23 |Unsere kleine Welt

875 50 0
                                    

Beverly

Eine ganze Woche war seitdem ersten Kuss mit Jeremy vergangen. Von da an hatte er sich mir immer mehr geöffnet. Ich hatte das Gefühl, dass er sich wohl fühlte. Ich mein, dass er wirklich lebte. Er hatte gesagt, dass er bisher nur exerziert hatte. Ob er sich immer noch so fühlte? »Worüber denkst du nach?« Jeremy und ich saß auf dem großen Dach der Modefirma meiner Mutter.

Wir sahen auf die Stadt hinab, eng aneinander gekuschelt und von all den anderen Menschen abgegrenzt. Wir hatten unsere kleine Welt erbaut und lebten gemeinsam darin, aber irgendwann würde die Realität wieder auf uns zusteuern. Und dann mussten wir uns dem stellen. Irgendwann würden meine Eltern von mir und Jeremy erfahren müssen. Und irgendwann mussten sie es auch akzeptieren, aber nicht in den nächsten zwei Jahren.

Meine Mutter würde mich auf ein Internat schicken wollen, doch ich bezweifelte, dass mein Vater das wollte. Er war strickt dagegen.
Ich wusste nicht was sie sich sonst ausdachten, um mich bei sich zu behalten und doch zu bestrafen. Mum war aber wirklich sehr kreativ. »über meine Eltern.« murmelte ich und ließ meinen Kopf auf seine Schulter nieder.

Die letzte Woche war einer der schönsten meines Lebens gewesen. Jeremy und ich hatten fast jeden Tag miteinander verbracht. Wir waren gemeinsam im Central Park gewesen -dort war Jeremy mit seinen Eltern, wenn sie mal nicht arbeiten mussten. Wir waren im Kino, sind Nachts die Straßen entlang geschlendert, haben uns in ein Café gesetzt und Kakao getrunken, wobei Jeremy ständig Witze über Henry gemacht hatte. Und wir haben uns auf eine Decke, auf eine Wiese gesetzt und in die Sterne gesehen. So wie jetzt. Wir taten das oft. In die Sterne sehen oder gemeinsam irgendwo sitzen. Dann wurde es immer ganz still zwischen uns. Keine unangenehme. Nein, ganz im Gegenteil. Wenn wir beisammen waren und es still wurde, dann entspannte ich mich.

Mit Jeremy war es nie unangenehm.

»Denk nicht an sie, Bev.« flüsterte er. Seine Hand verschwand dabei unter meinem Pulli auf meine warme Haut und entlockte mir ein sanftes Lächeln. Eines das ich momentan oft trug. Ganz gleich ob Jeremy bei mir war oder nicht, denn alleine bei dem Gedanken an ihn konnte ich mir das Lächeln nicht verkneifen. Er machte mich glücklich.

»Du weißt, dass das nicht geht.« gestand ich dann und biss mir leicht in meine Unterlippe. Ich konnte nicht aufhören an meine Eltern zu denken, weil sie die Gefahr waren. Sie waren das wovor ich mich am meisten fürchtete. »Schau mich an.« Bat Jeremy leise und sah zu mir herab. Augenblicklich ließ ich meinen Blick zu ihm rauf gleiten.

»Denk jetzt nicht an sie, Bev.« seine Finger umgaben mein Kinn und sein Daumen fing an leichte Kreise zu bilden. Mein Blick verfing sich  mit seinem und verblieb in dieser unendlichen Weite des Meeres. Und tatsächlich verschwanden die bedrückenden Gedanken. Nur noch Jeremy und ich zählten. Das hier und jetzt, der kühle Wind, der uns dazu zwang näher aneinander zu rücken, die endlosen Sterne die ihn und mich verzauberten und in eine andere Welt katapultierten, und die Dunkelheit die uns einbettete, die uns vollkommen umhüllte und verschlang.

Seine Finger waren warm und zogen mich langsam in seinen Bann. »So einfach geht das.« ein schmales Lächeln nahm seine Lippen ein. Als wäre es selbstverständlich wanderte mein Blick zu ihnen. Das ich diese Lippen schon mehrmals berühren durfte, nahm mein Körper erst jetzt wirklich wahr. Die Gänsehaut überschüttete mich und eine Hitze durchfuhr mein inneres.

Er beugte sich zu mir runter, doch ließ den Augenkontakt nicht fallen. Er sah mich an. Beobachtete jede meiner Reaktion. Denn ich reagierte deutlich auf ihn und seine Nähe. »Ich muss es dir jetzt sagen Bev.« seine Augen huschten zu meinen Lippen, bevor er wieder zu mir aufsah. Keine Sekunde später fuhren seine Lippen über meine. Mein Körper erzitterte und ein deutliches Kribbeln nahm meinen gesamten Bauch ein. »Was denn?« es war nicht mehr als ein Hauchen, das meine Lippen verließ. Das Jeremy und ich uns mal so Nahe wären, hätte ich von Anfang an nicht geglaubt und trotzdem konnte ich mir nichts besseres vorstellen. Einen Abend mit Jeremy, eine Nacht, einen Tag oder einen Morgen.

»Ich kann nicht aufhören an dich zu denken.« sein heißer Atem prallte gegen meine Lippen ab. Ich zuckte zusammen und drückte mich zeitgleich enger an ihn. Ich wollte mehr von ihm spüren, von ihm wahrnehmen und von seiner Wärme fühlen, die mich Zentimeter für Zentimeter einnahm. »Gut« ein Zucken durchdrang meine Lippen und ließ sie nach oben springen. »Du bist so süß Bev.« ein rauer Ton entkam seinen Lippen.

Bevor ich noch etwas sagen konnten trafen seine Lippen auf meine und ließen den Ton, der meiner Kehle entfliehen wollte, verstummen. Meine Hand fuhr wie von selbst in seinen Nacken, hoch in sein Nussbraunes Haar. Als er sich langsam löste, fuhren seine Augen über mein Gesicht. »Ich weiß nicht wie ich eine Woche ohne dich aushalten soll, Prinzessin.« ein provozierendes Grinsen nahm seine Lippen ein. »Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht wie du das hinbekommen sollst.-« ich lachte hinterlistiges auf, während ich meine Lippen mit seinen berührte.

»Ich finde es trotzdem gut.« murmelte Jeremy und hüpfte von der Mauer, hinab auf den Dachboden. Er trug eine dunkle Jeans und ein weißes Hemd das sich über seine Muskeln schnürte. Er sah gut aus. Zu gut für das was aus seinem Mund kam. »Weil Henry dann nicht in meiner Nähe ist?« ich seufzte, sprang von der Mauer und ließ zu das sein Arm sich um meine Schultern legte.

»Richtig.« er nickte. »Du musst es mir irgendwann sagen, Jeremy« ich stoppte kurz vor der Metalltür, die uns vom Dach führen würde. »Was?« sein Blick lag spürbar auf mir. »Was zwischen euch vorgefallen ist.« Als ein lautes ausatmen über meinen Körper huschte, glitten meine Augen zu Jeremy rauf. Er legte eine Hand unter mein Kinn und ließ sich bei der Musterung meines Gesichtes alle Zeit der Welt. Noch eines der vielen Dinge, die ich so an ihm liebte. Er war ruhig und still und lebte einwenig zurückgezogen. Jeremy war nicht hektisch.

Wie er das leben erlernteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt