In der Mittagspause führte mich Nari zielstrebig auf einen Tisch in der Ecke der großen Mensa zu. An dem saßen bereits drei Personen. Das mussten dann wohl ihre Freunde sein, von denen sie mir bereits beiläufig erzählt hatte. Mein Blick blieb sofort an zwei Jungen hängen. Ich hob überrascht die Augenbrauen. Es waren Zwillinge und sie waren wirklich nicht auseinander zu halten. Bis auf ein kleines Detail, das mir sofort ins Auge sprang. Einer trug einen kleinen Ohrring, der ab uns zu zum Vorschein kam, wenn er den Kopf bewegte. "Das sind Johae und Jinho." Sie zeigte auf die beiden und ich winkte einmal schüchtern in die Runde. Naris Hand glitt weiter zu dem dritten Jungen. Er hatte einen schwarzen Pullover an und die Kapuze tief in die Stirn gezogen. Ich beobachtete ihn neugierig.
"Und das hier ist Yoongi.", sagte sie und ich lächelte auch diesem Jungen kurz zu. Er saß zusammengesunken am Tisch. Seinen Kopf hatte er auf seinen Händen abgestützt und es sah beinahe so aus, als würde er in der nächsten Sekunde einschlafen. Er blieb vollkommen regungslos. Bis auf ein kaum merkliches Nicken konnte ich von ihm wohl nicht zu viel erwarten.
"Ich bin Mihee.", stellte ich mich nun auch vor und die Zwillinge nickten freundlich. Yoongi rührte keinen Muskel. Ich blieb unschlüssig stehen, als sich Nari auf einen Stuhl fallen ließ und ich biss mir auf die Lippe, ratlos darüber, was ich tun sollte. "Setz dich doch.", sagte einer der Zwillinge, der mit dem Ohrring und rettete mich so aus meinem Dilemma. Ich glaubte es war Jinho und ich lächelte ihn dankbar an. Danach folgte ein kleines Gespräch über meinen ersten Schultag.
"Woher kommst du? Du hast so einen komischen Akzent.", merkte Johae an einer Stelle an und ich nickte.
"Ich komme aus Deutschland. Meine Mutter ist Koreanerin, mein Vater Deutscher und wir sind vor ein paar Tagen hier hin gezogen.", erklärte ich.
"Ernsthaft?" Ich nickte.
"Wow, war das nicht schwierig für dich? Alles zurück zu lassen?" Johaes Augen lagen mitleidig auf mir. Ich lachte freudlos. Dass es schwierig war, war eine leichte Untertreibung.
"Ist es immer noch. Viel schwieriger, als ihr euch vorstellen könnt.", sagte ich bitter.
"Fühlst du dich da nicht manchmal allein? In so einer großen Stadt?"
Johaes Frage war mich ein wenig aus dem Konzept. Vor allem, weil er damit vollkommen ins Schwarze traf. Seit ich hier war fühlte ich mich allein. Meine Mutter hatte mich hintergangen, mit meinem Vater hatte ich auch nur wenige Worte gewechselt und meine Freunde waren ebenfalls in Deutschland zurückgeblieben. In Südkorea hatte ich bisher noch keinen Anschluss gefunden. Die Kultur an sich war schon überwältigend genug. Nur eine Sache hatte mir in den letzten Tag Halt gegeben und das war die Musik von 'Gloss'. Der Rapper schien mich zu verstehen, auch wenn wir uns in Wirklichkeit gar nicht kannten.
Ich rutschte nervös auf meinem Platz hin und her und Nari winkte ab.
"Lasst das arme Mädchen doch in Ruhe mit euren nervigen Fragen.", mahnte sie die Jungs kopfschüttelnd und ich lächelte sie dankbar an. Auf die Fragen konnte ich wirklich verzichten, gerade weil ich es selbst noch nicht richtig verarbeitet hatte. Bis jetzt war mir noch nicht ganz klar, dass ich nun in Südkorea war und nicht mehr in Deutschland. Das war keine kleine Veränderung, sondern eine große, gerade für mich, die sich in dem kleinen Wohnort in Deutschland ziemlich wohl gefühlt hatte. Den Fakt, dass Mom nun auch öfter in Begleitung von Minseok sein würde, musste ich zu allem Überfluss auch noch verarbeiten.
"Ehrlich gesagt, wäre ich viel lieber bei meinen Freunden in Deutschland geblieben.", gab ich zu und drei Personen am Tisch nickten verstehend.
"Du bist doch mit deiner Familie zusammen. Ist das nicht alles was zählt?" Es war das erste Mal, dass Yoongi das Wort ergriff und ich hob verwundert die Augenbraue. Seine Stimme kam mir unglaublich bekannt vor, dabei hatte ich schon beinahe vergessen, dass er überhaupt anwesend war. Seine weiche dunkle Stimme ließen Schauer über meine Rücken laufen.
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Seesaw (BTS Fan-Fiction)
FanficLESEN AUF EIGENE GEFAHR. Mihee ist hoffnungslos verloren. Erst hat ihr Vater ihre Familie verlassen und nun muss sie auch noch mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder in ihr Heimatland zurückkehren. Nach Südkorea. Nichts ahnend stolpert sie ihn di...