34. Kapitel

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Natürlich hatte ich die Rechnung nicht mit meiner Mutter gemacht. Meine Mutter wäre nicht meine Mutter, wenn sie nicht schon selbst daran gedacht hätte, auch den besten Freund meines Bruders, in Begleitung seiner Mutter, die sich die Stadt ebenfalls ansehen wollte, herzuschaffen. Anders als Kathy hatten sie aber ein kleines Ferienapartment gemietet. Während meine Mutter also mit mir zum Flughafen fuhr und ich ihr erzählte, dass Jitae so gerne Paul wiedersehen würde, erzählte sie mir mit einem Lächeln, wer in Wirklichkeit alles mit dem Flugzeug anreiste.

"Was glaubst du warum Jitae nicht mitkommen konnte. Wir haben keinen Platz mehr im Auto, wenn nachher noch drei Leute dazusteigen.", erklärte sie. Säßen wir nicht in einem fahrenden Auto hätte ich sie am liebsten einmal fest umarmt. Ich freute mich schon auf das Gesicht, das Jitae später machen würde, wenn er Paul sah. Ich grinste den Rest der Fahrt nur  so vor mich hin. Zum Glück dauerte es nicht lange bis wir am Flughafen ankamen.Dafür dauerte es umso länger, bis wir uns in der großen neumodischen Halle zurechtfanden.

"Planmäßig soll das Flugzug um 19:50 ankommen. Aber auf der großen Anzeigetafel steht, dass es eine Verspätung gibt.", meinte meine Mutter und ich seufzte.  Das hatte gerade noch gefehlt. Wir machten uns auf dem Weg zum Gate, an dem unsere Besucher herauskommen sollten und setzten uns auf eine der Sitzreihen.

"Werden sie nicht todmüde sein, wenn sie ankommen? In Deutschland ist es doch schon mitten in der Nacht.", gab ich zu bedenken und meine Mutter nickte.

"Ich glaube sie wollten im Flugzeug ganz viel Schlafen um halbweg wach zu sein, wenn sie ankommen. Mal sehen wie es nachher aussieht. Aber etwas essen müssen sie."

Ich nickte. So ähnlich hatten wir es schließlich auch getan. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, als wir damals am Flughafen von Seoul gelandet waren. Nun standen wir erneut in einer großen Flughafenhalle und warteten darauf, dass das Flugzeug aus Deutschland endlich ankommen würde. Mein Blick glitt zu meiner Uhr. Es war schon 20 nach 8.

"So langsam könnten sie doch ankommen.", sagte ich leise vor mich hin und meine Mutter nickte.

"Hab noch ein bisschen Geduld.", sagte sie, wurde allerdings selbst langsam unruhig. Ich setzte mich wieder auf einen der Sitzplätze. Neben uns fanden sich noch ein paar andere Menschen, die auf die Ankunft ihrer Familie warteten. Manche hielten auch Schilder in die Höhe, um Kaufmänner- und frauen willkommen zu heißen. Ich biss mir auf die Lippe. Ich hatte so viel Zeit gehabt, genau so ein Schild für Kathys Ankunft vorzubereiten, aber ich hatte einfach nicht daran gedacht. Dabei liebte sie solche kitschigen Sachen. Ich war einfach zu aufgeregt gewesen, um daran zu denken. 

Mein Blick huschte wieder zu meiner Uhr. Der große Minutenzeiger bewegte sich unaufhörlich weiter. Genau in diesem Moment traten erste Fluggäste durch die Absperrung, die uns von der Gepäckhalle trennten. Ich sprang auf die Beine und reckte meinen Hals. Wo war sie? Meine Mutter lachte leise.

"Hab Geduld,  Mihee. Sie müssen erst einmal ihr Gepäck finden.", sagte sie, aber meine Geduld war am Ende. Ich reckte dadurch nur noch mehr meinen Hals und hielt nach den braunen Haaren meiner Freundin Ausschau. Immer mehr Menschen kamen durch die  Absperrung, dieses Mal auch mit mehr Gepäck. Sie mussten also bald kommen. Ich tippte nervös von einem Fuß auf den anderen. Diese Warterei machte mich schier verrückt. Langsam kamen immer weniger Leute durch das Tor und ich fragte mich, wo Kathy und auch Paul und seine Mutter sein mochten. 

Endlich, endlich nach einer gefühlten Ewigkeit,  sah ich den mir bekannten braunen Lockenkopf in der Menge auftauchen.

"Kathy!", rief ich über die Masse hinweg und wurde deswegen von einigen Menschen schief angeguckt. Doch kaum hatte sie mich gesehen, war auch sie nicht mehr zu halten.

Seesaw (BTS Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt