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Reiten. Ich komme aus New York, nicht aus Texas. Das erste Pferd das ich gesehen habe war Jolly Jumper von Lucky Luke und das ist ein Zeichentrickpferd. Bei meiner ersten Begegnung mit einem richtigen Pferd war ich bereits 16 und wurde von Cat zu einer Kutschfahrt gezwungen. Im Endeffekt saß ich noch nie auf dem Rücken einer dieser Tiere und so kann es auch gerne bleiben. Nur leider hat mein Prince Charming wohl andere Ideen, denn dieser sitzt bereits lächelnd auf einem Pferd und kommt uns entgegen geritten.

"Hallo liebe Männer", begrüßt er uns charmant und die Fühler der Schmetterlinge verwandeln sich gerade in kleine Herzchen. Die Flügel flattern immer schneller und gleich hebe ich vermutlich ab, denn Alec sieht auf einem Pferd wirklich verboten gut aus. Seine Hose spannt genau an den richtigen Stellen und jeder Muskel scheint angespannt zu sein, denn ich kann sie deutlich durch den weichen Stoff seines Hemds sehen.

"Heute werden wir einen kleinen Ausritt machen", erklärt er dann und wieder überkommt mich die Angst. Es ist nicht so, dass ich Angst vor dem Pferd habe. Ich habe Angst vor dem Fall, der unweigerlich kommen wird. Diese Tiere haben meinen vollsten Respekt und ich würde sie lieber mit etwas Abstand beobachten. Als könnte Alecs Pferd meine Unsicherheit riechen, macht es einen kleinen Schritt auf mich zu und bläht seine Nüstern auf. Trocken schlucke ich und versuche mir mein Unwohlsein nicht anmerken zu lassen, sondern mich nur auf Alec zu konzentrieren.

"Wir werden jedoch nur mit fünf Pferden ausreiten und jeder darf einmal mit mir gemeinsam auf Wayfarer reiten", bei diesen Worten streicht er dem Tier liebevoll über die Mähne. Mein Herz setzt aus und ich bekomme augenblicklich Schnappatmung. Das wird eine Katastrophe. Ich werde wahrscheinlich innerhalb der ersten 30 Sekunden Bekanntschaft mit dem Boden machen und dann wieder zurück zur Villa fahren.

Nervös kaue ich wieder auf der Unterlippe herum und schmecke auch direkt Blut. Na toll. "Maia wird euch zu den Pferden bringen", redet Alec weiter und wir folgen Maia, die für die Interviews zwischendurch dabei ist. Vor dem Stall stehen bereits vier gesattelte Pferde, die uns nun neugierig betrachten. Daneben steht eine Frau mit roten Haaren und einem breiten Lächeln.

"Hallo, mein Name ist Jocelyn und ich werde euch kurz zeigen wie es geht", sagt sie sofort freundlich und deutet auf Raj, der nach wie vor als wandelnde Leiche durchgehen könnte. "Du solltest vielleicht als erstes bei Alec mitreiten", verkündet sie dann mit einem Ton der keine Widerworte zulässt und meine Hoffnungen werden noch weiter zerstört. Ausgerechnet er und ich muss also sofort alleine mit dem Pferd zurecht kommen. Das alles ist mir mehr als suspekt und ich beäuge eins der Pferde, das gerade etwas Heu frisst.

"Wer will als erstes?", fragt sie dann und natürlich meldet Imasu sich mit einem breiten Grinsen. Er liebt Tiere und hat mir damals erzählt, dass seine Eltern immer schon eine Farm hatten. Wahrscheinlich gab es da auch Tiere, denn mit einem anmutigen Schwung sitzt er im Sattel und das breite Grinsen in seinem Gesicht macht deutlich wie sehr er das gerade genießt. Kurz verdeutlicht Jocelyn was zu beachten ist und wie man reitet, bevor Imasu auch schon zu Alec galoppiert und Victor an der Reihe ist.

Dieser sieht ebenfalls wenig begeistert aus und schon ertönt seine nasale Stimme. "Meine Kleidung hat über 500€ gekostet und jetzt wird alles dreckig von diesem Vieh! Die Rechnung der Reinigung sende ich auf jeden Fall an den Sender", jammert er dann und ich verdrehe mein gesundes Auge. Das ganze kann ja noch heiter werden. Trotzdem steigt er auf das Pferd und ich muss zugeben, dass auch er keine schlechte Figur darauf macht. Raj neben mir fängt an zu pfeifen, scheinbar haben sie ihre Differenzen vom Anfang beigelegt und sind jetzt unzertrennlich.

"Heiß siehst du aus", kichert er vergnügt und ein Blick zu Alec reicht, um zu wissen dass er diesen Satz ebenfalls gehört hat. In seinen Augen liegt eine Mischung aus Erstaunen und Belustigung, gepaart mit etwas verturteilendem. Kurz huscht sein Blick zu mir und die kleinen Schmetterlinge tragen plötzlich Cheerleader Uniformen und kleine Pompons die sie wild in die Höhe halten und damit umher schwingen. Unsere Blicke treffen sich und erst Sebastians Ellbogen holt mich aus meiner Trance. Ich bin also als nächstes dran.

Verunsichert sehe ich zu dem weißen Pferd. Wieso werden diese Tiere nur Schimmel genannt. Ich meine sie sind weiß, aber nicht alles was weiß ist ist Schimmel und nicht jeder Schimmel ist weiß, das musste ich leider schon mehrmals bei meinem offenen Frischkäse feststellen, der in den verschiedensten grüntönen schimmerte. Langsam gehe ich auf das Tier zu und beäuge den Sattel akribisch. Ich hätte vielleicht aufpassen sollen wie die anderen aufgestiegen sind, denn jetzt weiß ich nicht mit welchem Fuß ich als erstes auf den kleinen Bügel unten trete. Links oder rechts? Links würde wahrscheinlich mehr Sinn ergeben, sonst sitze ich nachher in die falsche Richtung.

Unsicher setze ich meinen Fuß in den Steigbügel und halte mich am Griff des Sattels fest. Und jetzt? Schwungvoll ziehe ich mich nach oben und tatsächlich bleibe ich auf dem breiten Sattel sitzen. Die Welt vom hier oben sieht irgendwie ganz anders aus und doch gleich. In diesem Moment würde ich am liebsten das Pflaster abreißen, um besser sehen zu können, aber der aufwirbelnde Staub wäre wahrscheinlich keine gute Idee. Vorsichtig greife ich nach den Zügeln, als das Pferd auch schon anfängt los zu laufen und ich panisch meine Augen schließe. "Oh gott!"

Mein gequikter Schrei ist wahrscheinlich noch auf der Ranch nebenan zu hören und meine schwitzigen Hände krallen sich in den Sattel. Holprig läuft das Pferd über das Gelände. Jeder Schritt lässt mich wackeln und in meinem Kopf schreie ich nach meiner Mom, die mich erlösen soll, wie auch immer das von da oben funktioniert. Die Rufe der anderen höre ich nur teilweise, zu laut rauscht das Blut durch meine Ohren.

Plötzlich wird das Pferd langsamer und ich spüre weiche Hände die meine Finger berühren und sie sanft von dem Griff lösen. "Magnus, das Pferd ist stehen geblieben. Du kannst das Auge wieder öffnen", höre ich Alecs warme Stimme und das ganze ist mir unglaublich peinlich. Am liebsten würde ich jetzt im Erdboden versinken und nie wieder hervor kommen, doch in Alecs Blick sehe ich keinerlei Belustigung. Seine Augen schauen mich besorgt an und in mir kribbelt wieder alles, wahrscheinlich die Geburt eines weiteren Schmetterlings, der sich gerade aus seinem Kokon befreit.

"Tut mir leid", murmel ich leise und er schüttelt schnell den Kopf. "Das muss dir nicht leid tun. Alles ist gut, wenn du weiterhin mitkommen willst, wirst du sicher mit einem der anderen zusammen reiten können", schlägt er vor und alles in mir schreit danach endlich von diesem Höllentier herunter zu kommen, doch die Alternative wäre die Rückfahrt zur Villa und das bin ich nicht bereit zu riskieren. Langsam nicke ich und spüre die Wärme meiner Wangen, als er sanft darüber fährt. "Dir wird nichts passieren", flüstert er leise und ein leises seufzen verlässt meine Lippen.

"Euer Freund hier drüben sollte auch nicht alleine reiten", ruft Jocelyn uns dann entgegen und deutet auf Raj, der erneut zu schlafen scheint, denn er lehnt mit verrutschter Sonnenbrille gegen eine Wand, sein Mund weit geöffnet und leises Schnarchen dringt bis zu der Stelle an der Alec und ich stehen. Alecs Augen verdrehen sich kurz und ich muss mir ein kichern verkneifen, denn meine Situation ist nicht viel besser, doch Alec sieht mich mit einem unergründlich Blick an.

Kurzerhand springt Imasu von seinem Pferd und läuft auf uns zu. "Ich würde mit Magnus reiten", beschließt er und Alecs Blick wanderd zwischen mir und Imasu hin und her, bevor er kurz nickt und sich dann den anderen zu wendet. "Sebastian wird als erstes mit mir reiten. Victor wird mit Raj und Imasu mit Magnus auf einem Pferd sitzen", erklärt er dann und ich versuche die Enttäuschung zu vergergen die durch seine Worte aufkommen. Mit gemischten Gefühlen sitze ich am Ende hinter Imasu und kralle mich mit meinen Armen um seinen Oberkörper, während ich Alec dabei zusehen, wie dieser eng von Sebastian umarmt wird. Die Aussicht gefällt mir nun wirklich nicht und das erste Mal bin ich froh, dass ich die ganze Szene nur zur Hälfte sehen kann.


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