06 |Mittagskippe

1K 55 6
                                        

Nachdem die letzten Stunde vergangen war, stemmte ich mich auf und verließ stillschweigend den Raum. Die Schüler machten mir augenblicklich platz. Was auch gut so war.

»Ich weiß auch nicht wieso Beverly mit ihm redet.« Candy und Ashley, dessen Namen über all auftauchten gingen vor mir her und unterhielten sich über Beverly und vermutlich über mich. Anscheinend wussten die beiden nicht, dass ich ihr ihren Porsche klauen wollte. Es war so knapp gewesen.

Wäre sie drei Minuten länger dort geblieben, wo sie gewesen war, dann hätte ich den Wagen für mich gehabt. Ich hätte ihn verkaufen können. Und verdammt, er hätte mir so viel Geld eingebracht. Es hätten nur ein paar Minuten gefehlt.

Während all die anderen Schüler aus dem Gebäude stürmten, um endlich von hier weg zu kommen, stellte ich mich in die Raucherecke und nahm eine Zigarette aus der Schachtel. Mit einem Klicken des Feuerzeuges zündete ich die Stange an und sah zu den Schülern.

Ich beobachtete sie. Zu gerne. Sie waren hektisch. Dabei war ihr Ziel bloß; endlich ins Bett zu kommen, weil der Tag ja so anstrengend gewesen war. Tag für Tag. Bis dann endlich das Wochenende kam. Zwei Tage an dem sie wirklich glücklich waren und sie sich wohl fühlten, bevor das Ganze erneut begann. Nebenbei fehlte das Lästern über andere Mitschüler und Lehrer nicht, denn ohne das würden sich die Menschen leer fühlen. Was sollte man sonst mit seinem besten Freund oder mit der besten Freundin sprechen, wenn nicht über das?

Meine Augen blieben an braunen Locken hängen. Beverly sah auf und verzog ihr Gesicht.  Sie ging langsam und nicht hektisch. Sie war ruhig und wollte nicht so schnell nachhause wie all die anderen. Zwischen ihren Lippen klemmte eine Zigarette. Sie sagte nichts, sondern stellte sich bloß dazu, zündete die Kippe an und folgte meinem Blick.

»Es sind Schafe, Prinzessin.« murmelte ich und schwieg wieder einige Minuten. »Allesamt.« Beverly sah zu mir. »Und du bist der Wolf, oder wie?« sie legte ihren Kopf schief und gab ein leises Lachen von sich. »Nein.« ich schüttelte meinen Kopf. Es wurde wieder ruhig. Für einige Minuten.

Ich mochte das. Stille. Ruhe. Und die Zeit zum Nachdenken zu haben. »Es reden sehr viele über dich, Parker.« sie schnipste die Zigarette zu Boden und trat die Funken aus. »Achja?« ich hob meine Augenbrauen und beobachtete die Brünette weiterhin trocken. Sie bewegte sich langsam. Nicht zu langsam, aber so als wollte sie sich selbst noch einige Minuten geben, um sich auf etwas vorzubereiten. »Ja.« sie nahm einen Pfefferminz Kaugummi und legte ihn zwischen ihre Lippen. »Sie haben Angst vor dir.« Beverly steckte die Packung wieder weg und nahm ihr Handy zur Hand.

Während sie sich Kopfhörer in die Ohren steckte, ließ ich die Kippe zu Boden fallen und trat sie aus. Ohne noch etwas zu sagen, verschwand Beverly aus der Raucherecke und ging auf den weißen Porsche zu. Sie schmiss den Rucksack auf den Beifahrersitz, setzte sich in den schönen Wagen und fuhr davon, ohne mir noch einen weiteren Blick zu zuwerfen.

Sie war definitiv anders als zuvor gedacht.

Nachdem ich die zweite Zigarette geraucht hatte, steckte ich alles weg und ging über den Schulhof. Ich blieb aber stehen als ein bekannter Mercedes auf den Parkplatz stehen blieb und das Gesicht meiner Therapeutin mir entgegen blickte. Mir war unklar was sie hier tat, aber da sie in Verbindung mit der Schule stand, wunderte es mich auch nicht allzu sehr.

Sie stieg aus und schenkte mir ein sanftes Lächeln, das ich nicht erwiderte. »Madeleine.« meinte ich knapp und doch fragend. »Ich habe gehofft dich noch zu treffen. Deine Tante hat zwar schon unterschrieben, aber da du volljährig bist, müsstest du die Unterlagen noch einmal Unterschreiben.« sie hob ihr Bein und stellte die Tasche auf den Oberschenkel ab, während ihre Finger nach den Unterlagen suchten. »Wie ich dir schon in der ersten Sitzung erklärt hatte, handelt es sich nur um eine Einverständniserklärung.«

Das Gesicht meiner Therapeutin erhellte sich als sie die Unterlagen unter all den anderen fand. »Okay« Ich ließ mir einen Stift geben und ein leichtes Buch, damit ich eine feste Unterlage hatte. Das geschriebene war kurz, weshalb ich meine Augen einmal über die Schrift gleiten ließ. Es war wie Madeleine sagte, nur die Einverständniserklärung für den Informationen Austausch mit der Schule, wobei es nicht um genaue Informationen handelte, sondern nur um die wichtigsten Dinge.

Sie musste mein Verhalten beurteilen und mir und der Schule dann mitteilen, was das beste für mich war. Mir sollte das egal sein, da ich sowieso nie auf das hörte, was andere mir sagten.

Mit einer schnellen Handbewegung unterschrieb ich auf einem schmalen Strich und reichte der Frau die Unterlagen wieder. »Danke.« sie lächelte, doch mein Blick haftete an ihrem Wagen. Oh, Ich war so nahe dran ihn hier und jetzt zu stehlen. Das all bekannte Kribbeln nahm meinen Körper wieder ein und die Spannung blitzte durch meine Fingerspitzen. Ich räusperte mich und spannte meinen ganzen Körper an. Ich konnte nichts dafür, denn mein Körper tat nunmal das was er wollte und beeinflusste so meinen Verstand. »Bis dann.« mit einem neutralen Blick wandte ich mich ab und ging dann weiter. Sie sollte nichts von meinem Vorhaben erfahren und auch nichts von der Sucht Autos zu stehlen.

Madeleine Black würde sowieso keine Informationen über mich haben, die sie der Schule verraten konnte. Dazu redete ich zu wenig und sie zu viel. Sie musste mal der Stille lauschen anstatt durchgehend zu versuchen etwas aus einem Menschen heraus zu bekommen. Vielleicht hatte sie deshalb nur kleine Erfolge, anstatt große.

Wie er das leben erlernteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt