34 |Epilog

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Ich sah die Frau an, die sich vor mich hinsetzte und mich kritisch musterte. Sie sah die Wut, die sich in mir befand und den Hass auf eine Person, von der das Blut stammte, das an meinen Klamotten klebte. Es befriedigte mich das Blut zu sehen und zu wissen, dass die Person gelitten hatte oder noch immer litt.

Das Blut lief über meine weißen Fingerknöchel an denen sich rote Wunden befanden und ein stechender Schmerz durchzog mich, den ich aber bewusst ignorierte. Ich war auch nicht ohne Schaden davon gekommen, aber es war egal was ich empfand oder was mir gerade, in diesem Moment weh tat. Wichtig war nur das was ich getan hatte und das ich meine Tat nicht bereute. Niemals.

»Was hast du getan, Jeremy?« fragte sie ruhig und doch schwebte eine leichte Aufregung in ihrer Stimme. Sie konnte es nicht verbergen, denn sie wusste, dass ich gewalttätig war und das ich Menschen weh tat, wenn ich es als nötig empfand, deshalb lächelte ich bloß zufrieden und legte meinen Kopf zurück in den Nacken. Sie hatte Angst. Nicht vor mir, nur vor dem was passiert war und welche Konsequenzen das mit sich trug. Auch für die Therapeutin und ihrem Büro.

Das kühle Büro, in welchem wir saßen hatte mich schon so oft aufgenommen und eingesperrt. Aber das war okay, dachte ich. Das war okay, so lange ich das erlaubte. Ich mochte die vier Wände, in denen ich saß. »Wieso bluten deine Hände?« Sie wollte aufstehen, um mir zu helfen, doch ich hob meinen Kopf wieder an und lehnte mich nach vorne. »Es ist nicht mein Blut, Madeleine.« sie zog ihre Luft ein als hätte sie sowas nicht erwartet, dabei wusste sie genau, dass ich alles tat ganz egal welche Konsequenzen ich tragen musste und das mir andere Menschen egal waren. Das mir die Konsequenzen, die sie tragen musste, egal waren. Ihr hingegen nicht. Das hatte sich bei mir nicht geändert und sie und ich wussten, dass sich sowas niemals ändern würde. Das war kein Problem meinerseits, das war ein Charakterzug.

Sie fand keine Worte für mein Auftreten, stattdessen starrte sie mich nur fassungslos an. Sie dachte wir hätten Fortschritte gemacht, hätten eine Mauer meinerseits gesprengt und waren nun nahe genug an meinen Gefühlen ran gelangt, doch bei meiner Therapeutin hatte sich seitdem ersten Tag nichts geändert. Meine Mauer stand bei ihr, meine Maske verfestigte sich mit jeder neuen Sitzung und meine Geschichte blieb im Hintergrund. Es war nur ein Spiel, welches ich mit ihr und mit anderen spielte, damit sie dachten einwenig meines Gesichtes gesehen zu haben.

Nur bei einer Person war alles anders gewesen.

Ich stand auf, presste meine Hände auf den Glastisch unter mir und beugte mich zu meiner Therapeutin rüber. »Wem gehört das Blut, Jeremy!« es war nur noch ein Zischen das ihre Lippen verließ.

»Ich habe sie nur beschützt.« schrie ich. Madeleine stellte sich auf und ein Fauchen flog über ihre Lippen. »Vor wen hast du Beverly beschützt?« Fragte sie ungläubig. Genau das war das Problem. Jeder sah nur das reiche Mädchen. »Vor ihrem Vater, Madeleine.« Ich ließ mich fallen. Mein Körper sank tief in das Sofa. »Du hast Andrè Hernandez Blutig geschlagen?« ihre Stimme schallte hysterisch  durch die Wohnung.

»Er hatte es verdient.« ich erhob mich erneut und umrundete das Sofa. »Er hatte es sowas von verdient.« hauchte ich vor mich her. »Ms. Black, hier ist die Polizei.« ein Klopfen drang zu mir durch. Meine Augen suchten den Raum ab und blieben bei meiner Therapeutin hängen, die sich langsam bewegte. Vorsichtig.

»Denkst du, ich würde dich schlagen?", ich lachte auf und schüttelte meinen Kopf. Meine Hände fuhren über mein Gesicht. Madeleine verschwand zur Tür. Ich hörte nur wie sie diese öffnete und dann Stimmen, die durch das Haus drangen. Ich nahm sie nicht wirklich wahr. Meine Gedanken waren wieder voll und ganz bei Beverly. »Jeremy Parker.« ich drehte mich um. Zwei Polizisten standen vor mir, meine Therapeutin hinter ihnen. Der Polizist nahm Handschellen heraus und gab mir einen deutlichen Blick.

»Jeremy Parker sie sind festgenommen. Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, zu jeder Vernehmung einen Verteidiger hinzuzuziehen. Wenn Sie sich keinen Verteidiger leisten können, wird Ihnen einer gestellt. Verstehen Sie diese Rechte?" seine Stimme war neutral, während er mir die Handschellen anlegte. Ich wehrte mich nicht. Ich wusste auch, dass es so kommen würde. Vielleicht hatte mein Unterbewusstsein mich deshalb nicht zu Bev geschickt, sondern zu meiner Therapeutin. Ich wollte nicht vor ihr verhaftet werden. Vor ihren Augen.

Andrè Hernandez würde damit nicht durch kommen, ganz egal wie viel Geld, Macht und Freunde er besaß. Ich würde ihn zerstören. Vor dem Gebäude blinkten die blau roten Lichter und Menschen standen davor. Darunter Mr. und Mrs. Hernandez. Er grinste siegessicher, doch die Wunden, die ich ihn zugefügt hatte, die waren deutlich zu sehen. »Jeremy!« schrie eine bekannte Stimme durch die Menge. Leuchtend grüne Augen kamen in mein  Blickfeld. »Nein! Lasst ihn gehen. Er hat nichts schlimmes getan.« rief sie. Ihre Hände legten sich auf meine Wagen, weshalb ich in der Bewegung inne hielt, auch wenn die Polizisten drängten.

»Wieso hast du das getan, Jer-. Er wird-.« ich ließ sie nicht aussprechen, sondern legte meine Lippen auf ihre. Keine Sekunde später wurde ich zurück gezogen. »Wir schaffen das, Prinzessin.« ich schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, auch wenn alles in mir dagegen sprach. Ich wollte ihr Sicherheit geben. »Moment, Beverly Hernandez hat ihren Schlüssel noch in meiner Tasche.« ich sah zu dem Polizisten, der Mr. Hernandez ängstlich ansah, nickte und meinen Haustürschlüssel aus meiner Tasche kramte. Beverly sollte in Sicherheit sein. Nicht bei ihrem Vater. Nicht indem Haus, indem auch er lebte. Indem er die Kontrolle hatte. »Ms. Hernandez.« einer der Polizisten reichte ihr den Schlüssel, weshalb ihr tränengefüllter Blick zu mir streifte. Sie wusste Bescheid, weshalb ein leichtes, dankbares Lächeln ihre Lippen einnahm, aber die Tränen verschwanden nicht.

Wir würden das schaffen, gemeinsam.

Wie er das leben erlernteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt