Das 3. Türchen

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Bei Kerstin brauchte der Wecker gar nicht zu läuten. Sie war schon zuvor wach. Sie hatte tief und gut geschlafen und war fünf Minuten, bevor der Wecker geläutet hätte, aufgewacht. Nach dem Bad war sie wieder im Zimmer, öffnete das dritte Türchen des Kalenders, der bei ihr ihm Zimmer an der Wand hing, und nahm das Bildchen heraus. Diesmal war ein Spinnennetz zu sehen. Dann setzte sie den Kopfhörer auf und legte sich aufs Bett.

Sandra wurde vom Wecker aufgeweckt, war aber sofort hellwach. Zuerst den komischen Geschmack im Mund durch Zähneputzen beseitigen und den Kalender öffnen. Sie sah, dass das Bildchen vom zweiten Türchen fehlte. Sie suchte den Boden ab, ob es runtergefallen wäre. Sie fand es nicht und beschloss, Fabian zu fragen ob er es eventuell am Boden gefunden habe. Dann ging sie in ihr Zimmer, machte Türe zu, setzte die Kopfhörer auf ließ sich in ihren Sessel fallen um sich darin entspannt die heutige Geschichte anzuhören.

Die Musik beruhigte die Frauen sofort. Sie wurden wie an den vorigen Tagen aufgefordert die Augen zu schließen. Die Stimme klang bereits jetzt sehr vertraut, beruhigend und entspannend. Dieses Mal führte die Stimme eine Reise durch ihren Körper durch. Sie begann ihnen zu sagen, sie sollen sich vorstellen, wie sich ihre Füße entspannen und schwerer werden. Dann sollte sich dieses Gefühl über ihre Knöchel, ihre Unterschenkel hinauf bis zu den Knien ausbreiten. Die Frauen stellten es sich vor und spürten es auch ganz deutlich. Die Stimme beschrieb, wie sich diese Schwere weiter über die Oberschenkel, bis zu den Hüften ausbreitete und wie sich ihr ganzer Unterkörper nun schwer, entspannt und wohl anfühle. So setzte die Stimme die Reise durch den Körper fort, bis sich ihr ganzer Körper ganz schwer und entspannt anfühlte.

Egal, was passieren werde, sie werden sich ruhig und wohl fühlen, ganz bei der Stimme bleiben und zulassen, was sie ihnen sage. Egal, ob sie im normalen Leben Panik bekommen würden oder flüchten, sie werden jetzt die Stimme begleiten und erleben, was sie ihnen sage. Sie sollen zulassen, was ihnen gesagt wird und was passiert. Dann sollten sie sich vorstellen, wie sie eine Treppe hinab in einen Keller gehen. Es wäre nur gedämmtes Licht. Sie sollten sich einen Flur vorstellen, den sie entlang gehen würden. Es würden ab und zu Spinnweben über den Flur und von der Decke hängen, die sie durchtrennen und weitergehen würden. Am Ende des Flures würden sie eine Musik hören, die sie magisch anzieht. Sie sollen nicht bemerken, dass die Spinnweben immer mehr werden. Erst jetzt würden sie merken, wie es immer schwerer wird, sich vorwärts zu bewegen, da sich immer mehr, immer stärkere und immer reißfestere, klebrige Spinnweben ihnen in den Weg stellen und ein weitergehen bremsten. Sie würden versuchen diese zu zerreißen und sich von ihnen zu trennen, aber sich dadurch nur noch mehr in ihnen verheddern. Aus den Augenwinkeln sehe sie etwas näherkommen, die Verursacherin dieser klebrigen Seile. Diese Spinne würde sich jetzt über sie positionieren, sie mit ihren großen Spinnenarmen aufnehmen und sie gekonnt noch mehr zu umwickeln. Sie wickelte sie fest und unbeweglich in einen Kokon, in dem sie unbeweglich gefangen waren und nur noch ihr Gesicht frei war. Dann wurden sie in einen Raum transportiert und abgelegt. In diesem spärlich beleuchteten Raum sahen sie andere Kokons. Die Spinne ding, nachdem sie sie abgelegt hatte zu einem Anderem und die Stimme erzählte weiter, wie sie zusehen konnte, dass sich die Spinne über dem anderen Kokon aufbaute, ihren Stachel ausfuhr und in ihr fixiertes Opfer steckte. Dann kam das Ungetier wieder zurück und fuhr erneut ihren Stachel aus. Diesen, so führte die Stimme weiter aus, stecke sie nun durch den Kokon in sie hinein. Sie werde spüren, wie ein Stich in ihren Nacken eindringe. Es sei deutlich merkbar, aber nicht schmerzhaft. Sie hätte nun das Gefühl wie langsam eine warme Flüssigkeit in sie gepumpt würde. Sie würde merken, wie sich die warme Flüssigkeit durch den Blutkreislauf in ihrem ganzen Körper verteilt. Die anfänglich durch das Kokon eingeschränkte Enge und Fixierung würde vollkommener Unbeweglichkeit weichen. Ein Gefühl, der Körper würde vollkommen zu Unbeweglichkeit erstarren würde sich vollkommen ausbreiten. Anfängliche kleine Bewegungen kommen vollkommen zum Stillstand. Und nachdem der ganze Körper erstarrt ist, werden auch die Gedanken und Erinnerungen erstarren. Ein leerer, bewegungsloser Körper bliebe zurück. Ohne Gedanken, Sorgen und Erinnerungen. Alles, was ab jetzt in dieser Geschichte gesagt werden würde, würde nicht mehr in der Erinnerung abgespeichert, nur im Unterbewusstsein, das durch die Injektion nur noch Anweisungen annehmen könne, ohne diese zu bewerten. Das Unterbewusstsein würde jetzt absolut Alles völlig kritiklos aufnehmen und abspeichern. Die gespeicherten Anweisungen werden tief versteckt im Unterbewusstsein zu jeder Zeit abrufbar sein. In den kommenden Tagen, werden Auslöser gesetzt, die sich auf dieser Ebene verstecken und verankern um bedingungslos ausgeführt zu werden. Jede Anweisung, jedes Verhalten, jede Aufgabe und jedes Bedürfnis, das von dieser Stimme gegeben wird, werde ab jetzt so behandelt, wird so geschehen. So werde die heutige Geschichte nur bis zum Einwickeln in den Kokon in Erinnerung bleiben, auch wenn das darauffolgende wichtiger ist und deswegen auch vom Unterbewusstsein immer so behandelt werden wird. Aber die Erinnerung wird nach dem Einwickeln nicht mehr den Tatsachen entsprechen. In der Erinnerung würde nur sein, dass danach eine fixierte Entspannung und Erholung im Körper war. Dieser Zustand würde als sehr angenehm in Erinnerung bleiben. Ein schöner Zustand. Danach wird in der Erinnerung nur das Erwachen sein und ein Gefühl, es gerne länger zu wollen. Es gefühlt zu kurz war. Danach weckte die Stimme auf.

Kerstin erwachte. Sie fühlte sich vollkommen befreit und entspannt. Ein wunderschönes Gefühl. Sie wäre gerne länger im schützenden Kokon geblieben. Aber jetzt bereitete sie sich auf die Uni vor, wo sie sich kurz darauf auch befand.

Sandra wollte gar nicht aufstehen. Normalerweise hatte sie eine Spinnenphobie, aber in diesem Kokon hätte auch sie Tage bleiben können. Sie hatte in dem Moment ein heimeliges und beschütztes Gefühl. Aber jetzt musste sie zur Uni.

Der Tag verlief wie viel Andere vor ihm.

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