was ich vorhin zu meinen Eltern sagte, war auch ernst gemeint. Früher oder später wäre ich sowieso hier weggegangen – es kam jetzt nur alles ein wenig plötzlich. Nicht nur für meine Eltern, sondern auch für mich. Ich hätte nicht gedacht, so schnell zu gehen, das ist alles." Aaron strich mir über den Rücken.
„Du weißt, dass wir uns auch hätten Zeit nehmen können. Wir hätten nicht unbedingt dieses Wochenende schon aufbrechen müssen."

„Weiß deine Familie, wo du steckst?", fragte ich aus dem Blauen heraus. Aaron wirkte verwundert, antwortete aber sofort: „Nein, wissen sie nicht. Aber sie wissen, dass ich meinen Mate suche und sie wissen, dass ich früher oder später zurückkehre."

„Machen sie sich keine Sorgen? Dir könnte doch beispielsweise etwas passieren. Ein Unfall oder Jäger oder was weiß ich." Mittlerweile hatten wir uns auf mein Bett gesetzt. Ich saß ziemlich dicht bei Aaron, sodass sich unsere Seiten berührten. Ich presste mich noch ein Stück fester an ihn, um Trost zu suchen.
„Mein Rudel würde es merken, wenn mir etwas zustößt. Nach meiner Alphazeremonie bekam ich die roten Augen meines Vaters, während seine fast vollständig wieder golden wurden. Sollte mir etwas zustoßen bevor ich das Ritual vollende, dann würde meine ganze Macht wieder auf meinen Vater übergehen. Also glaub mir, sie würde es merken und solange das nicht passiert, machen sie sich auch keine ernsthaften Sorgen. Sie wissen, dass ich alt genug bin und auf mich selbst achten kann oder meinst du, sie hätten mich sonst gehen lassen? Für Wölfe ist es etwas ganz Normales, dass sie manchmal für eine gewisse Zeit verschwinden, vor allem, wenn sie auf der Suche nach ihrem Mate sind."

Wir verfielen in Schweigen. Ich dachte darüber nach, wie mein Leben wohl abgelaufen wäre, wenn mein Wolf nicht unterdrückt sei. Ob ich auch in einem Rudel aufgewachsen wäre? Vielleicht sogar in Aarons? Hätten wir uns möglicherweise schon früher kennengelernt? Zu meiner eigenen Mate-Zeremonie, die ja vor der von Aaron stattgefunden hätte?
Mir spukten so viele Fragen durch den Kopf und ich fand auf keine eine Antwort, es waren ja auch nur theoretische Überlegungen. Ich malte mir aus, wie ich in einem Wolfrudel aufwuchs, mit allem, was Aaron mir bisher über sein Leben erzählt hatte. Es war eine schöne Vorstellung, andererseits hätte ich dann auch meine Eltern nie kennengelernt, wäre Merle nie begegnet und hätte Felix nicht getroffen. Würde ich das alles aufgeben wollen, wenn ich die Zeit zurück drehen könnte? Nein, dafür liebte ich diese Leute zu sehr.

Aaron hing seinen eigenen Gedanken nach und strich mir dabei über die Seite.
„Miles?", sagte er plötzlich. „Darf ich dich etwas fragen?"
„Natürlich."
„Vorhin ... was meintest du damit, dass deine Eltern dich gefunden hätten?" Aaron hörte nicht auf, mich zu streicheln, wirkte aber angespannt.

„Ich bin adoptiert." Ich ließ den Satz in der Luft hängen, als würde er alles erklären, doch Aaron überraschte mich.
„Ich weiß, aber du sagtest, du wärst sonst tot. Was hatte das zu bedeuten?" Ich hob meinen Kopf überrascht.
„Woher weißt du das bitte?" Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Miles, du bist ein Wolf, aber sonst keiner in deiner Familie. Die Lykanthropie wird vererbt, da war es klar, dass sie nicht deine leiblichen Eltern sein können."

So betrachtet ergab das sogar Sinn. Aber Aaron wartete noch immer auf eine Antwort.
„Mum und Dad fanden mich als Baby auf einem Wanderweg im Wald, der normalerweise gut besucht ist – zu wärmeren Jahreszeiten. Zu Neujahr jedoch waren dort kaum Menschen unterwegs. Ich war halb erfroren, als sie mich fanden und zu einem Arzt brachten. Ich wurde aufgepeppelt und obwohl meine Eltern noch nicht lange zusammen waren, beschlossen sie, mich zu adoptieren. Keiner hätte gewusst, was sonst aus mir geworden wäre und sie fühlten sich für mich verantwortlich."

Aaron schluckte. „Wie alt warst du da?" Ein Kichern konnte ich mir nicht verkneifen.
„Als wenn das irgendwer genau wüsste. Der Arzt vermutete ein paar Tage. Jedenfalls keine zwei Wochen, aber das war aufgrund meines schlechten Gesundheitszustandes schwer zu sagen. Meinen Geburtstag feiern wir deshalb immer an Neujahr – der Tag, an dem sie mich fanden."

„Das klingt, als hätte deine Wolfsmutter dich ausgesetzt ... oder ihr ist etwas zugestoßen."
„Wer weiß, ich habe mich damit abgefunden. Es gab sowieso keine Hinweise zu finden, ich war damals lediglich in eine Decke gewickelt." Auch wenn Aaron in mir nun die Frage nach meiner richtigen Familie weckte und zum ersten Mal spürte ich tatsächlich das Verlangen, zu erfahren, warum man mich weggegeben hatte. Zum Sterben zurück gelassen oder wirklich nur ein Unfall? Ich würde es nicht erfahren.

„Wo war das? Hier in diesem Wald?"
„Nein, wir haben damals weiter im Norden gewohnt und sind erst hergezogen, als ich fünf Jahre alt war. Wieso fragst du?"

„Weil ich überlege, welchem Rudel du angehören könntest oder ob es eine Einzelläuferin war. Hast du die Decke zufällig noch?" Was für eine merkwürdige Frage. Den Rest verstand ich ja, aber was wollte er mit einer Decke, die mich vor fast neunzehn Jahren vor dem Erfrieren beschützt hatte?
„In einer Kiste bei meinen Babysachen, ja. Wozu brauchst du die Decke?"

Ich war schon aufgestanden und kramte in meinem Schrank nach der Kiste, als Aaron antwortete: „Vielleicht kann ich einen Geruch wahrnehmen. Wir Wölfe haben sehr intensive Nasen und du wärst überrascht, wie lange Gerüche in Stoffen hängen bleiben, solange sie nicht zu oft mit zu starkem Waschmittel gewaschen wurden." Wenn es nur darum ging, würde Aaron vermutlich sogar fündig werden. Die Decke war schon eingerissen als meine Eltern mich fanden und deshalb hatten sie sie nur einmal gewaschen und dann beiseite getan. Ich hatte mich damals immer beschwert, warum sie dieses alte Ding überhaupt behalten hatten, jetzt war ich ihnen dafür dankbar.

Ich zog die verschließbare Plastikkiste hervor und öffnete den Deckel. Babyalben, mein erstes Kuscheltier und eben die Decke.
„Wieso hast du eigentlich deine Babysachen in deinem Zimmer?", fragte Aaron, der sich neben mich kniete und über den kleinen Stoffelefanten strich.
„Chris hatte einmal Babyfotos von mir verlangt, weil seine Mum mir welche von ihm gezeigt hat. Danach war ich zu faul gewesen, die Kiste wieder auf den Dachboden zu schleppen", kicherte ich. In solchen Momenten kam dann doch ein Hauch Faulheit bei mir durch.

Ich reichte Aaron die Decke und er drückte sie sich ohne Umschweife an die Nase, schloss dabei die Augen. Er sah konzentriert aus. Ich beobachtete ihn mit Faszination. Aus irgendeinem Grund sah er gerade ziemlich wölfisch aus – und das gefiel mir ausgesprochen gut. Ich mochte diese Seite an ihm. Sie faszinierte mich.

Und dann öffnete Aaron seine Augen wieder, ein Leuchten war darin zu erkennen. Er sah mich an und grinste schief, doch er schwieg.
„Und?", fragte ich neugierig. Er sollte mich nicht so auf die Folter spannen.
„Ich rieche dich, vorrangig", erklärte er. „Aber da ist noch ein anderer Geruch, ganz schwach. Ich rieche auch einen anderen Wolf."
„Einen anderen Wolf?" Heute war ich wohl etwas schwer von Begriff.
„Vermutlich deine leibliche Mutter – oder dein Vater. Das kann ich nicht sagen. Ich kenne den Geruch nicht, aber es ist ein Wolf."


Was genau wir mit dieser Information anfangen wollten, wusste ich nicht, aber Aaron bat mich, diese Decke mitzunehmen. Vielleicht würde ein älterer Wolf seines Rudels den Geruch erkennen. Und wenn nicht, dann wäre das auch nicht schlimm. Ich hatte es immerhin bisher nicht nötig gehabt, nach meinen leiblichen Eltern zu suchen, wenn es jetzt durch Zufall geschah, dann okay und wenn nicht, dann eben nicht. Die Fragen um die Hintergründe meiner Geburt konnte ich in meinem Kopf wegsperren, wenn nötig.


Am nächsten Tag ging ich noch einmal zur Schule, jedoch nicht zur ersten Stunde, sondern kurz vor Beginn der Pause und lediglich, um mich abzumelden.
Man schien nicht überrascht deswegen, vielleicht hatten die Lehrer sogar darauf spekuliert, dass ich bei meinem geringen Sternestand sowieso nicht mehr lange blieb.

Das Abmelden von der Schule lief erschreckend einfach. Ich musste nur zwei Unterschriften geben und danach stellte man mir keine weiteren Fragen. Bei Volljährigen spielte es auch keine Rolle, was sie als nächstes taten – zumindest war es nicht mehr Aufgabe der Schule, sich um irgendetwas zu kümmern.

Ich wurde freundlich von den Lehrern verabschiedet, man wünschte mir alles Gute und ab da hatte ich nichts mehr mit der Schule zu tun.
Ich war nicht allen Lehrern begegnet, die mich unterrichteten –die meisten befanden sich schließlich gerade im Unterricht- aber es würde sich sowieso schnell rumsprechen. Auch unter den Schülern.
Wenn jemand ging, wurde da kein großes Ding draus gemacht, aber es wurde eben doch dafür gesorgt, dass alle Bescheid wussten.

Auf dem Pausenhof wartete ich an meinem Stammplatz. Wenigstens Felix sollte es nicht von Dritten erfahren.

Ich musste auch nicht lange auf ihn warten. Kurz nach dem Klingelzeichen kam er Hand in Hand mit Kati zu mir.
„Alter, wo hast du gesteckt? Ich hab mir schon Sorgen gemacht", fragte mein bester Freund, kaum hatte er mich erreicht. Für gewöhnlich sagte ich ihm immer Bescheid, wenn ich nicht in der Schule erschien. Da war es wohl selbstverständlich, dass er sich jetzt sorgte, auch wenn ich vergleichsweise häufig gefehlt hatte.

„Ich habe mich abgemeldet", platze es mir heraus. Lieber gleich mit der Tür ins Haus fallen, als ewig um die Wahrheit herumtänzeln. Felix sah mich verwirrt an.
„Wie, was?", fragte er und ich erklärte genauer: „Ich gehe nicht mehr zur Schule. Habe mich gerade abgemeldet." Mein Freund sah mich sprachlos an.

Kati war die Erste, die etwas sagte.
„Das ist nicht dein Ernst, oder?" Doch. Doch, das war es. Mein voller Ernst und jetzt war es sowieso zu spät, irgendetwas rückgängig zu machen.
Sie deuteten mein Schweigen richtig.

„Sag mal spinnst du?", entfuhr es Felix. Er war nicht wirklich wütend, aber zumindest aufgebracht. „Du hast doch noch gar keine Idee, was du stattdessen machen willst! Wieso meldest du dich so hastig ab – ohne mir vorher überhaupt etwas davon zu sagen?"
„Tut mir leid, es war ein relativ kurzfristiger Entschluss. Und ich – ich werde für eine Weile fortgehen. Mit Aaron." Mehr mussten die beiden nicht wissen und mehr würde ich auch nicht erzählen. Ich wollte das Gespräch so kurz wie möglich halten, denn Felix würde vermutlich Argumente finden, die mich zum Zweifeln brachten. Er schaffte das immer wieder und das wollte ich diesmal mit allen Mitteln verhindern.

„Ich habe mich entschieden", sagte ich also, bevor mein bester Freund oder dessen feste Freundin etwas erwidern konnten. „Meine Eltern wissen auch schon Bescheid. Ich muss das tun, Felix. Bitte vertrau mir einfach." Felix schnaubte.
„Dieser Aaron hat dich also auf die Idee gebracht. Bist du so krass verknallt, dass du plötzlich alles für einen Fremden tust? Was ist nur los mit dir?"
„Das ist kompliziert und ich kann es dir nicht erklären. Ich verstehe es selbst nicht so recht, aber es ist das Richtige. Das weiß ich." Ich blieb ruhig, versuchte mich nicht aufzuregen, aber ich konnte trotzdem Felix' Unmut verstehen. Andersrum wäre es wohl ähnlich. Immerhin erzählte ich meinem besten Freund gerade, dass ich ihn verließ. Von jetzt auf gleich. Wie herzlos war ich eigentlich?

„Wann soll's denn losgehen?", fragte Felix. Er vermied Augenkontakt, was mir zeigte, wie verletzt er war.
„Dieses Wochenende schon. Es ist alles geplant, also bitte, versuch gar nicht erst, mich abzuhalten."

Felix seufzte resigniert. „Mach ich nicht. Ich denke, du bist alt genug, um eigene Entscheidungen zu treffen. Außerdem ist es dein Leben, du wirst schon wissen, was richtig für dich ist." Ich war erleichtert. All das verlief tatsächlich einfacher als ich erwartet hatte.
„Und jetzt komm her du Dumpfbirne. Lass mich dich wenigstens noch einmal umarmen."

Felix schloss mich in die Arme und ich klammerte mich an ihm fest.
„Danke für dein Verständnis und – und für alles andere, ja?" Ich löste mich aus der Umarmung, um meinem besten Freund in die Augen zu sehen. Er lächelte, auch wenn es ein wenig gezwungen aussah.
„Ja, kein Ding. Nur versprich, dass du mich mal besuchen kommst, okay? Und das wir in Kontakt bleiben! Es kommt so oft vor, dass Leute die Stadt verlassen und dann jegliche Verbindungen verlieren. Versprich, dass uns das nicht passiert!"
„Ich verspreche es." Schließlich lag das auch in meinem Interesse. Ich könnte nicht einfach gehen mit dem Wissen, die Leute hier nie wieder zu sehen.

Auch Kati schloss mich in eine feste Umarmung und dann verbrachte ich den Rest der Pause mit den beiden auf dem Schulgelände. Ich würde diese Zeit wirklich vermissen, aber wenn ich nicht mit Aaron ginge, konnte ich all das hier sowieso nie wieder genießen.


Felix verlangte, mich in den nächsten Tagen noch einmal besuchen zu können und dann bitte auch Aaron kennenzulernen, damit er wusste, mit wem sein bester Freund nun auf Welttournee ging.

Die beiden verstanden sich überraschend gut, was mich erleichtert aufatmen ließ. Ich hatte ernsthaft befürchtet, Felix würde Aaron die Schuld an meiner Entscheidung geben und es ihm übel nehmen – so wie Merle es seit dem gemeinsamen Essen tat.
Sie schwieg verbittert, wenn Aaron in der Nähe war und würdigte ihn keines Blickes. Doch wenigstens das Wolfsgeheimnis behielt sie für sich. Sie war eine Frau von Ehre ... nun, eher ein Mädchen von Ehre, auch wenn sie durchaus erwachsen wirken konnte, wenn sie das denn wollte.

Felix und Aaron gingen allerdings locker und kumpelhaft miteinander um. Nicht so offen wie enge Freunde, aber eben doch weit besser als ich erwartet hätte.

Am Ende des Tages umarmten sich die beiden sogar und ich glaubte ein leises: „Pass auf ihn auf!" von meinem besten Freund zu vernehmen.

Nachdem Felix mir noch einmal eingeschärft hatte, mich ja regelmäßig bei ihm zu melden und er nach einer festen Umarmung zu sich nach Hause verschwand, waren Aaron und ich nur noch zu zweit im Haus. Für kurze Zeit zumindest, denn schon bald teilte Aaron mir mit, dass er diese Nacht nicht auf meinem Sofa verbringen würde. Ich dachte noch darüber nach, was er damit meinen könnte, da begann er schon zu erklären. Er würde als Wolf im Wald schlafen –was scheinbar kein Problem für ihn war- damit ich meine letzten paar Stunden allein mit meiner Familie verbringen konnte. Meine Eltern wüssten wohl schon bescheid, dass sie mich diese Nacht für sich hatten und sie hatten scheinbar auch alle Hebel in Gang gesetzt, um heute Abend und morgen früh beide frei zu haben. Die ganze Familie wollte anwesend sein, wenn ich mich verabschiedete.


Es wurde ein schöner Abend. Wir hatten ein letztes Mal gemeinsam gegessen, gelacht, einen Film gesehen und schließlich war Merle über Nacht zu mir ins Bett gekrabbelt und hatte mich während des Schlafens nicht losgelassen. Ganz so als befürchtete sie, ich könne für immer verschwinden, wenn sie auch nur einmal locker ließ.

Wie versprochen stand Aaron am nächsten Morgen vor der Tür. Er hatte nichts dabei, aber ich wusste, dass er reisebereit war. Wir konnten aufbrechen.

Ich umarmte Dad, flüchtig aber ehrlich. Ich umarmte Mum, fest und lange. Und ich umarmte Merle, ausgiebig und gefühlvoll.
„Ich hab dich lieb", sagte sie, noch immer meinen Hals umklammernd.
„Ich dich auch kleine Maus. Ich komme bald wieder. Und bis dahin melde ich mich ganz oft bei euch, ja?" Merle nickte, drückte mich noch ein Stück fester, bevor sie mich schließlich losließ. Ich würde sie vermissen, dessen war ich mir sicher.

Als ich mich schließlich von allen verabschiedet hatte, nahm ich meinen Rucksack. Ich hatte wirklich nur das Nötigste eingepackt. Aaron und ich würden stellenweise ziemlich lange laufen müssen, da war das meiste nur unnötiger Ballast.
Vielleicht würde ich irgendwann einige Dinge nachholen können, aber für den Anfang musste ich mit dem Inhalt eines Rucksacks und mit allem, was Aaron mir bieten konnte, auskommen.

Ich griff nach Aarons Hand. Nur mit seiner Nähe schaffte ich es, mich von meiner Familie zu entfernen, ihnen ein letztes Mal zuzuwinken und mich dann nicht mehr umzudrehen. Nun begann meine Reise, mein Abenteuer, mein neues Leben.

Plötzlich WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt