Cassy

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Fröhlich vor mich hin summend stehe ich in meinem Büro und betrachte die neue Website des JTK. Es ist absolut perfekt und definitiv präsentabel. Herr Berger wird Augen machen, eine so tolle Werbung hat er für sein Klinikum noch nie erhalten!

Mein Handy klingelt. Matteo.
„Hey Schatz", sage ich und lehne mich in meinem Bürostuhl zurück. Es ist wieder ein verregneter Tag draußen, wobei es mich bei dieser Jahreszeit nicht wundert.
„Hey Liebes. Die Feier für Ahrend findet heute Abend statt. Wenn du kommen möchtest, sei doch so um sieben Uhr hier".
Ich unterdrücke ein Gähnen. „Okay. Muss ich mich irgendwie besonders schick machen?", frage ich witzelnd und höre ihn am anderen Ende der Leitung lachen.
„Nein, brauchst du nicht. Das ist nur eine kleine Wiedersehensfeier, mehr nicht". Ich nicke, auch wenn ich weiß, dass er es nicht sehen kann.

„Gut. Bin dann pünktlich da. Du bleibst bis dahin in der Klinik?". „Ja, meine Schicht geht bis sechs, hab mir aber vorsorglich heute Morgen bereits Wechselkleid mitgebracht. Mache mich dann hier fertig".
Ich lächle. „Alles klar, bis später, liebe dich!".
„Ich liebe dich auch!". Dann legt er auf. Ich lege das Handy beiseite und schaue den Regentropfen am Fenster zu, wie sie langsam sich einen Weg die Scheibe hinab bahnen.
Dann konzentriere ich mich wieder auf meine Arbeit.

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Ich parke meinen Wagen auf dem Parkplatz des JTK und krame nach meinem Regenschirm. Der Regen hatte im Laufe des Tages nicht nachgelassen und bevor ich irgendwas ruiniere, spanne ich den schnell außerhalb meines Autos auf und gehe dann dennoch schnellen Schrittes zum Haupteingang. Im JTK herrscht immer Gewusel. Egal zu welcher Uhrzeit ich jetzt hier war, es ist immer voll.
Ben kommt mir entgegen, der fröhlich winkt. „Hey Cassy. Matteo müsste noch im Umkleideraum sein, da wollte ich auch gerade hin. Soll ich dich mitnehmen?".

Ich schüttle den Kopf und umarme ihn. „Lass mal. Sag mir nur, wo die kleine Feier stattfindet, dann gehe ich direkt dorthin. Matteo wird ja nicht mehr allzu lange dauern, es ist ja fast sieben".
Einige Sekunden verstreichen, dann brechen wir in schallendes Gelächter aus. Matteo verspätet sich bei privaten Angelegenheiten grundsätzlich immer.

„Na gut, wir feiern immer Oberärztezimmer, Vivi ist auch schon da", sagt er und deutet auf das Zimmer, welches sich direkt neben dem Eingang befindet. Die Jalousien sind heruntergelassen, damit nicht sofort jeder gucken kann, aber bei genauerem Hinsehen kann ich Vivis Wuschelkopf erkennen, die wild Girlanden rechts und links befestigt.
„Danke dir, bis gleich!", sage ich und Ben eilt zum Umkleideraum. Ich gehe in Richtung des Oberärztezimmers und klopfe.

Eilige Schritte, dann steckt Vivi ihren Kopf heraus. „Ah, du bist es! Komm schnell rein". Ich flitze durch die nur einen Spaltbreit geöffnete Schiebetür und grinse, weil das Zimmer vor Dekoration nahezu explodiert.
„Gut?", fragt Vivi und ich nicke bloß. Erfreut klatscht sie in die Hände und rückt einen Kuchen zurecht, der in der Mitte des Stehpultes platziert wurde.
Ich hänge meine Tasche und Jacke an der Garderobe auf. „Kann ich noch irgendetwas helfen?". Vivi schüttelt den Kopf. „Alles fertig. Möchtest du was trinken?", fragt sie mich stattdessen und öffnet einen kleinen Kühlschrank an der Wand. „Ich hätte Apfelsaft, Cola, Orangensaft, Wasser ...". Fragend schaut sie mich an über ihre Schulter hinweg an. „Wasser bitte".

Langsam trudeln die anderen Gäste ein. „Cecilia, schön Sie zu sehen!". Professor Karin Patzelt trägt noch immer ihren Kittel, nimmt mich aber herzlich in die Arme.
„Es ist auch schön Sie zu sehen Karin". Musternd schaut sie mich von oben bis unten an und nickt dann zufrieden.
„Ich bin immer wieder erstaunt, wie gut Sie die Verletzungen von vor über zwei Jahren weggesteckt haben".
Ich grinse. „Hatte die beste Ärztin der Welt". Sie lacht laut auf und Vivi schaut mich grinsend an. „Lass das bloß nicht meinen Bruder hören".
Ich nicke und lege beschwörend einen Finger auf meine Lippen. Karin lächelt, dann wendet sie sich Vivi zu, um ein wenig mit ihr über Hamburg zu quatschen.

Dr. Marc Lindner kommt ebenfalls herein, wie immer ein freundliches Lächeln auf den Lippen und in seiner gewohnt, ruhigen Art.
„Guten Tag Cecilia, wie geht es Ihnen?". Anders als Karin nimmt er mich nicht in den Arm, sondern bleibt in einiger Entfernung stehen, faltet die Hände zusammen und legt den Kopf etwas schief.
„Sehr gut, danke! Und Ihnen?". Er lächelt und senkt leicht den Kopf. „Ebenfalls sehr gut, danke der Nachfrage".

„Man, wenn ich noch einmal das Wort Moreau höre, fange ich an zu schreien". Theresa kommt entnervt ins Oberärztezimmer und fragend ziehe ich eine Augenbraue hoch. Sie verdreht theatralisch die Augen und wirft dazu passend die Hände in die Luft.
„Die jungen Fachärzte heulen mir schon den ganzen Tag die Ohren voll, weil sie sich Arbeit von ihm aufbrummen lassen. Ja mein Gott, mussten wir früher auch machen", brummt sie, schnappt sich einen Muffin und verschlingt ihn mit wenigen Bissen.

„Hey, die sind für gleich", schimpft Vivi, doch Theresa winkt ab. „Ich habe Hunger, lass mich in Ruhe".
Elias schiebt die Tür auf. „Theresa, dich hört man bis nach draußen". Grummelnd verzieht sie bloß das Gesicht und zuckt mit den Schultern.
„Und im Übrigen, Frau Dr. Koshka, haben Sie sich auch bei mir beschwert". Ein Mann in Matteos Alter steht plötzlich hinter Elias und alle schauen erschrocken hoch.
„Dr. Ahrend, es sind doch noch nicht alle da". Vivis Stimme verwandelt sich in die eines kleinen, traurigen Kindes und bedröppelt schaut sie ihren alten Mentor an.

Niklas Ahrend steht grinsend hinter Elias und seine Augen blitzen vor Freude auf. „Es ist so schön, Sie alle zu sehen", sagt er und er und Elias treten ein. Hinter ihm sehe ich Ben, Leyla und Matteo, die sich dem Oberärztezimmer nähern.
Dr. Ahrend wendet sich mir zu, nachdem er alle anwesenden umarmt hat. „Sie kenne ich noch nicht", meint er und runzelt leicht die Stirn. Mir fällt auf, dass er kaum blinzelt, doch das trübt nicht die Freundlichkeit in seinen hellen Augen. Das Haar ist durchzogen von helleren, blonden Strähnchen und die Haut angenehm gebräunt. So muss das wohl sein, wenn man in Kalifornien lebt. Er ist größer wie Matteo, das fällt mir sofort auf.

„Das stimmt. Mein Name ist Cecilia Simon", stelle ich mich vor und reiche ihm die Hand. Eigentlich würde ich ja gerne sein Gesicht sehen, wenn er erfährt das ich Matteos Verlobte bin. Irgendwie haut es die meisten immer aus den Socken.

In aller Freundschaft: die jungen Ärzte - LifelinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt