Die Entscheidung war mir nicht leicht gefallen. Der Gedanke allein hatte mir schon Angst bereitet, aber nachdem die Worte meinen Mund verließen, fühlte ich mich merkwürdig befreit. Ich weinte nicht. Ich ließ mir nicht anmerken, dass es mir schlecht ging und dass es mir mit jeder verstrichenen Sekunde noch schlechter ging als zuvor. Ich dachte so würde es auch ihm letzten Endes leichter fallen mit der Sache abzuschließen. Ich hatte wirklich geglaubt, dass es auch mir dadurch leichter fallen würde. Seine leeren Augen hatten mir diese Annahme erst einmal bestätigt. Er hatte nicht viel zu sagen. Ganz im Gegenteil. Er war merkwürdig ruhig gewesen. Als hätte er es geahnt, wie meine Wahl ausfallen würde und gleichzeitig als wäre alles Leben aus ihm herausgesogen worden, wie es die Dementoren bei Harry Potter taten.
Er musste selbst schon darüber nachgedacht haben, dachte ich mir. Weil die Manager diesen Vorschlag gemacht hatten. Spätestens da musste er sich gefragt haben, was wäre, wenn es wirklich so weit kommen würde. Wenn wir uns wirklich trennen würden. Jetzt war es so weit gekommen. Unaufhaltsam, leise, schnell.
Das Gefühl der Leere setzte bei mir erst später ein. Viel später. Gerade als ich dachte, dass ich vielleicht nicht unbedingt so schnell darüber hinweg war, aber dass ich vielleicht die Gefühle nicht mehr so nah an mich heranließ, wie ich es in der Schule noch getan hatte. Vielleicht war ich ja inzwischen erwachsen geworden. Im Nachhinein musste ich einsehen, dass es Quatsch war, so zu denken. Diese Entscheidung machte mich nicht erwachsen. Sie machte mich auch nicht in irgendeiner Weise reifer. Im Grunde genommen zeigte diese Entscheidung mir nur, was ich nicht wahr. Stark, mutig, jemand der sein Leben selbst in die Hand nehmen konnte. Im Grunde genommen lief ich einfach nur weg.
Ich konnte es mir nicht einmal schönreden. Ich war schwach. Das war die Wahrheit. Die Gerüchte und Fotos waren leider genau in dem Moment ans Licht gekommen an dem ich am schwächsten war. Jemand der gebrochen war, konnte diesem Druck und zusätzlichem Stress nicht lange standhalten. Ich hatte nachgegeben, wo ich nicht hätte nachgeben dürfen. Wäre ich nur ein bisschen stärker gewesen.
Ich verließ das Big Hit Gebäude durch den Hinterausgang. Ich schaffte es sogar mich in dem Wirrwarr aus Gängen zurecht zu finden ohne mich zu verlaufen. Als ich auf die Straße trat, verschwand die Sonne bereits hinter den grauen Hochhäuserblöcken, die in den trostlosen Himmel ragten, so zahlreich, als wären sie Pilze im Wald. Den Weg zum Wohnheim legte ich zu Fuß zurück.
Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass Big Hit bereits eine Pressemitteilung veröffentlich hatte, die sagte, dass Yoongi und ich nur Freunde waren oder ob ihr Interesse einfach ziemlich schnell verflogen war, aber in mein Wohnheim kam ich ohne Probleme. Ich hatte mich dem Eingang der Universität zunächst nur vorsichtig genähert, weil ich befürchtete Massen an Reportern vorzufinden, doch die Straßen waren wie leer gefegt. Ich zeigte meinen Studentenausweis einem Wächter und der ließ mich ohne zu zögern ein.
Der Wächter im Wohnheim selbst war ein anderer als bei meiner Flucht, deswegen beachtete er mich kaum. Er nickte mir beim Eintreten lediglich kurz zu und wandte sich dann seinem kleinen Fernseher zu. Ein Fußballspiel lief. Deswegen war seine Aufmerksamkeitsspanne also so gering, was mich betraf. Außerdem hatte er jetzt, da der Campus noch gesperrt war, nicht mit fremden Personen zu rechnen. Der Mann von heute morgen hatte einfach nur großes Pech gehabt.
Der Weg zu meiner Wohnung machte mich aus irgendeinem Grund nervös. Dauernd bekam ich Flashbacks von diesem Morgen, wie Suji mich aus dem Zimmer gezogen hatte, und wie wir uns dann vor den Reportern durch den Hinterausgang gerettet hatten. Die Gänsehaut breitete sich automatisch auf meinem Körper aus und hinterließ einen bitteren Geschmack. Ich hoffte, dass ich es ohne weitere Begegnungen bis zu meinem Stockwerk schaffen würde. Leute redeten und Studenten waren die größten Klatschtanten, die es gab, wenn es dabei half sich vom Lernen abzuhalten. Ich sprach aus Erfahrung.
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Seesaw (BTS Fan-Fiction)
FanfictionLESEN AUF EIGENE GEFAHR. Mihee ist hoffnungslos verloren. Erst hat ihr Vater ihre Familie verlassen und nun muss sie auch noch mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder in ihr Heimatland zurückkehren. Nach Südkorea. Nichts ahnend stolpert sie ihn di...