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Gelangweilt schaue ich den Regentropfen dabei zu, wie sie ein Wettrennen an der Fensterscheibe veranstalten. Der rechte Tropfen scheint momentan der Favorit zu sein, doch der linke sammelt auf seinem Weg immer mehr Tropfen ein, so dass er an Masse gewinnt und schneller abwärts fließt. Letztendlich habe ich den rechten aus den Augen verloren und schaue lediglich dabei zu, wie der andere den Boden erreicht. "Yeay", murre ich leise und wende den Blick gelangweilt wieder ab, jedoch bietet das leere Wohnzimmer auch keine bessere Show.

Es fängt bereits an zu dämmern und ich könnte darüber nicht glücklicher sein. Wann ist eine legitime Zeit um schlafen zu gehen? Wenn ich ehrlich bin hätte ich das auch sofort nach Andrews Abreise tun können. Der einzige Besuch heute war Maia, die mich ausgequetscht hat wie eine reife Orange. Jedes Detail wurde analysiert, Will und Imasus Ausscheiden wurde bequatscht und die wichtigste Frage lautete natürlich: Wirst du der Mann an der Seite von Prince Charming sein? Aber mal ehrlich, wenn ich das wüsste, dann wäre ich vermutlich den ganzen Tag völlig Tiefenentspannt und hätte mir die Gefühlsachterbahn gespart.

Leider ist das eben nicht der Fall, weshalb meine Gedanken ständig zu Andrew und Alec wandern. Meine Freude über das Wetter hielt nur kurz, denn schon fielen mir Millionen Dinge ein, die sie auch im Haus machen könnten und für einen Großteil wäre es vorteilig keine Kleidung zu tragen. Gequält schließe ich auch jetzt meine Augen, denn die Wassertropfen hatten mich wenigstens für einen kleinenp Moment von diesen Gedanken ferngehalten. Seufzend laufe ich zur Küche und öffne erneut den Kühlschrank. Das habe ich heute ja auch erst 16 Mal getan. Kurz scanne ich den Inhalt. Jup, hat sich nichts verändert.

Grummelnd schließe ich die Türe wieder und schütte etwas Tee in meine Tasse. 19 Uhr. Es ist definitiv Zeit fürs Bett. Zumindest an diesem nicht unbedingt rosigen Tag. Andrew und Alec werden gerade vermutlich gemeinsam Essen und danach Gott weiß was mit einander tun, während ich hier alleine versauer. Seufzend steige ich die Stufen hoch und lasse mich auf mein Bett plumpsen. Die Villa ist wirklich viel zu groß für einen einzigen Menschen und wenn ich ehrlich bin ist es auch scheiße unheimlich. Mit hell erleuchter Lampe lege ich mich unter die Bettdecke und starre auf die Wand gegenüber, als hätte sie eine Antwort auf all meine Fragen.

Tick. Die Uhr an der Wand erzeugt plötzlich ein unglaublich lautes Geräusch jedes Mal, wenn der Zeiger sich bewegt. Tick. War das immer schon so laut oder kommt es mir nur plötzlich so vor? Tick. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sonst alle anderen mit ihren Schlafgeräuschen das Ticken verdecken. Tick. "Ach komm schon!", grummel ich genervt und setze mich auf, um etwas von meinem Tee zu trinken. Solange ich mit der Bettdecke raschel übertöne ich die Uhr. Schnell hebe ich sie noch etwas und drücke sie an mein Gesicht, das ich heute mal völlig ungeschminkt gelassen habe. Ein kleines Seufzen entweicht mir. Mein Gott! Ich bin ein Erwachsener Mann, der Angst vor einer Uhr bekommt. Was ist denn nur mit mir los?

Vermutlich hat der ganze Tag mich mental zermürbt und jetzt liegen meine Nerven einfach blank. Ich sollte vermutlich positiv denken. Leise fange ich an zu summen, um das Ticken zu übertönen und denke an den morgigen Tag. Ob Alec erneut mit mir in den Pool steigen wird? Der Gedanke an seinen Körper öffnet wieder ein neues Kapitel, dem ich mich jetzt jedoch eben so wenig hingeben will. Mein Wille jetzt noch einmal unter die Dusche zu stiegen um es mir selbst zu machen ist recht gering und unter keinen Umständen werde ich jetzt am letzten Tag in dieser Villa noch die Kameras vergessen.

Also wandern meine Gedanken zu einem jugendfreieren Thema und den Gesprächen welche wir geführt haben. Ich kann es mir genau vorstellen wie ich mit Isabell shoppen gehe, während er mit Simon zusammen unsere Taschen trägt, oder wie wir alle zusammen einen Filmabend veranstalten, vielleicht mit seinem besten Freund Jace und meinen beiden Liebsten. Ich würde mir endlich auch jemanden an ihrer Seite wünschen. Cat und Clary sind in dieser Hinsicht jedoch ganz anders als ich. Während ich immer wieder auf der Suche nach Liebe bin scheint es bei Cat eher die dauerhafte Suche nach Abenteuern zu sein und bei Clary die Suche nach 'dem Einen' .

'Der Eine' dieser Mythos hat sich bis jetzt bei uns gehalten. Bis vor ein paar Wochen dachte ich noch daran, dass es für jeden Menschen eine unglaubliche Anzahl an Möglichkeiten gibt. Möglichkeiten jemanden zu finden, der zu einem passt. Mit gleichen Werten, gleichen Vorstellungen und einem gemeinsamen Ziel. Jedes mal wenn Clary mir von 'dem Einen' erzählt hat, auf dessen Liebe sie wartet und mit dem sie eine Beziehung führen wird, da dachte ich sie redet Blödsinn. Aber seit ich hier bin ist es anders. Plötzlich ist er da - 'der Eine', Alexander.

Aber mit seinem Erscheinen auch gleichzeitig die Angst vor Zurückweisung. Bei der unendlichen Menge an Möglichkeiten war eine Zurückweisung nie ein Problem. Dann findet man eben jemand anderen. Jetzt ist es jedoch völlig anders. Ich habe das Gefühl, dass es nach Alec nicht mal eben jemand anderen gibt. Es gibt plötzlich nur 'den Einen', oder gar keinen. Lieber wäre ich alleine als jemand anderen zu haben und endlich kann ich Clary verstehen. Ich hoffe für sie, dass sie ebenfalls ihren 'Einen' findet, denn nach all dem Warten hat sie es verdient endlich glücklich zu sein.

Lächelnd spüre ich wie meine Augenlider immer schwerer werden und ich tatsächlich bereit bin einzuschlafen. Somit geht auch dieser langweilige Tag zuende und ich muss zugeben, dass es mir fehlen wird. Diese Show ist eine einzigartige Blase in der wir existieren und letztendlich muss sich zeigen wie wir außerhalb dieser Blase miteinander auskommen. Im Alltag ist nicht alles so rosig und friedlich, aber doch prickelt die Vorfreude in meinen Fingerspitzen und ich kann es kaum erwarten all das zu erleben, sofern er sich für mich entscheidet.

Der nächste Morgen kommt genau so plötzlich wie der Schlaf sich über mich gelegt hat. Die ersten Vorboten der Sonne erhebene sich bereits und kitzeln meine Nasenspitze. Lächelnd öffne ich die Augen und schaue mich in meinem Zimmer um. Heute werde ich zum letzten Mal hier drin sein und ich muss zugeben, dass es mich etwas traurig macht. Doch der Gedanke an Alec spendet mir Energie, weshalb ich die Decke zurück schlage und breit grinsend aufstehe. Schnell ist alles gepackt. Meine normale Kleidung im großen und alles was ich für die Übernachtung bei Alec brauche im kleinen Koffer. Zufrieden schaue ich auf mein Gepäck und dann noch einmal durch den Raum. Es wird mir fehlen. Seufzend trage ich alles nach unten und fange an in der Stille zu frühstücken, bevor ich ein letztes Mal durch das Haus laufe und mich fünf Minuten früher vor die Türe stelle, um schon etwas frische Luft zu schnappen. Gleich werde ich abgeholt und dann startet das letzte kleine oder auch große Abenteuer.

Prince Charming 👑💘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt