Cassy

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„Und dann ist es einfach passiert". Julia sitzt missmutig auf einem der Sofas in dem Brautmodeladen und schaut dabei zu, wie die Schneiderin genau meine Körpermaße nimmt.

„Dabei wollte ich mich nie wieder auf Niklas einlassen", brummt sie und reißt theatralisch ihre Hände in die Höhe. Fast hätte sie dabei Vivi das Kuchenstück aus der Hand geschlagen, die neben ihr sitzt.
„Mensch, pass doch mal auf". Ich muss schmunzeln und beobachte die Beiden im Spiegel, denn, wenn ich mich bewege, pickst mich die Schneiderin mit ihren Nadeln.

„Was mach ich denn jetzt nur? Zumal Matteo uns gesehen hat". „Mja und? Dwer erzählt schon nichtswww", nuschelt Vivi und verliert beim letzten Wort beinahe das Stück Kuchen aus ihrem Mund.
Die Schneiderin räuspert sich. „Einmal in die Richtung drehen". Ich drehe mich und mustere Julia. „Sag ihm einfach, wie du empfindest. Das ist besser, als es wieder jahrelang mit dir herumzuschleppen".

Vivi nickt bekräftigend und mampft weiter. Ihr Zug war gecancelt worden, sodass sie erst morgen abfahren würde.
„Nächste Woche ist er wieder weg, dann habe ich es hinter mir". Ich stöhne auf und schüttle den Kopf. „Rede mit ihm. Und das am besten noch heute Abend!".

Als die Schneiderin fertig ist, schlüpfe ich mit ihrer Hilfe in das Kleid und bespreche mit ihr mögliche Korrekturen, insbesondere wegen meines wachsenden Babybauchs. Dann schlendern wir wieder hinaus und direkt in ein angrenzendes Café.

Wo Niklas mit einer etwas älteren Dame sitzt. „Ach du Heilige Scheiße", flucht Julia leise und will auf dem Absatz kehrtmachen, doch Vivi hält sie auf.
„Stark bleiben, Augen zu und durch", zischt diese und Julia wimmert leise vor Widerwillen. Freundlich lächelnd gehe ich los.
„Ach Dr. Ahrend, schön Sie zu sehen", flöte ich fröhlich und ziehe damit die Blicke auf mich. „Ah, Frau Simon. Das ist meine Schwester, Dr. Kathrin Globisch". Ich schüttle der freundlich aussehenden Dame die Hand und lächle.

„Frau Simon ist die Verlobte von Dr. Moreau". Überrascht zieht diese eine Augenbraue hoch. „Meine Güte, ich verpasse einfach viel zu viel, seitdem du nicht mehr hier bist", sagt sie an ihren Bruder gewandt und lacht.
Niklas Blick fällt auf Julia und sofort beginnen seine Augen zu strahlen. Dr. Globisch entgeht es ebenfalls nicht, sodass sie in ein Schmunzeln verfällt.

„Hallo Dr. Ahrend". Vivi hat Julia untergehakt, sodass diese nicht mehr verschwinden kann. Julia lächelt kurz und versucht, jeglichen Blickkontakt zu vermeiden.
„Ich wünsche noch einen schönen Nachmittag", sage ich, nicke beiden zu und gehe zu einem Tisch in einer kleinen Nische.
Seufzend fällt Julia neben mich auf die Bank und legt den Kopf in die Hände. Ich tätschle ihre Schulter und grinse Vivi an, die Niklas und seine Schwester von ihrem Platz aus gut im Blick behalten kann.

„Julia, der steht immer noch auf dich. Wetten, er möchte dich wieder überreden, nach San Francisco mitzukommen?".
„Ich will Erfurt aber nicht verlassen". Schmollend schiebt sie ihre Unterlippe vor, was sie durch ihr so jugendliches Gesicht wie ein kleines Kind wirken lässt. Gott, für so eine reine Haut würde ich echt alles tun.
„Musst du auch nicht. Aber er wird es dir anbieten". Vivi grinst verschwörend und kopfschüttelnd winke ich der Bedienung.

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Tatsächlich hat sich Vivis Prophezeiung schnell erfüllt. Wir waren noch nicht einmal durch die Haustür gekommen, da meldete sich Julia schon per Whatsapp.
„Wusste ich es doch". Vivi grinst und kickt ihre Schuhe von den Füßen. Ich hänge meine Jacke aus und schlüpfe in meine bequemen Hausschuhe.

„Meinst du, sie wird es durchziehen?". In der Küche gießen wir uns Teewasser auf.
„Nie und nimmer, dafür liebt sie Erfurt zu sehr und ihre Familie". Wir besprechen noch einige Einzelheiten wegen der Hochzeit, insbesondere wegen der Planung unserer Übernachtungsgäste, immerhin mussten wir auch irgendwie Ella unterkriegen, die drei Tage vor der Hochzeit aus Österreich ankommen würde.

Matteo kommt relativ spät aus dem JTK zurück, da liege ich schon mit einem guten Buch auf dem Sofa und Vivi in ihrem Bett.
Müde setzt er sich neben mich, schlingt seine Arme um meinen Bauch und drückt sein Gesicht an meine Schulter. „Gott bin ich erledigt".
Ich gebe ihm einen Kuss auf die Stirn und kraule sanft seinen Nacken. „Schon gegessen? Sonst mache ich dir was vom Abendessen warm".

„Alles gut, hab eben in der Klinik was gegessen". Gähnend schließt er die Augen und ist in wenigen Sekunden eingedöst.
Ich blättere die Seite mit einer Hand geschickt um, da vibriert mein Handy. Eine nicht eingespeicherte Nummer ruft mich an.
Da ich grundsätzlich nicht an solche Anrufe rangehe, lasse ich es vibrieren, bis es aufhört. Doch nur wenige Sekunden später klingelt es wieder.
„Simon", melde ich mich und lege so viel Misstrauen wie möglich in meine Stimme. „Frau Simon, hier ist Dr. Lindner".

„Oh hallo. Mit Ihnen habe ich gar nicht gerechnet". Ich rüttle Matteo sanft an der Schulter. „Warten Sie, ich gebe Ihnen Ma...". „Wegen Dr. Moreau rufe ich nicht an".
Sofort beginnt mein Herz schneller zu schlagen. „Ist etwas passiert?", frage ich, Matteo schaut mich aus großen Augen und auch mittlerweile hellwach an.
„Es geht um Kirsten Simon. Sie wurde gerade in die NA geliefert".
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Ich weiß, ihr liebt meine Cliffhanger ... nicht :D
Leider müsst ihr euch noch wenige Tage gedulden, bevor es weitergeht. Viel Spaß beim Warten :)

In aller Freundschaft: die jungen Ärzte - LifelinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt