75. Kapitel

442 38 11
                                    

Normalerweise brauchte man mindestens zwanzig Minuten von ihrer Wohnung bis zum Wohnheim. Suji schaffte es in zehn. Das Klopfen an meine Tür war leise, aber bestimmt. Wahrscheinlich wollte sie die Nachbarn nicht wecken. Ich öffnete die Tür langsam und erahnte ihre Umrisse nur schleierhaft. Meine Tränen erschwerten meine Sicht.

Suji sagte nichts. Sie zog mich nur an sich und hielt mich in den Armen, während ich meinen Tränen zum zweiten Mal in dieser Nacht freien Lauf ließ. Sie strich mir dabei beruhigend über den Rücken und ließ mich weinen. Selbst als ich sie anrief und fragte, ob sie Zeit hatte, hatte sie nicht viel gesagt. Sie war einfach für mich da. So wie man es sich von einer Freundin wünschte. So wie ich es nicht geschafft hatte Sana gegenüber.

Suji führte mich schließlich etwas unbeholfen zur Küche und schob mich auf einen Stuhl. Das Holz drückte sich in meinen Rücken wie ein riesiges Messer. Ich konnte nicht stillsitzen, dafür war ich viel zu besorgt. Wohin war Sana verschwunden? Würden wir uns wieder vertragen? Wie lange würde es dauern, bis sie mit wieder vertraute?

Suji machte sich in der Zeit mit der Küche bekannt. Sie kochte etwas Wasser auf und stellte mir einen große Tasse Tee vor die Nase. Der aufsteigende Dampf strich über meine Haut.

Ich strich leicht über meine Wangen. Meine Fingerkuppen waren nass und einen Moment verweilten meine Augen auf diesen. Die Tränen glitzerten mystisch im Licht und ich wünschte mit den Tränen würden auch meine Erinnerungen an die letzten Minuten und Stunden verschwinden.

Suji setzte sich auf den freien Stuhl. Sie atmete tief ein, als wollte sie etwas loswerden, aber kein Wort drang über ihre Lippen. Ihre Augen bedeuteten mir einen Schluck von dem Tee zu nehmen, den sie mir gemacht hatte und obwohl ich mich wie ausgetrocknet fühlte, war ich mir sicher, dass ich keinen Schluck der heißen Flüssigkeit herunterbekommen würde.

"Ich hab es total vermasselt.", brachte ich krächzend hervor. Die bereits vergossenen Tränen forderten ihren Tribut. Mein Hals war schon ganz rau. Suji legte ihre Hand auf meine. Ihre Haut war warm und weich gegen meine kalten Finger.

"Jetzt ist Sana sauer auf mich und ich weiß nicht, wie ich es wieder gut machen kann."

"Was ist passiert?" Ihre Stimme war leise. Sie war sicher müde, aber sie ließ sich nichts anmerken. Ich atmete tief ein, bevor ich ihr erzählte, was heute alles passiert war und welches Chaos ich damit angerichtet hatte.

"Ich hab ihr nicht gesagt, dass ich mich Yoongi zusammen bin. Sie wollte heute weggehen und ich sollte mitgehen. Vorher hatte ich schon mit Yoongi ausgemacht, dass wir uns treffen würden. Also hab ich gelogen. Ich hab gesagt, dass ich noch eine Hausarbeit fertig schreiben muss und deswegen nicht mit kann."

"Aber sie hat es herausgefunden?"

"Sie ist früher nach Hause gekommen. Sie wollte mich nicht allein lassen und als ich nicht da war... naja. Sie war ziemlich enttäuscht. Als ich ihr dann die Wahrheit gesagt habe..."

Ich schluckte schwer.

"Seit ich Yoongi wieder getroffen habe und so viel Zeit mit euch verbringe, habe ich Sana irgendwie vernachlässigt. Ich weiß einfach nicht, ob sie mir verzeihen kann."

Dieses Mal lächelte Suji.

"Du glaubst gar nicht, wie oft ich mir dieselbe Frage gestellt habe.", sagte sie leise.

Ich schaute sie fragend an.

"Kelsey ist meine beste Freundin seit wir beide klein sind. Und wir haben uns oft gestritten. Und jedes Mal war es gefühlt ein wenig schlimmer.  Da dachte ich, nun ist es vorbei und wir werden uns nie wieder sehen."

Seesaw (BTS Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt