24 |"Irgendwann, ja"

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Er nickte langsam und benetzte sein Lippen, bevor ihnen ein rauer Ton entfloh. »Irgendwann, ja.« hauchte er. »Aber nicht heute und nicht hier.« Jeremy schenkte mir ein sanftes Lächeln, bevor er mir die schwere Dachtür aufhielt. »Irgendwann.« flüsterte ich, während ich in das warme Gebäude trat. »Wenn du an meinem Grab stehst, dann?« ich drehte mich zu Jeremy um und hob eine Augenbraue. Er ließ seinen Blick über mein Gesicht gleiten, doch ehe er etwas erwidern konnte, rannte ich los.

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Nachdem wir aus dem Gebäude gestürmt waren wie zwei Verrückte, ließen wir uns lachend in einem Taxi nieder. Mein Atem ging schwer und meine Augen huschten immer wieder zu Jeremy, der sich im Sitz zurück gelehnt hatte und noch immer dieses sanfte Lächeln trug. »Jeremy?« er hob seinen Kopf. »Ja?« seine Stimme war tief, während sein Blick mich durchdrang. »Wieso mögen die Menschen die Nacht so viel mehr als den Tag?« ich hielt inne. »Wieso mag ich die Nacht so viel mehr als den Tag.« ich lehnte mich an ihn und sah durch das Fenster in die Dunkelheit des Himmels. Er war so wunderschön in der Nacht. So glitzernd. Am Tag da gab es das nicht. Die Sterne. Das Glitzern. »Die Nacht ist stiller.« er stoppte. »Und irgendwie endlos.« sein Blick richtete sich in die Dunkelheit. Ich lächelte leicht und nickte. Ich liebte Jeremys Art zu denken. Er faszinierte mich. Das Taxi hielt kurz vor meinem Haus, weshalb ich mich an Jeremy richtete und meine Hand auf seine Wange niederließ. Sie war kühl und doch irgendwie warm. Wärmend.

»Ich wünschte, ich könnte besser mit Worten umgehen, damit ich dir sagen kann was du mir eigentlich bedeutest.« sagte ich dann leise. Hauchend. »Bis dann, Jer« sanft ließ ich meine Lippen auf seine nieder und schloss genüsslich meine Augen. Das der Taxifahrer genervt auf das Lenkrat rum trommelte interessierte mich nicht, stattdessen ließ ich unsere Lippen tanzen. Langsam und rhythmisch. Als hätten sie das schon Jahre lang getan, zusammen. Als kannten sie sich schon so lange und konnten garnicht mehr ohne einander Tanzen. Alleine zu tanzen oder mit einem anderen Partner wäre nicht das selbe. Es wäre befremdlich.

Jeremy löste sich leicht, doch blieb ganz nah an meinen Lippen. »Und ich wünschte es gäbe Wörter für das was ich für dich fühle, Bev.« seine Worte verschafften mir ein Lächeln, bevor ich mich löste und aus dem Wagen stieg.

Das wir jetzt eine ganze Woche nicht mehr zusammen waren, ließ mich nachdenklich werden, denn ich genoss seine Anwesenheit zu sehr, so sehr das diese eine Woche schwer für mich werden könnte. Jeremy war nicht einfach nur einen Jungen, den ich kennenlernte. Ich hatte Gefühle für ihn entwickelt, die ich nicht zu beschreiben wagte.

So etwas hatte ich noch nie empfunden. »Und hast du dich von Henry verabschiedet?« meine Mutter stellte sich mir in den Weg und sah dem Taxi hinterher. Ich seufzte. »Ja« murmelte ich. »Ach Schätzchen. Es ist nur eine Woche, danach siehst du ihn schon wieder.« der Arm meiner Mutter legte sich um meine Schultern bevor sie mich mit in das Haus zog.

Ja, nur eine Woche, dann sah ich ihn wieder. »Mum ich muss noch einige Sachen für die Schule besorgen, wäre das okay wenn ich dann nachher alleine esse?« ich sah zu Mum auf und bemerkte meinen Vater, der am Türrahmen seines Büros lehnte und uns beobachtete. »Wir wollten jetzt zusammen essen Beverly.« sagte sie nachdenklich und sah zu meinem Vater, um eine Bestätigung oder eine Verneinung zu hören.

»Du kannst ruhig gehen. Die Schule geht vor.« gab er das Schlusswort. Ich nickte in mich hinein und schenkte meiner Mutter ein sanftes Lächeln, bevor ich mich von meinen Eltern abwandte und aus dem Haus verschwand. Eigentlich wollte ich bloß zu Maja. Wir hatten vor allem wegen Jeremy weniger Kontakt als zuvor. Und wir hatten schon davor recht wenig Kontakt gehabt. Einfach weil wir unsere Freundschaft nicht öffentlich machen konnten.

An meinem Porsche angekommen, schmiss ich meine Tasche auf den Beifahrersitz und ließ mich in meinen Sitz nieder. Ein lautes seufzen verließ meine Lippen. Ich legte meinen Kopf in meinen Nacken und schloss einen Moment meine Augen. In diesem Haus fühlte ich mich als könnte ich nicht mehr atmen. Als wurde mir die Kontrolle über mich selbst genommen und vermutlich war das auch so. Das war die Wahrheit, die ich versuchte zu verdrängen.

Und mit Jeremy konnte ich das, aber alleine war ich nur ein reiches Wrack, was zwar alles hatte aber es irgendwie trotzdem nicht genug war. Als ich meine Augen wieder öffnete sah ich meinen Vater im Fenster stehend. Er sah mir misstrauisch und doch lächelnd entgegen. Es war eine Mischung, denn vielleicht wusste er, dass ich jetzt keine Schultaschen besorgte. Vielleicht ahnte er, dass ich Freunde hatte von denen beide nichts wussten, aber vielleicht war es auch nur meine erschöpfte Art, die ihn misstrauisch werden ließ.

Ich erwiderte sein Lächeln, startete dann aber den Motor, um endlich von hier weg zu kommen. Nebenbei nahm ich mein Handy zur Hand, wählte Majas Nummer und klickte auf den Lautsprecher. »Maja hier.« meldete sie sich zu Wort. »Hast du Zeit?« Fragte ich sie und konzentrierte mich zugleich auf die Straße. »Wenn du mich abholst, ja.« ich konnte mir das freche Grinsen in ihrem Gesicht schon gut vorstellen. Lachend nickte ich. »Wo bist du denn?« Auch Maja fing leicht an zu Lachen. »Am alten Kiosk« gab sie mir Bescheid, weshalb ich einverstanden nickte. »Bis gleich« ich legte auf und fuhr einwenig schneller.

Schon vom weiten sah ich die zierliche Person vor dem alten Kiosk stehen. Ich hielt vor Maja und schenkte ihr ein kleines Grinsen. »Wo warst du?« ich hob eine Augenbraue und betrachtete sie misstrauisch. »Ich musste mich von jemanden verabschieden.« nuschelte sie und grinste dann leicht. Nickend fuhr ich weiter und hielt nach wenigen Minuten vor ihrer Wohnung. »Jeremy muss froh sein, dass du von Henry weg bist.« gab sie zu bedenken. »Schon, aber ich bin dadurch auch von Jeremy getrennt.« brummte ich und rollte einmal mit meinen Augen. Von wem sie sich wohl verabschieden musste?

Wie er das leben erlernteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt