33 |Gewalt ist eine Lösung

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Jeremy

Meine Augen flogen über den zarten Körper, den ich mit meiner Decke zudeckte. Beverlys dunklen Locken lagen verteilt auf meinem Kissen, während ihr Atem gleichmäßig und ruhig durch das Zimmer schallte. Ich war froh, dass sie jetzt schlief. Sie sah so unglaublich erschöpft aus. Zerbrochen. Und ein Mann hatte es ihr angetan.

Ihr eigener Vater.

Wie auf Kommando spannte sich mein gesamter Körper an und verhasst biss ich meine Zähne zusammen. „Alles wird gut, Bev.", hauchte ich und strich über ihre Wange. Ich hatte ihr eine Nachricht geschickt, nur falls sie aufwachen sollte und mich nicht vorfand. Sie sollte nicht denken, dass ich einfach so gegangen war. Ich war für sie da, so wie sie für mich.

Ich strich mir einmal durch mein Gesicht und verließ erst das Zimmer und dann die Wohnung. Mein Herz schmerzte, weil ich Beverly so sah. Als ich sie das erste mal gesehen hatte, hatte ich nicht mit alldem gerechnet. Sie war für mich nur das reiche Püppchen oder auch das verwöhnte Mädchen, aber sie war so viel mehr und hinter ihrer perfekten Maske verbarg sich so viel. So vieles, was die Welt nicht sah.

Denn sie sahen nur das, was ich damals gesehen hatte. Nicht mehr. Nur das Reiche Püppchen. Seufzend zog ich die Kapuze über meinen Kopf und ging die Leere Straße entlang. Als wüsste jeder was los war und keiner traute sich aus dem Haus. Die Trauer lag schwer auf dem Bordstein und jeder neuer Schritt von mir war nur eine weitere Schicht von der Schwärze, von der Trauer, die mich langsam aber sicher einnahm.

Ich machte halt. Genau vor der Tür der Villa. Beverlys persönliche Hölle. Wie musste sie sich gefühlt haben, wenn sie das Haus betrat. Jeden Tag aufs Neue. Sie wusste was am Abend geschehen würde. Sie wusste es und konnte dagegen nichts tun. Ich biss meine Zähne zusammen, während meine vor Wut zitternde Hand auf die Klingel schlug. Die Tür öffnete sich und ein Wutgebranntes Gesicht stellte sich vor mich.

»Du!« zischte er sauer und schubste mich zurück. Obwohl ich das Bedürfnis hatte ihn endgültig zu bestrafen, hielt ich mich vorerst zurück. »Ich weiß was sie mit ihrer Tochter tun, Mr. Hernandez.« meine Stimme war ruhig, obwohl ein erbarmungsloser Sturm in mir stürmte. »Stellen sie sich freiwillig-« ich knurrte die Worte eher als das ich sie sagte. Die Wut baute sich hoch in meine Kehle, was einen unangenehmen Schmerz durch meinen Körper stieß.

»Achja?« er kam mir näher. »Und was wenn nicht? Was will so ein Pimpf wie du mir schon antun?.« zischte er leise. Er kam mir noch einen Schritt näher. »Du hast keine Familie mehr also keiner der hinter dir steht und selbst deine Tante bringt sich um, weil sie dich nicht mehr erträgt.« die Worte, die aus seinem Mund gespuckt kamen, trafen genau ins Schwarze, aber ich war noch nie sonderlich gut darin meine Schwächen zu zeigen.

»Und denkst du echt meine Tochter wird so einen wie dich lange behalten? Sie braucht einen Mann und keinen kleinen Jungen.« seine Worte schmerzten, gerade weil es um Beverly ging, aber es war gut das er es sagt. Damit ich einen Grund hatte ihn zu schlagen.

Denn hier war Gewalt die Lösung. »Bist du etwa der Mann?« ich lachte voller Spott auf und zog die Kapuze von meinem Kopf. »Der eigene Vater.« mit einem mal schlug ich zu. Erbarmungslos. Ich sah rot. Die Wut hatte sich hinauf gekämpft und jegliche Vernunft getötet. Ich wusste das es so kommen würde, schon als ich aus meinem Zimmer gegangen war. »Du!« schrie er sauer und raffte sich wieder auf. Er raste los. Sauer packte ich ihn und schmiss ihn zu Boden. »Du hast sie zerstört!« schrie ich voller Hass. Seine Augen weiteten sich. Vielleicht, weil er bemerkte, das ich mehr Kampf Erfahrungen hatte, als ich haben sollte.

Ich beugte mich zu ihm, packte ihm am Kragen, doch schon traf seine Faust auf meinen Magen. Meine Hand löste sich und keuchend trat ich einen Schritt zurück. Die Luft wurde dünner, nur für Sekunden, bevor ich wieder auf den Mann zu stürmte. Meine Faust traf auf sein Gesicht. Einmal, zweimal, dreimal, bevor er mich von sich runter stieß. Sein Körper setzte sich auf meinen. Seine Faust prallte auf meine Knöchel, doch ich spürte das nicht. Ich spürte nur Hass und Wut und Adrenalin, das durch einen Adern floss.

Er machte mich rasend. Ich fang seine Hand ab und drehte sie um, so das er auf dem Boden neben mir landete. Mit einem mal sprang ich auf und trat zu. Ein Keuchen drang über den Asphalt. Ein zweites Mal traf mein Fuß in seinen Magen und ein schmerzvolles jauchzen war zu hören. Ich wollte stoppen, denn wenn Jemand am Boden lag, dann sollte das reichen, aber ich konnte nicht.

Voller Hass, voller Wut und mit Händen und Gesicht voller Blut trat ich ein drittes, ein Viertel und ein fünftes Mal zu. Ein lauter Schrei riss mich aus meinen Vorhaben, den Mann endgültig das Leben zu nehmen. »Andrè« Beverly Mutter stürmte aus dem Haus und schmiss sich auf ihre Knie. Ihre Augen rasten zu mir. Ich wandte mich ab, zog die Kapuze über und ging los.

Mein Atem ging schnell und meine Wut raste durch meinen Körper. Mein Herz klopfte und mit meiner Hand schmierte ich mir das Blut von meinem Gesicht. Ich wusste nicht wieso, aber mein Weg führte mich zu meiner Therapeutin. Ich klingelte. Hoffte, dass jemand öffnete und tatsächlich summte die Tür, weshalb ich dagegen drückte. Sie sprang auf und meine Therapeutin sah mir direkt entgegen. Ihre Augen rissen sich auf.

Sie schwieg aber und ließ mich hinein treten. Obwohl ich jetzt gerne bei Beverly wäre, ließ ich zu das die Gefühle mich zum sprechen zwangen, bevor ich so aufgelöst und voller Blut zu Bev ging.

Wie er das leben erlernteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt