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Geschickt starre ich in Simons Gesicht und drehe mich dann schnell wieder in Fahrtrichtung, denn das Flaue Gefühl in meinem Magen verstärkt sich und ich habe wenig Lust Simon mein Frühstück von heute morgen direkt vor die Kameralinse zu kotzen. "Also wird er denken, dass ich weg bin", wiederhole ich den Inhalt seiner Aussage und er nickt widerwillig. Die kleinen Schmetterlinge, die bis eben wieder seicht umher geflogen sind, scheinen wie erstarrt, als hätte man sie gefangen, auf eine Nadel gespießt und in Schaukästen präpariert. Also wird Alec davon ausgehen, dass ich weg bin und nach dem Sinn der Show aktiv weiter nach der Liebe suchen.

Die Temperatur im Auto scheint um ganze zehn Grad gesunken zu sein, denn mir laufen kalte Schauer den Rücken entlang und die feinen Härchen an meinen Armen stellen sich auf. "Wann wurde das mitgeteilt?", frage ich dann jedoch, denn mir wird übel bei dem Gedanken, dass er eventuell schon gestern davon ausgegangen ist. Das würde ganz neue Möglichkeiten für das Date mit Andrew eröffnen, die ich lieber nicht in meinem Kopf herum spuken hätte.

"Heute Morgen wurde es sowohl Alec, als auch den Männern in der Villa gesagt", erklärt Simon dann und seltsamerweise beruhigt es mich wenigstens ein klein wenig. Das nächste Mal das ich Luke ansehe erkenne ich jedoch noch mehr in seinem Blick. "Das war noch nicht alles, oder?" Sofort schütteln beide fast zeitgleich den Kopf und ich seufze leise. Was kann denn jetzt noch kommen? Tief atmet Simon ein, als müsste er sich für den nächsten Satz wappnen, bevor er ihn schnell in sich rein nuschelt: "Valentinwirdbisdahinauchdasein."

Trotz seiner Anstrengung den Satz vor mir zu verbergen, habe ich ihn sehr deutlich verstanden. Valentin wird noch da sein und es wird ein zusammentreffen geben, das die Kamera bis ins kleinste Detail verfolgen wird. Das wird bestimmt unglaublich lustig und spannend, jedenfalls für den durchschnittlichen Reality-Show-Zuschauer. Für mich eher nicht, denn das ganze wird auf meine Kosten ablaufen und wenn es nach mir ginge, würde ich Valentin nie wieder über den Weg laufen. Aber leider geht es hier ja nicht nach mir sondern nach den besten Skandalen, die die meisten Einschaltquoten bringen und ich Idiot habe dafür auch noch unterschrieben.

Im Auto ist es gänzlich still und beide scheinen auf meine Reaktion zu warten, die jedoch ausfällt. Ich könnte jetzt schreien vor Wut, oder Rotz und Wasser heulen vor Frust, aber nichts davon will geschehen. Stattdessen starre ich nur auf den Verkehr und erkenne schon von weitem das große Krankenhaus. Wahrscheinlich ist es das einzige auf der gesamten Insel. Am liebsten würde ich mich jetzt verkriechen, aber das wäre wohl kaum die Reaktion die angemessen wäre. Also seufze ich lediglich resigniert und füge mich meinem Schicksal, das ich mir durch meine unüberlegte Unterschrift selbst eingebrockt habe. Hätte ich doch nur etwas darüber nachgedacht, bevor ich meine Seele dem Teufel namens Seapoint productions zur freien Verfügung überlassen habe.

Die zwei kleinen Schmetterlinge bewegen sich nach wie vor nicht, zu groß ist die Angst am Samstag von einer Enttäuschung begrüßt zu werden. Dafür bewege ich mich aber, denn wir sind gerade angekommen und nun laufe ich, gefolgt von Simon mit der Kamera, den Gang entlang zur Ophthalmologie. Alle Patienten denen wir über den Weg laufen drehen sich nach mir um und starren mich an, als wäre ich irgendein bekannter Schauspieler und sie müssten nur überlegen woher sie mich kennen. Die ganze Aufmerksamkeit ist mir unangenehm, weshalb ich einen Zahn zu lege und natürlich prompt gegen den Griff eines Rollstuhls laufe, der mitten auf dem Gang steht und laut aufstöhne. So eine scheiße. Zum Glück saß jedoch niemand in dem Gefährt, denn der Ruck wäre sicher nicht angenehm gewesen.

Sofort steht Simon an meiner Seite und hilft mir. "Ich hab sowieso genug von den Gängen im Kasten. Es reicht, wenn ich das öffnen der Türe wieder Filme", erklärt er mir schnell und hilft mir mich zurecht zu finden. Dank ihm schaffe ich es also ohne weitere Zusammenstöße bis zum Behandlungszimmer und klopfte vorsichtig an, was Simon sofort wieder mit der Kamera einfängt. Die Türe öffnet sich und die Ärztin vom Vortag sieht mich lächelnd an. "Mr Bane, schön sie zu sehen", begrüßt sie mich freundlich und sofort frage ich mich, ob sie auch komplett blinde Patienten mit diesem Spruch begrüßt.

"Wie fühlen Sie sich? Haben Sie Schmerzen im Auge?", fragt sie nachdem ich mich hingesetzt habe direkt und ich schüttel nur den Kopf, denn sie steht bereits dicht vor mir und beginnt das Pflaster vorsichtig zu lösen. Tatsächlich tut es bei ihr nur halb so weh. Gibt es dafür einen Kurs? Pflaster-schmerzfrei-von-Haut-lösen für Anfänger? Wenn ja, würde ich ihn direkt buchen. Mit einem Opthalmoskop, das aussieht wie eine seltsam kleine Lupe die jedoch die Länge eines Ferngläser aufweist, betrachtet sie mein verletzte Auge und der Drang zu blinzeln oder irgendwo anders hin zu sehen wird plötzlich unglaublich groß. Immer wieder murmelt sie etwas, bevor sie wieder einen anderen Winkel wählt und weiter durch die Minilupe sieht. Irgendwie fühlt sich diese Nähe seltsam an und meine normale Reaktion wäre es einen Schritt zurück zu gehen, was nur leider nicht möglich ist.

Nach Minuten, die sich für mich aber wie Stunden angefühlt haben, lehnt sie sich zurück und auf ihren Lippen liegt wieder dieses aufmunternde Lächeln. "Die Retina, also die Netzhaut, ist nach wie vor gereizt, aber ich kann keine tieferen Schäden entdecken. Trotzdem sollten sie, um das Auge zu schonen, das Pflaster noch eine ganze Woche benutzen, damit sie sich selbst vor einem Infekt schützen. Zusätzlich sollten sie die Augentropfen und die Salbe weiterhin verwenden bis sie das Gefühl haben, dass sie wieder ohne Schmerzen sehen können", erklärt sie mir fachmännisch und ich atme erleichtert aus. Wenigstens eine gute Nachricht an diesem Tag.

Naja die Nachricht, dass Alec mich mag und sich nach mir erkundigt hat war auch sehr gut, aber ich hoffe sein Interesse löst sich nicht in Luft auf bis ich ihn am Samstag wieder sehe. Hätte mir jemand am Anfang gesagt, dass ich tatsächlich mehr über Prince Charming nachdenke als es gesund ist, hätte ich den jenige sofort ausgelacht. Aber jetzt sitze ich hier und bin erleichtert, das mit meinem Auge alles in Ordnung ist, während ich gleichzeitig an Alec denke und das nicht gerade wenig. Ich bin also echt gearscht.

Erst jetzt, wo ich über die ganze Situation so nachdenke, fällt mir auf, dass ich seit meiner Ankunft fast keine Sekunde an Camille gedacht habe. Und auch gerade löst der Gedanke an sie weder die unglaublich große Trauer, noch die Wut über ihren Betrug in mir aus. Lediglich ein Gefühl von genervter Gleichgültigkeit wabert über mich und ich bin das erste Mal seit langem zufrieden. Die Bitch ist weg und kann auch bleiben wo der Pfeffer wächst, wobei das tatsächlich größtenteils in meinem Heimatland Indonesien ist, wo ich sie bei längerem überlegen doch ungern hätte. Auch der Arsch der Welt lässt sich ziemlich gut damit gleich setzen, weshalb ich sie mir am besten auf den Mond wünsche. Weit weg und ich muss mich nie wieder mit ihr rum schlagen.

Mit einem sanften, zufriedenen Lächeln verlasse ich das Krankenhaus und ignoriere sogar fast unbewusst die besorgten Blicke die Simon und Luke mir zu werfen. Stattdessen erfreue ich mich an der Landschaft und dem schönen Wetter. Die Bahamas sind wirklich herrlich und jetzt habe ich noch sechs Tage, in denen ich meine Ruhe noch mal in vollen Zügen auskosten kann, bevor es zumindest für eine weitere Woche sicher zurück zu den anderen geht. Nur die Gedanken an Alec halten mich davon ab mich vollkommen zu entspannen, aber vielleicht bringt er die beiden kleinen Falter in mir auch wieder zum Leben. So langsam habe ich mich nämlich an die sanften Flatter-Bewegungen gewöhnt. Vielleicht gebe ich ihnen auch Namen. Ich finde Matt und Harry würden super zu ihnen passen.

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