Das 4. Türchen

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Ein letztes Mal in dieser Woche klingelte der Wecker um für die Universität aufzustehen. Es war Freitag. Sandra begegnete auf dem Weg vom Badezimmer zurück in ihr Zimmer Fabian. Sie fragte, ob er ein Bildchen am Boden gefunden habe. Er antwortete, dass er Gestern morgen eines gefunden hätte, hatte aber in seiner Müdigkeit nicht gesehen, dass es in den Kalender gehört, aus dem es wohl herausgefallen war. Er habe es morgens nur auf den Wohnzimmertisch gelegt und nachmittags dann gesehen, dass es zu ihrem Adventskalender gehört. Dann habe er es in das freie Fach hineingelegt. Sandra sah, dass ihr Kalender wieder vollständig war und dankte Fabian. Dann öffnete sie das vierte Türchen, ging in ihr Zimmer und bereitete sich auf ihr Hörspiel vor. Fabian wartete kurz vor ihrer Tür und ging dann ebenfalls in sein Zimmer.

Kerstin sparte sich das Badezimmer vor dem Hören des Hörspiels. Nach dem Erwachen öffnete sie sofort den Kalender und bereitete alles vor. Dann startete sie die Geschichte des vierten Tages. Auf dem Bildchen war heute ein etwas verschwommenes Geschenk abgebildet.

Beide Frauen merkten, dass sie bereits beim ersten Wort der Stimme gefangen von ihr waren und sofort die Augen schlossen. Sie wurden hineingezogen in eine Ruhe und Entspannung, in der sie jetzt nur noch weit entfernt die Stimme hörten, aber nicht mehr wahrnahmen, was die Stimme sagte. Sie hörten nicht, wie ihnen gesagt wurde, dass es jeden Tag schneller gehen würde sich fallen zu lassen. Sie jeden Tag vollkommen loslassen würden und ihre Bedürfnisse nur noch den Befehlen der Stimme anpassen konnten. Es genügte, sobald sie ein Hörspiel aus dem Kalender starten, die Musik zu hören und ihre Erinnerung an Alles, was ihnen befohlen wird, nur noch im Unterbewusstsein aufzunehmen, versteckt vorm Bewusstsein. Immer nach den Hörspielen jedoch die gesetzten Aufgaben so zu erleben, dass es für sie vollkommen normal wäre genauso zu handeln. Ob das ihren bisherigen Bedürfnissen oder Verlangen entspricht, sei vollkommen ihnen egal. Sie würden ihr Verhalten auch immer Anderen gegenüber verteidigen oder Ausreden haben um dieses Verhalten zu rechtfertigen. Sie werden jeden Tag, bis zum Ende des Kalenders, die Türchen öffnen und die Geschichten anhören. Was in den Hörspielen gesagt würde, sei ihnen nur bewusst, wenn es ausdrücklich in den Anweisungen erwähnt würde. Dann würden sie sich zwar erinnern können, aber es Niemandem erzählen oder anderweitig bemerkbar machen können. So würden sie heute eine Aufgabe bekommen. Sie würden heute etwas machen, was sie sich schon lange wünschten, es sich aber nie getraut haben. Dabei solle es aber nicht um sexuelle Abenteuer gehen. Nachdem sie sich ihren Wunsch erfüllt haben, werden sie sich nicht mehr daran erinnern und egal was es war, nicht bemerken. Egal was damit zusammenhängt, alles werde aus ihrer Erinnerung gestrichen und auch im Verlauf des restlichen Tages verschwunden bleiben. Sollte es etwas sein, das bleibende Veränderungen beinhalte, Dann werden sie es am morgigen Tag erkennen. Sie werden es dann akzeptieren und sich freuen es sich endlich erfüllt zu haben. Wie, wann und warum, das bleibt ihnen verborgen. Sollte es sich um etwas handeln, das Nachsorge benötigt, so werden sie wissen was sie dazu machen müssen und diese Nachsorge auch gewissenhaft machen. Sie werden sich allerdings niemals daran erinnern, wie sie sich ihren Wunsch erfüllt haben, selbst, wenn es ihnen genau erzählt oder geschildert wird. Danach sollten sie sich bewusst nicht an das heutige Hörspiel erinnern, es würde aber auch vollkommen egal sein. Dann weckte sie die Stimme auf.

Sandra machte sich fertig für die Uni und Kerstin ging ins Bad, bevor sie sich ebenfalls für die Uni anzog. Nach dem Unterricht, der freitags nur bis mittags ging, gingen sie zu einem Dönerstand um Mittag zu essen. nachmittags hatte jede etwas vor, deswegen trennten sich ihre Wege und sie verabredeten sich für abends um wegzugehen.

Sandra wusste nicht, warum sie sagte, sie habe etwas vor, aber irgendetwas in ihr drängte sie dazu. so ging sie anscheinend mit einem Ziel nicht kannte durch die Stadt und betrat einen Laden. Sie blätterte in einem Katalog, in dem Bildchen waren und ging zu einem Tresen, an dem eine Frau stand. Als diese fragte, für was sie sich entschieden habe, deutete sie auf ein Bildchen. Die Frau sagte, dass das schon noch dazwischen gehen würde, da es ja nicht zu groß wäre und da könnte sie zwischen zwei anderen Kunden dazwischengeschoben werden. Sie solle in etwa vierzig Minuten wiederkommen oder hier warten. Sie sagte, sie würde sich in der Zeit das Duschgel kaufen. Warum sollte sie ein Duschgel kaufen? Sie verstand sich selber nicht. Sie hatte das Gefühl nicht alles mitzubekommen, was sie gerade machte. Sie ging in eine Drogerie und kaufte etwas, allerdings wusste sie das nur, weil sie als sie nach 35 Minuten in den Laden zurückkam eine Tüte eines Drogeriemarktes in der Hand bemerkte, in der etwas zu sein schien. Die Frau von vorher kam und bat sie nach hinten. Die nächste Erinnerung war den Laden zu verlassen. Sie ging Nachhause, aß zu Abend und bereitete sich darauf vor mit Kerstin wegzugehen.

Kerstin ging es ähnlich. Ohne bewusstes Ziel steuerte sie einen Laden in der Innenstadt an. Sie suchte ebenfalls etwas aus und setzte sich in einen Sessel um zehn Minuten zu warten. Irgendwann war sie wieder auf dem Weg zu ihrer Wohnung. Was dazwischen war, war weg.

Abends gingen beide in Bars. Gegen ein Uhr morgens trennten sie sich und gingen Nachhause in ihre Betten.

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